Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Privatrechlicher Vertrag gültig ?
DS-XELOR
15.08.2011, 15:48
Mal wieder eine Frage an die Juristen und Steuerrechtler:
In einem privaten Vertrag verpflichtet sich der Bruder seiner Schwester eine Wohnung zu sanieren und auszubauen. Dafür hatte die Schwester vorher notariell auf ihren Erbteil an einem Mehrfamilienwohnhaus verzichtet. Zum Ausbau kam es dann allerdings nicht, weil der Bruder verstarb.
Das Finanzamt erkennt den privaten Vertrag jedoch nicht an, da er nicht notariell beglaubigt wurde. Dies wurde damals bewusst gemacht, um Notarkosten ( Ausbaukosten ca. 75000 Euro) zu sparen, was jetzt allerdings zu erhöhter Erbschaftsteuer führt.
Das Netz hilft hier bei der Gültigkeit von Privatverträgen nicht wirklich weiter und in unserer Rechtsschutzversicherung ist Erbrecht ausgeschlossen.
Warum sollte so ein Vertrag eigentlich nicht gültig sein ?
Danke für euere Hilfe.
Chefcook
15.08.2011, 22:20
Vermutlich weil beim Verzicht auf einen Erbteil der Notarsakt unumgänglich und zur Wirksamkeit gesetzlich vorgesehen ist, falls der Verzicht vor Eintritt des Erbfalls zu Stande kommt?
rainer07
15.08.2011, 22:51
Ich denke, dass das keine Rechtsfrage ist. Das Finanzamt glaubt's einfach nicht, und dann musst Du es überzeugen.
Beste Grüße
Der Verzicht auf den Erbteil wurde nach Angaben des TS notariell erklärt und wird damit wohl rechtens sein. Ich gehe davon aus, dass vorliegend bei der Ermittlung der Erbschaftssteuer die durch den privaten Vertrag geschuldeten Ausbaukosten der Wohnung der Schwester vom Verkehrswert des Mehrfamilienwohnhauses in Abzug gebracht werden sollen und das Finanzamt dem nicht folgt, d.h. den Abzug nicht vornimmt.
Ich kann es mir als juristischer Laie nur so erklären, dass das Finanzamt die noch nicht gezahlten Ausbaukosten als schuldrechtliche Verpflichtung des Erblassers (Bruders) gegenüber seiner Schwester betrachtet, da die Verpflichtung des Bruders, die Ausbaukosten im Gegenzug zu dem erklärten Pflichtteilsverzicht zu übernehmen nicht dinglich auf der Immobilie (Mehrfamilienwohnhaus) gesichert worden ist.
Wenn also jetzt ein Dritter (also nicht die Schwester) Eigentümer des Mehrfamilienwohnhauses wird, hat dieser aufgrund der Übertragung der Immobilie nicht die Verpflichtung, der Schwester den Wohnungsausbau zu finanzieren.
Wäre die Verpflichtung zum Ausbau der Wohnung dinglich gesichert worden, d.h. in Abteilung II des Grundbuchs eingetragen worden, wäre sie aus meiner Sicht bei der Ermittlung des Verkehrswertes, der bei der Ermittlung der Erbschaftssteuer ja zugrunde zu legen ist (zumindest seit der Modernisierung des Erbschaftssteuerrechts, wobei ich davon ausgehe, dass der Erbfall erst kürzlich erfolgt ist), wertmindernd zu berücksichtigen.
Ob die (aus meiner Sicht) schuldrechtliche Verpflichtung zwischen dem Erblasser (Bruder) und der Schwester auf den/die Erben übergeht, kann ich nicht einschätzen. Wenn dies der Fall sein sollte, würde das Erbe anderweitig um die ausstehenden Kosten gemindert und die Erbschaftssteuer würde gemindert werden.
Für den vorliegenden Fall wäre aber Markus247 der richtige Ansprechpartner (Fachanwalt für Erbrecht), einfach mal per PN anfragen.
DS-XELOR
15.08.2011, 23:02
Das ganze wurde damals vom Mitarbeiter einer Bausparkasse so eingefädelt. Er hat auch den Notar besorgt und den privaten Vertrag aufgesetzt.
Letztlich gehts darum, ob der "Nebenvertrag" Gültigkeit besitzt oder ob durch diesen privaten Vertrag sogar der notarielle Vertrag insgesamt ungültig geworden ist, da in diesem eine Klausel besteht, dass solche Nebenabreden notariell beurkundet werden müssen, andernfalls der notarielle Vertrag insgesamt seine Gültigkeit verlieren könnte.
nur so mal nebenbei, ohne hier mit den wenigen Angaben eine rechtliche würdigung abgeben zu wollen.
Sowas sind keine Aufgaben für einen Angestellten der Bausparkasse, sondern für die Kollegen Steuerberater sowie Rechtsanwälte.
Eine Beratung kostet nunmal ein Honorar - keine Beratung ggf. ein Vermögen....
Ja, die Erkenntnis wird den TS aber jetzt nicht wirklich weit bringen...
Wenn ich immer alles wüsste, was ich nachher weiß, wäre ich König der Welt :D
Agent0815
16.08.2011, 13:16
Um wessen Erbschaftsteuer geht es denn hier ? Die des Bruders, als der Erblasser verstarb oder die des oder der Erben nach dem ebenfalls verstorbenen Bruder ? Eines vorab: Wenn´s um die Erbschaftsteuer des Bruders geht und jemand möchte hier die nicht erbrachte Haussanierung vom Wert des Erbes des Bruders in Abzug bringen: :rofl::rofl::rofl::rofl:
Dafür bedarf es noch nicht einmal der Klärung der Frage über die Auswirkung von zivilrechtlich unwirksamen Vereinbarungen im Steuerrecht.
meine ich ja, die Angaben reichen vorne und hinten nicht
DS-XELOR
16.08.2011, 15:09
Also erst mal besten Dank für die ersten Anregungen :gut:.
Der gute Mann von der Bauspaßkasse hatte wie bereits geschrieben Notar und privaten Vertrag organisiert. Es gab weder ein Vorgespräch noch eine vorläufige Fassung des Vertrages zur Einsicht. Notartermin, schnell vorgelesen, noch Fragen ? zack und die Unterschriften. Ich will hier auch einem Notar nichts unterstellen, aber persönlich habe ich andere Erfahrungen bei Grundstücksgeschäften gemacht. Das ganze ist allerdings mittlerweile 14 Jahre her.
Nochmals für alle die das ganze noch nicht verstanden haben:
Frau und Bruder erben je ein 1/4 Haus. Mutter ( gehört 1/2 Haus) und Schwester (1/4 Haus ) übertragen ihre Anteile komplett auf den Bruder, Schwester verzichtet dadurch auf ihren Erbteil von einem weiteren 1/4 Haus. Dieses wurde notariell beglaubigt.
Als Ausgleich für das Erbe und den Erbteilsverzicht ( in Summe also ein halbes Haus ), schließen Bruder und Schwester einen privaten Vertrag, in dem sich der Bruder bereiterklärt eine Wohnung zu sanieren und auszubauen. Geschätzte Kosten damals ca. 75000 Euro.
Zum Ausbau der Wohnung kommt es aber nicht, weil der Bruder am Anfang der Sanierung verstirbt.
Schwester erbt nun zwar ein halbes Haus, muss jedoch auch hierfür die komplette Erbschaftssteuer entrichten, da der private Vertrag nicht vom Finanzamt anerkannt wird.
Auch war ich damals noch nicht familiär involviert, da ich hier zu einem Erbverzicht der Schwester geraten hätte. Eine Anfechtung des Erbscheins wurde aber vom Amtsgericht verworfen.
Erbschaft war somit rechtsgültig. Es folgte der Erbschaftssteuerbescheid in 2001.
Daraufhin wurde fristgerecht Einspruch gegen den Erbschaftssteuerbescheid eingelegt und letzte Woche kam die Rücknahmeerklärung des Rechtsbehelfs vom Finanzamt mit Frist 4 Wochen und dem Rat "... die Erfolgsaussichten Ihres Rechtsbehelfs nochmals zu überdenken".
Die Lage stellt sich momentan so dar, dass eine Anfechtung des Notarvertrages wegen arglistiger Täuschung möglich ist. In § 11 der Urkunde steht:
"Die Beteiligten wurden hingewiesen:
... darauf, daß alle Abreden beurkundet sein müssen, andernfalls könnte der ganze Vertrag ungültig sein, ... "
Dies würde zu erheblichen Verwaltungsakten führen und die zu erwartende Erbschaftssteuer würde drastisch geschmälert werden.
Nach tel. Rücksprache scheint man nun auch beim FA zu einem Kompromiss bereit zu sein.
Schau mer mal.
Agent0815
16.08.2011, 16:03
Nochmals für alle die das ganze noch nicht verstanden haben:
Frau und Bruder erben je ein 1/4 Haus. Mutter ( gehört 1/2 Haus) und Schwester (1/4 Haus ) übertragen ihre Anteile komplett auf den Bruder, Schwester verzichtet dadurch auf ihren Erbteil von einem weiteren 1/4 Haus. Dieses wurde notariell beglaubigt.
Super 1 1/4-tel Haus - Vielleicht bin ich zu sehr Fachidiot, um diese Beschreibung zu verstehen :grb: (Gehöre nämlich auch zu den Blöden, die das hier nicht verstehen - an alle anderen Blöden: Muss man aber auch nicht verstehen !). Evtl. ist aber die Schwester die gleiche Person wie die Frau im ersten Satz. Und beglaubigt wurde hier sicherlich nix - allenfalls beurkundet. Und was Du hier mit arglisiger Täuschung willst, erschließt sich mir auch nicht.
Ich glaube aber Du meinst Folgendes: Die Schwester erhält aus dem Erbgang von Ihrem Bruder ein halbes Haus und möchte vom Wert des Hauses nun die Schuld die Ihr Burder Ihr gegenüber in Form der Sanierungsverpflichtung hatte, in Abzug bringen. Wobei das Finanzamt der Meinung ist, dass es diese Verpflichtung nicht gibt, weil die Formerfordernisse beim Eingehen der Verpflichtung nicht eingehalten wurden.
Ist dies Dein Begehr ??????????????????????
Frau (ich vermute, die des TS = Schwester ihres Bruders) 1/4 plus Bruder 1/4 plus Mutter 1/2 = 1/1. ;)
... Sowas sind keine Aufgaben für einen Angestellten der Bausparkasse, sondern für die Kollegen Steuerberater sowie Rechtsanwälte....
Ja, die Erkenntnis wird den TS aber jetzt nicht wirklich weit bringen...
Nicht ganz. In der Regel haftet der Angestellte bzw. sein Arbeitgeber für sowas.
Außerdem gibts ein Rechtsdienstleistungsgesetz (http://www.gesetze-im-internet.de/rdg/index.html#BJNR284010007BJNE000200000), interresant ist hier §1, (1).
DS-XELOR
16.08.2011, 16:40
Ich glaube aber Du meinst Folgendes: Die Schwester erhält aus dem Erbgang von Ihrem Bruder ein halbes Haus und möchte vom Wert des Hauses nun die Schuld die Ihr Burder Ihr gegenüber in Form der Sanierungsverpflichtung hatte, in Abzug bringen. Wobei das Finanzamt der Meinung ist, dass es diese Verpflichtung nicht gibt, weil die Formerfordernisse beim Eingehen der Verpflichtung nicht eingehalten wurden.
Ist dies Dein Begehr ??????????????????????
So siehts in etwa aus :gut:.
Der Notarvertrag ist eindeutig zu Gunsten der Bausparkasse verfasst, damit der Bruder möglichst leicht und günstig an die zum Ausbau benötigten Darlehen gekommen ist. Wohnrechte der Mutter und der Schwester treten vor den einzutragenden Grundschulden zurück. Und da der private Vertrag "ausgegliedert" wurde, hat man auch hier meiner Meinung nach das Grundbuch für die Darlehen bewusst geschönt.
Agent0815
17.08.2011, 10:18
Erbverzicht erfolgte vor oder nach Eintritt des Erbfalles ? Wenn vorher: War der Erblasser Vertragspartner oder nur die Erben ?
DS-XELOR
17.08.2011, 16:18
Erbverzicht erfolgte damals im nachhinein, nachdem der Erbschein bereits ausgestellt wurde. Dies wurde damals auch durch Anwalt gemacht, wurde aber vom Amtsgericht damals abgelehnt, so daß der Erbschein unverändert besteht.
Agent0815
17.08.2011, 18:05
Also handelt es sich um die Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft.
Eine Erbengemeinschaft kann grundsätzlich auf drei Arten auseinandergesetzt werden:
a) durch eine schuldrechtliche Erbauseinandersetzung (§ 2042 BGB)
b) durch eine Erbanteilsübertragung (§ 2033 BGB)
c) durch das einvernehmliche Ausscheiden eines Erbes aus der Erbengemeinschaft (Abschichtung). In der Regel wächst hierbei der Anteil des Miterben durch Zahlung einer Abfindung den verbleibenden Miterben zu.
b) muss notariell beurkundet werden, dito a) weil Grundstück involviert, lediglich c) kann privatschriftlich erfolgen (notwendige Grundbuchänderungen werden nur notariell beglaubigt)
Da die Sanierungsverpflichtung unzweifelhaft Teil der Vereinbarung war, ist die Vereinbarung hierüber bei Version a) und b) wegen Formmangel unwirksam und wird auch steuerrechtlich nicht anerkannt. Lediglich bei Version c), die aber wohl - wegen der erfolgten Beurkundung - offensichtlich nicht vorliegt, wäre eine privatschriftliche Vereinbarung wirksam und könnte zur Anwednung von § 10 III ErbStG (s.g. Konfusion) führen. Dies würde allerdings nur dann zum vollen Erfolg führen, wenn die Schwester Alleinerbin Ihres Bruders war.
M.E. liegt der Lösungansatz hier ausschließlich darin, dass die notarielle Urkunde überhaupt nicht wirksam war, so dass die Schwester - wenn Alleinerbin - nun nur 1/4-tel Haus vom Bruder erbt.
Unabhängig davon, dass offenbar der Fall nicht wirklich genau beschrieben wurde, hat das Finanzamt m.E. Recht. Die Erbschaftssteuer richtet sich nach dem Nachlasswert. Der Anspruch auf 75.000 Euro für den Ausbau, der naturgemäß nur zu einer Erhöhung des Wertes führen kann, hat nur dann Relevanz, wenn der Erbverzicht wirksam war. Davon gehe ich nicht aus. Wenn, wie im letzten Posting zu lesen ist, das „der Anwalt gemacht hat“, wäre der Erbverzicht wegen Nichteinhaltung der Form unwirksam, § 2348 BGB (scheint so gewesen zu sein, warum sonst hätte das Nachlassgericht die Berichtigung des Erbscheins ablehnen sollen?).
Oder aber es gab, so wie es im Ausgangsposting zu lesen ist, doch einen notariell beurkundeten Erbverzicht, dann wäre ein solcher über § 139 BGB nichtig wegen der Nichtbeurkundung der Gegenleistung, also eines Vertragsbestandteils (so wie das bei jedem notariellen Grundstücksvertrag der Fall ist, bei dem – zur Ersparung von Notarkosten – „noch was auf die Hand“ bezahlt wird).
Solle die Schwester sich doch freuen – verfügt sie jetzt doch über einen größeren Erbteil; der Erbschein bestätigt das.
DS-XELOR
18.08.2011, 07:50
Danke Jungs für euere Mühen :gut:.
Wie Bernd schreibt, trifft Fall b) zu. Es scheint die einzige Möglichkleit zu sein, den notariellen Vertrag unwirksam zu machen. Das hat auch das FA in meinem Telefonat so gesehen.
... Das hat auch das FA in meinem Telefonat so gesehen.
Bausparkassenangestellte erstellen juristisch relevante Verträge, und Finanzbeamte beurteilen die Wirksamkeit
von notariellen Kaufverträgen. Ist ja fast wie im Internet, und das im realen Leben. Herrlich.
Agent0815
18.08.2011, 09:24
....... und Finanzbeamte beurteilen die Wirksamkeit
von notariellen Kaufverträgen...........
Sorry Paddy, aber genau das gehört zu deren Aufgabengebiet, denn sie müssen beurteilen, ob eine Vereinbarung zivilrechtlich wirksam ist oder nicht, bevor hieraus die entsprechenden steuerliche Folgen zu ziehen sind (oder eben nicht). :op:
DS-XELOR
18.08.2011, 10:15
Die Realität kann manchmal sehr bizarr sein.
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