Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Frage an Juristen: Entschädigung für verspäteten Abflug - welche Rechtsgrundlage findet Anwendung
Mr.16200
03.08.2010, 19:52
Hallo zusammen!
Ich habe eine Frage an unsere Juristen an Board, auf die ich im Netz keine klare Antwort finde.
Als wir kürzlich in Urlaub geflogen sind, hat sich der Abflug um knapp acht Stunden verspätet. Wir haben im Internet bei einem großen Reiseveranstalter eine Pauschalreise (Flug, Mietwagen und Hotel) gebucht.
Nun meine Frage:
Auf welcher "gesetzlichen" Grundlage wird hier die Entschädigung festgelegt?
Mir sind die
1. Frankfurter Tabelle
und
2. die Verordnung der EG Nr. 261/2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs und Unterstützungsleistungen für Fluggäste [...]
bekannt.
Laut einem Fernsehbeitrag in der Sendung WISO sollte die für mich sehr viel bessere EG-Verordnung anzuwenden sein. KLICK (http://www.zdf.de/ZDFmediathek/beitrag/video/1089214/Tipp-Ihr-Recht-auf-Reisen#/beitrag/video/1089214/Tipp-Ihr-Recht-auf-Reisen) Laut dieser Verordnung wären das insgesamt 800,-- € Entschädigung! Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob die Regelung auch tatsächlich für Pauschalreisen gilt.
Die Fluggesellschaft will mich nun unter Berücksichtigung der Frankfurter Tabelle mit einem lächerlichen Betrag abspeisen, den ich eher als Provokation empfinde - insgesamt 35,--€ für zwei Personen :motz:
Ich bin kein Jurist und kenne das hier geltende Recht nicht, komme mir aber schon ziemlich veralbert vor.
Was soll ich tun? Kann mir jemand einen Tipp geben? Gerne auch per PN.
ferryporsche356
03.08.2010, 20:13
Hans,
eine komplett unjuristische Antwort auf Deine Frage, vielleicht auch eine die Du nicht unbedingt hören willst. Dennoch:
Ich saß ebenfalls schon öfters stundenlang am Flughafen mit Verspätung und ich weiß auch dass das keine vergnügungssteuerpflichtige Veranstaltung ist.
Aaaaber: Wenn der Urlaub schön war und Du gut erholt nach Hause kommst dann hake die 8 Stunden ab und beschäftige Dich nicht mit Sachen bei denen man sich wieder ärgern muss. Das verbreitet nur schlechte Laune und dafür ist ein Urlaub doch nicht, oder? ;)
Mach Dir ein Bier auf, genieße den Sonnenuntergang und schau Dir im HF ein paar schöne Uhren an. :dr:
RAMichel
03.08.2010, 23:25
Meine bescheidene Meinung:
Die Regelungen der EU-Verordnung (EG) Nr. 261/2004 greifen nur bei Flügen, die direkt bei einer Linien-, Charter- oder Billigfluggesellschaft gebucht wurden, nicht aber bei Flügen, die Bestandteil einer Pauschalreise sind.
Damit bleibt Dir nur die Reisepreisminderung nach der Frankfurter Tabelle, die eine Minderung von 5% des Reisepreises für einen Tag pro verspäteter Stunde zugesteht, wobei allerdings eine Verspätung von bis zu vier Stunden entschädigungsfrei zumutbar ist. Erst ab der fünften Verspätungsstunde gibt es also minimale Entschädigungen. Nimm also das Angebot des Veranstalters an und denk nicht länger darüber nach. Es lohnt sich nicht :dr:
Mostwanted
03.08.2010, 23:40
Der BGH sagte:
Die Durchführung des Fluges habe nicht der Beklagten oblegen, sondern
der von dieser beauftragten Fluggesellschaft. Die Beklagte als Veranstalterin der vom Kläger gebuchten Pauschalreise sei demgegenüber als Reiseunternehmen i.S. von Art. 2 Buchst. d der Verordnung anzusehen. Unmittelbare Ansprüche gegen Reiseunternehmen sehe die Verordnung indessen nicht vor.
- Also nicht den Reiseveranstalter belangen, sondern DIREKT die Fluggesellschaft - oder?!
Denn:
Danach soll ein hohes Schutzniveau für Fluggäste sichergestellt und den Erfordernissen des Verbraucherschutzes in vollem
Umfang Rechnung getragen werden (Erwägungsgrund 1; vgl. Sen.Beschl. v.
17.7.2007 - X ZR 95/06). Die Verordnung ersetzt die Verordnung (EWG) 295/91
des Rates vom 4. Februar 1991 über eine gemeinsame Regelung für ein System
von Ausgleichsleistungen bei Nichtbeförderung im Linienflugverkehr, die bereits
Ansprüche gegen Luftfahrtunternehmen regelte, jedoch noch nicht Annullierungen
und Verspätungen umfasste. Mit der Neuregelung beabsichtigte der Verordnungs-
geber, die vorhandenen Schutzstandards zu erhöhen und die Geschäftstätigkeit
der Luftfahrtunternehmen zu harmonisieren (Erwägungsgrund 4). Auch sollte der
Schutz der Fluggäste auf den Bedarfsflugverkehr einschließlich der Flüge bei
Pauschalreisen erweitert werden (Erwägungsgrund 5).
ferryporsche356
03.08.2010, 23:48
Wenn ich nicht zu viel getrunken habe und meine Rechnung stimmt (die ich von meinem Vor-Vorredner und Deinen Zahlen ableite) hast Du für einen Tag Urlaub € 87,50 p.P. bezahlt.
Und Du willst jetzt p.P. für 4 Stunden Verspätung 400 Euro zurück haben? :rofl: Ich bitte Dich.
RAMichel
03.08.2010, 23:54
Diese BGH-Entscheidung betraf aber die Streitfrage, ob eine Verspätung von mehr als einem Tag eine Annullierung oder nur eine Verspätung des Fluges darstellt. Im vorliegenden Falle ist da nichts draus zu saugen.
Mr.16200
04.08.2010, 05:58
erst mal vielen Dank für eure Infos!
Da ich wie gesagt kein Jurist bin und von der Fluggesellschaft nicht verar***t werden will, habe ich um euere Meinung gebeten.
Charly, der Reisepreis betrug ~130,-- €/Tag. Die Verspätung betrug, wie schon geschrieben knapp 8 Stunden (anstatt Abflug um 16:00h war der Start um 23:58h).
Mir ist sehr wohl klar, dass man die Angelegenheit mit Mass und Ziel betrachten muss. Nur irgendwie möchte ich mich nicht schlechter stellen als nötig.
Ich wäre gar nicht auf die Idee gekommen überhaupt eine Rückforderung wegen der Verspätung auf dem Hinflug zu verlangen. Wenn die Ferien schön waren und ich mich erholen konnte, dann hätte ich die Verspätung spätestens am 1. Tag vergessen.
Ausserdem muss man es ja immer in Relation sehen ... was für ein Schaden ist entstanden und wie hoch war der Reisepreis? Da der Reisepreis nicht sehr hoch war und auch die Verspätung keinen bemessbaren Schaden verursacht hat, finde ich die 35,- EUR eigentlich angemessen. Es wurde kein Ferientag verpasst und die 35,- EUR reichen um sich in den 4 Stunden Verspätung (eine Entschädigung gibt es ja erst ab der 4 Stunde) zu verpflegen ;)
Donluigi
04.08.2010, 09:09
Mach Dir ein Bier auf, genieße den Sonnenuntergang und schau Dir im HF ein paar schöne Uhren an.
So nett solche Kommentare auch gemeint sein mögen - könnte man mit dem Versemmeln nicht warten, bis sich die Voll- und Halbprofis mit dem Sachkern der Frage auseinandergesetzt haben? :D
Mostwanted
04.08.2010, 09:16
"Nur" 4 Stunden ist gut. Es sind 8 Stunden gewesen. Und 800 Euro sind 800 Euro, wieso das Geld einer Firma schenken, die sich einen Dreck um ihre Fluggäste kümmert? :ka:
Mostwanted
04.08.2010, 09:19
Ruf da an und frage:
http://www.reiserechtsexperte.de/
Mir ist ähnliches beim Heimflug aus Athen mit Easy J** passiert. 9 Std Verspätung, keine info, keine Hilfe, nichts...
Haben uns mit einigen aus dem Flieger unter Anleitung einer Juristin zusammengeschlossen und aufgrund oben genannter EU Richtlinie Kompensation gefordert.....gab naturlich nix. Kopf in den Sand, lächerliche Ausreden etc.
Wenn die mir irgendwas tolles geschrieben hätten, ich hätte es auf sich beruhen lassen....scheiss drauf.
Aber so unfassbar dreist wie diese Airlines vorgehen, da lass ich aus Prinzip nicht locker.
Falls du ohne Risiko klagen willst gibt es die Firma http://www.euclaim.de/
Im Auszahlungsfall behalten die ne fette Provision, aber man hat kein Risiko was Prozesskosten angeht.
Original von Mostwanted
"Nur" 4 Stunden ist gut. Es sind 8 Stunden gewesen. Und 800 Euro sind 800 Euro, wieso das Geld einer Firma schenken, die sich einen Dreck um ihre Fluggäste kümmert? :ka:
Danke!
Auch wenn es effektiv 8 Stunden gewesen sind, hat man ja erst ab der 4. Stunde überhaupt einen Anspruch auf Schadensersatz. Und 800 EUR finde ich nun mindestens genauso übertrieben wie die angebotenen 35 EUR wahrscheinlich zu wenig sind.
Dennoch muss man doch schauen was hat die Reise gekostet (130,- EUR pro Tag (und Person?)) und was für ein Schaden ist entstanden. Ich kann doch jetzt wegen 8 Stunden Verspätung nicht ernsthaft verlangen, dass mir die Fluggesellschaft 3 Tage von meinem Urlaub vergütet?
Edit:
Korrigiert mich wenn ich falsch liege. Aber ich habe mir gerade die VO 261/2004, welche solche Fälle regelt, durchgelesen. Demnach hat man bei einer Verspätung keinen Ausgleichsanspruch nach Art. 7 sondern "nur" Anspruch auf Erstattung oder anderweite Beförderung oder Anspruch auf Bertreuungsleistung. Die hier genannten 400 EUR würden aber unter Art. 7 "Ausgleichsanspruch" fallen.
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