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Chris-ce
01.10.2014, 12:21
Habe leider in der Suchfunktion nichts gefunden.
Welche Diamanten benutzt Rolex für die Uhren? Reinheit, Farbe und Herkunft ?
Vielen Dank
Gruß Chris
TheLupus
01.10.2014, 12:44
Weil das Thema ja doch immer wieder mal hochkommt: einige Informationen über die Schliffe der von Rolex verwendeten Diamanten.
Der Unterschied zwischen Diamant und Brillant
Hierzu ein kleiner Exkurs: warum schleift man Steine überhaupt?
Das Feuer und das Funkeln eines Steins wird im Wesentlichen durch den Schliff hervorgerufen - er ist das wichtigste Kriterium an einem Stein, erst danach kommen Farbe und Reinheit. Die schönste Farbe, die beste Reinheit sind nichts wert, wenn derSchliff nicht stimmt. Gewünscht wird das Ideal der Totalreflektion. D.h. sämtliches Licht, welches auf der Seite, auf der man in den Stein hineinschaut, hineinfällt, soll durch den Stein reflektiert werden und an der Einblickstelle wieder herausfallen. Je näher man diesem Ziel kommt, desto schöner und lebhafter wirkt der Stein.
Ein Schliff ist nichts anderes als eine Anordnung mehrerer Facetten, die wie Spiegel wirken und sich das Licht gegenseitig zu reflektieren. Je gekonnter diese Flächen nun im Verhältnis stehen, desto mehr Licht wird durch den Stein reflektiert und desto feuriger und lebhafter wirkt er.
Ein guter Schliff ist also eine Frage der Physik (Lichtreflektion) und eine Frage der Chemie (Lichtbrechungskoeffizient des verwendeten Materials) Die Kombination macht die Perfektion.
Als Idealschliff hat sich im Laufe der Jahrhunderte der Brillant-Vollschliff herausgestellt. Er reflektiert das allermeiste Licht aus dem Sichtfenster hinaus, deswegen wirkt ein gut geschliffener Stein im Brillant-Vollschliff auch so lebhaft und funkelnd. Dieser Schliff ist der am häufigsten verwendete Schliff für Diamanten, Rolex verwendet ihn häufig, ein Grund, sich damit zu befassen.
- Der Brillant
An sich ist der Begriff Brillant nicht korrekt. Richtig würde es heißen: Diamant im Brillant-Vollschliff. Von einem solchen Stein spricht man, wenn der verwendete Diamant einen Brillant-Vollschliff aufweist. Dieser hat folgende Charakteristika:
- Er muß rund sein
- Er muß 56 Facetten aufweisen, die in bestimmtem Verhältnis zu einander stehen
- Die Proportionen müssen stimmen.
Hier mal eine Kleine Übersicht, wie die Facetten angeordnet sind und wie sie genannt werden:
http://img143.imageshack.us/img143/8592/grafik1es9.jpg
Nur, und wirklich nur dann, wenn der Diamant diesen Schliff aufweist und die Proportionen der Winkel zueinander in einem fest definierten Verhältnis stehen, spricht man von einem Diamanten im Brillant-Vollschliff oder eben einem Brillanten!!
Entscheidend sind aber nicht nur die Anzahl der Facetten. Wesentliches Merkmal für die Perfektion des Steins sind die Winkel und die Proportionen. Wenn sie nicht stimmen, wird das einfallende Licht nicht durch den Stein und aus der Tafel hinausreflektiert, sondern verläuft sich entweder im Stein und wird verschluckt (wenn der Stein zu tief ist) - dann wirkt er dunkel und leblos. Oder das Licht fällt direkt durch den Stein (wenn er zu flach ist) und man kann den Untergrund erkennen. Tödlich für jeden Stein.
Btw.: Ist euch mal aufgefallen, daß man durch einen Diamanten nicht hindurch sehen kann, obwohl er doch völlig transparent ist? Wenn man wie durch Glas hindurchsehen könnte, müßte ja das Untergrundmaterial (Metall, Haut, etc.) sichtbar sein und würde das Weiß des Steins verwaschen. Dem ist aber nicht so - der Grund ist der perfekte Schliff.
- Der runde, facettierte Diamant
Im Vergleich dazu der 8/8 oder 16/16 Schliff: Ein Stein mit diesem Schliff ist ebenfalls rund, hat aber keine 56 Facetten, sondern lediglich 8 Facetten oben und 8 Facetten unten (8/8) oder eben 16 Facetten oben und 16 Facetten unten (16.16)
http://img99.imageshack.us/img99/7630/grafik2gb9.jpg
Der Stein funktioniert nach dem selben Prinzip: das Licht fällt durch die Tafel, wird durch den Stein reflektiert und fällt aus der Tafel wieder heraus. Allerdings verfügt der Stein über wesentlich weniger Facetten und funkelt somit lang nicht so intensiv. Aber er hat einen wesentlichen Vorteil gegenüber dem Brillanten: er ist nicht so tief. Auf dem Zifferblatt geht es um 1/10. Millimeter, denn viel Platz ist nicht zwischen Zeigerspiel und ZB. Dies ist der Grund, warum hier zumeist Diamanten und keine Brillanten verwendet werden. Oder liegts am Preis? Derartige Steine sind wesentlich einfacher zu schleifen als Brillanten und in dieser Steingröße ist der Preis des Schliffs der wesentliche Kostenfaktor. Aber da kleine Steine ohnehin kaum etwas kosten, gehen wir mal davon aus, daß Grund 1 der entscheidende ist.
Baguettes und Princeß-Steine.
Während Brillanten und Diamanten eigentlich recht häufig bei Rolex anzutreffen sind, kommen wir nun zu einer Besonderheit, die eigentlich nur den Masterpieces und den teureren Serti-Blättern vorbehalten sind: Baguettes und Princeß-Steinen. Hiermit bezeichnet man quadratische, trapezförmige oder rechteckige Steine. Baguettes werden zumeist für die Hauptindices 3, 6, 9 und 12 verwendet (je nach Modell müssen es nicht alle sein), finden aber auch in manchen Lünetten Verwendung. Princess-Diamanten kommen in erster Linie in Lünetten vor, so ist die Platin Rolex-Masterpiece-Serie ganz gern mal mit Princess-Diamanten versehen.
Was ist der Unterschied?
Generell gilt: anders als beim Brillant-Vollschliff sind hier Formen und Proportionen frei wählbar. Man spricht hier von einem sog. Fancy-Schliff, dessen Form nur durch die Phantasie des Schleifers oder die Vorgabe des Designers vorgegeben wird. In unserem Fall muß der Stein also entweder in die Lünette passen oder eben auf den Index.
Auch ist die Anzahl der Facetten frei wählbar. Es gibt keine vorgegebenen Definitionen, sondern hier hat der Schleifer freie Hand und wird höchstens durch den Controller/Revisor gestoppt, denn jede Facette kostet Geld.
Der Unterschied zwischen Princess- und Baguettestein ist der selbe wie zwischen Brillant und Diamant. Beim Princess-Diamant wurde die höhere Anzahl der Facetten und somit das Funkeln des Steins vom Brillanten übernommen. er ist somit wesentlich lebhafter. Allerdings gibt es beim Princess-Cut keinerlei Normung, auch beim Baguette nicht. Es ist also jedem Schleifer überlassen, wie er den Stein vom Schliff anlegt. Aber das Schema zeigt doch deutlich, wohin die Reise geht:
http://img221.imageshack.us/img221/1654/grafik3cp3.jpg
- Sonstiges
Die 4 Cs dürften ja hinlänglich bekannt sein: Colour, Clarity, Cut und Carat. Cut (Schliff) haben wir besprochen, Carat ist unwesentlich, da wir hier nur von sehr kleinen Steinen reden - bleiben Colour und Clarity.
Rolex verwendet ausschließlich die Farbe Top-Wesselton (also hochfeines weiß) und Steine mit sehr hoher Reinheit, also mindestens VVS.
Entscheidend ist jedoch die Schliffgüte, d.h. die Proportion und die Qualität der Politur der geschliffenen Facetten. Bei Originalbesatz kann man eigentlich davon ausgehen, daß perfekte Steine verwendet werden. Sie sind also nicht nur für den einzelnen Stein selbst perfekt, sondern auch die Steine in ihrer Gesamtheit sind perfekt zueinander ausgewählt, weisen alle die exakt selbe Farbe auf, die exakt selben Proportionen und die exakt selbe Einschlußqualität.
Wie aber ist das mit sog. Aftermarket-Besatz?
Wenn man obiges liest, erklärt sich der exorbitant hohe Preis des Originalbesatzes. Sicherlich, der größte Teil ist Marketing und Marge, aber im Prinzip ist der Originalbesatz in puncto Qualität kaum besser zu machen.
Ein nachträglicher Besatz bietet dem Hersteller oder Auftraggeber mannigfaltige Möglichkeiten, Geld zu "sparen". Er kann kleinere Steine verwenden, er kann Steine einer schlechteren Farbe verwenden. Er kann mit Einschlüssen behaftete Steine wählen oder er nimmt Steine mit minderwertigem Schliff.
Die Schliffgüte ist auch das entscheidende Preismerkmal. 2 Brillanten können die selben zertifizierten Eigenschaften bzgl. Farbe und Reinheit aufweisen - aber der perfekt geschliffene Stein kann bis zu 500% teurer sein als der schlampig geschliffene Stein aus dem Billiglohnland. Deswegen sind auch Zertifikate nur von geringer Aussagekraft, weil sie bei kleinem Steinbesatz nie auf die Schliffqualität eingehen - wie auch, bei manchmal hunderten verarbeiteten Steinen? Die Information, daß z.B. TW-VS-Steine verwendet wurden, ist hierbei relativ wenig wert - aus eben dargelegten Gründen.
Die Wahl einer etwas schlechteren Farb- oder Reinheitsstufe bringt hingegen viel weniger an Ersparnis. Wenn man statt Top-Wesselton lediglich Wesselton verwendet, ist der Stein etwa 5-10 Prozent günstiger. Auch wenn man statt VVS nur die Reinheit VS verwendet, ist man mit 5-10% weniger dabei. Das Gesamtbild kann sich immer noch sehen lassen und sieht auch ganz brauchbar aus - solange man es nicht mit dem Original vergleicht ;) Es ist also letztlich eine Frage der Disziplin des Kunden und der Redlichkeit des ausführenden Juweliers.
Es gilt also: Nachträglicher Besatz muß nicht schlechter sein als Originalbesatz - wichtig ist halt, daß man als Auftraggeber auf bestmögliche Qualität besteht oder als Gebrauchtkäufer pingelig und genau die Qualität der verwendeten Steine kontrolliert. Denn nichts ist peinlicher als eine schlecht gepimpte Diamant-Rolex, wenn sie im Vergleich mit einer original besetzten Uhr verglichen wird. Und das vielleicht als persönliche Anmerkung: noch nie habe ich eine nachträglich besetzte Uhr gesheen, die besser war als das Original :D
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Chris-ce
01.10.2014, 12:48
Super. Danke für die schnelle Antwort.
Gruß Chris
harleygraf
01.10.2014, 14:16
Interessant.Danke, Robert.
TheLupus
01.10.2014, 14:19
Dankt dem Don. :gut:
Bei mir war's nur das Elefantengedächtnis. :)
Donluigi
01.10.2014, 14:40
Die Herkunft der Diamanten wird von der Industrie übrigens bewußt verschleiert, man weiß nur bei ganz besonderen Steinen (also besonders großen oder besondersfarbigen), wo sie herkommen. Das hat weniger etwas damit zu tun, daß man Blutdiamanten verschleiern will - tatsächlich ist der Anteil von Steinen aus Krisengebieten bezogen auf das Gesamtvorkommen verschwindend gering.
Warum ist das so?
Versetzen wir uns in die Zeit, in der die Diamantsyndikate wie DeBeers wuchsen, also das 19. Jahrhundert. Der Diamantmarkt war in vollem Gange, Diamanten waren schon lange nicht mehr nur Königen und Fürsten vorbehalten, das Bürgertum erstarkte, es wurde konsumiert, expandiert und repräsentiert, wo es nur ging. Die Welt war erschlossen und aufgeteilt, Diamanten wurden überall auf der Welt gefunden: Brasilien, Afrika, Indien, Australien. Und überall standen die Schürfer vor denselben Problemen. Die Kosten für die Förderung waren immens und die Gier der Menschen nach Diamanten ließ die Zustände vor Ort abartig werden. Man benötigte Kapital und Ordnung. Um dieses Geschäft überschau- und kalkulierbar zu machen, mußte man sich bündeln - dies geschah, indem Companies entstanden, die die vielen minikleine Claims, die sich im Streubesitz der vielen tausend Glücksritter vor Ort befanden, zusammenkauften und zu großen Holdings formten und somit Synergien beim Abbau und beim Personal ermöglichten und gleichzeitig Ordnung in den Raubbau brachten. Aber auch solch große Gebiete unterlagen Schwankungen: Naturkatastrophen, politische Wirrnisse, Förderknappheit oder Förderüberschuß - all diese Faktoren sorgten dafür, daß die Preise stark schwankten - was eine Kalkulation schwierig machte. Also begann man, aus allen nennenswerten Fördergebieten weltweit ein Syndikat zu schmieden. Dieses Syndikat garantierte Preise und kümmerte sich nur um die Vermarktung, und zwar weltweit. Dies ermöglichte den lokalen Produzenten, sicher kalkulieren zu können, auch mußten sie sich nicht mehr um die Vermarktung kümmern. Win-Win. Der Warenfluß war stabil, denn die Knappheit eines Gebiets konnte jedesmal abgefangen werden, auch Produktionsüberschüsse konnten zwischengelagert werden, ohne daß die Preise ins Bodenlose fielen. Auch wurde der Diamant zum ersten weltweit vermarkteten Edelstein, da sich die CSO (Central Selling Organisation) komplett auf den weltweiten Vertrieb mit all seinen nationalen Eigenheiten kümmern konnte. Bis heute weiß jeder irgendwie was über Diamanten, die 4C etwa - das liegt u.a. an dieser immensen Marketingmaschine, die seit 100 Jahren Wissen und Begehrlichkeit in die Menschheit pumpt.
(Blutdiamanten kamen erst später auf den Markt im Zuge des kalten Kriegs, seiner Stellvertreterkriege und dem daraus resultierenden Wuchern von Warlords und co. in den entsprechenden Gebieten. Auch Rußland mit seinen immensen Fördergebieten spielt eine eigene Rolle durch das abgetrenntsein durch den eisernen Vorhang.)
Und weil eben alle weißen Steine zusammenlaufen und dann zentral vermarktet werden, weiß man nicht, woher die Steine kommen. Es spielt auch schlichtweg keine Rolle. Anders als farbige Edelsteine - nur ein burmesischer Rubin z.B. hat das begehrte Taubenblutrot, Rubine aus Madagaskar oder Thailand sind einfach anders in der Farbe, deswegen führt man hier den Fundort im Titel - sind weiße Diamanten - und nur um die dreht sich die Kampagne der CSO et al - ja immer gleich. Farbloser reiner Kohlenstoff sieht überall gleich aus, es ist schlichtweg uninteressant, wo der Stein herkommt :ka:
Tobias, danke für die konzise Erklärung. Diamanten sind immer wieder - in jeder Hinsicht - faszinierend.
ehemaliges mitglied
01.10.2014, 22:25
Danke!!! :verneig:
Rolstaff
01.10.2014, 22:37
Wieder mal viel dazu gelernt. Sehr lehrreich. Vielen Dabk daür !!!
Ist dieses ZB-Steinchen meines Sultan-dials nun ein Diamant oder ein Brillant ?? :D
http://up.picr.de/19687267zv.jpg
Donluigi
01.10.2014, 22:41
Eindeutig kein Brillant :gut:
Rolstaff
01.10.2014, 22:42
Hier mal zur Illustration ein Makro vom roten 12.00 "Index"
http://up.picr.de/19687329tc.jpg
Rolstaff
01.10.2014, 22:44
Ist es ein facettierter 8/8 Diamant Tobias ??
Donluigi
01.10.2014, 22:45
Ja. Die 8 Facetten auf der Oberseite sind schön zu sehen. Darunter finden sich die 8 Gegenfacetten.
Rolstaff
01.10.2014, 22:46
Ich hab´s also kapiert !!
Tobias :dr:
Donluigi
01.10.2014, 22:47
Coole Macros übrigens :gut:
Tobias: sehr interessant und angenehm erklärt. Danke.
Street Bob
02.10.2014, 01:00
Die Frage hatte ich vor ein paar Jahren ähnlich gestellt, sie wurde vom Don seinerzeit schon umfassend beantwortet, was ich beeindruckend fand.
Steine auf einer 36er Uhr damals habe ich dann aber doch vermieden, weil das damit beladene Zifferblatt die Uhr mir optisch kleiner erschien.
Optische Täuschung natürlich ...
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