Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : 9. November 1989-09.November 2014: Ein besonderes Jubiläum für Deutschland
HolderFloh
09.11.2014, 11:17
Hallo,
heute jährt sich dieser ganz besondere Tag zum 25. Mal. Das dürfte mittlerweile niemandem mehr entgangen sein. :jump:
Ich war zu diesem Zeitpunkt bei der Bundeswehr und hatte Dienst in der Radarführungsabteilung. Nach Wochen des Bangens, was oder wie es weitergeht, löste bei uns Soldaten die Nachricht von der Grenzöffnung eine grenzenlose Begeisterung aus.
Wie habt Ihr diesen Tag erlebt? War jemand von Euch sogar live vor Ort dabei?
The Banker
09.11.2014, 11:33
Ich war 17 und habe die Montagsdemos recht gut mitbekommen. Die Maueröffnung selbst habe ich vor dem Fernseher verfolgt. Eine Woche später war ich mit einem Freund in Hof, da haben uns zwei junge Wessis von Patry zu Party geschleppt, wir waren die "Vorzeigeossis" und wurden ordentlich abgefüllt.
Man sinniert jetzt, wie sich das Leben ohen die Wende gestaltet hätte. Ich wäre wohl beim VEB Carl Zeiss als kompetenzloser Mitarbeiter unterwegs, würde Abends in meinem Arbeiterschliessfach sitzen und das dünne Regionalbier trinken. Samstag würde ich auf der Strasse den Trabi putzen, die Zuteilung wäre schätzungsweise vor 5 Jahren erfolgt. Meine Frau hätte ich nie kennen gelernt, meinem Sohn weder die Reisen noch die Annehmlcihkeiten bieten können.
Gut dass alles so gekommen ist :dr:!
HolderFloh
09.11.2014, 11:47
Sehr schöne Geschichte, Thilo.
Die Montagsdemos habe ich auch am TV mitbekommen. Die Befürchtung, dass sich die Situation zum "17.Juni 1953 2.0" entwickeln könnte, war, so denke ich, omnipräsent. Hüben wie drüben.
Zum Glück verlief es anders. :)
Mir selbst war die DDR nur aus den Nachrichten bekannt. Ich habe keine Ost-Verwandtschaft und war auch damals nie als Tourist in West-Berlin. Ergo kann ich keine Eindrücke vom Leben in der damaligen DDR schildern.
Bevor ich mich wiederhole, poste ich meinen Beitrag, was ich in der Nachwendezeit als Bw-Soldat in Leipzig erlebt habe:
http://www.r-l-x.de/forum/showthread.php/138465-Leipzig-Treffen-18-Oktober-2014?p=4497411&viewfull=1#post4497411
Das Thema "DDR" finde ich nach wie vor sehr spannend, zumal ich seitdem auch einige Leute kennenlernen durfte, welche mich mit Informationen aus erster Hand versorgten. ;)
Ich kenne übrigens eine Dame, welche damals auch beim VEB Carl-Zeiss-Jena arbeitete. :D
TheLupus
09.11.2014, 11:56
War erst 5 Jahre alt und wurde immer bei der Oma abgeliefert, als es zum demonstrieren ging.
Nach der Wende ging es sofort mit dem Wartburg zur Westverwandschaft nach Bremen, Nürnberg, Kiezbühl und Rothenburg. :gut:
Dort gab es einen riesigen Koffer Lego. Ich war glücklich!
harleygraf
09.11.2014, 11:59
Ja, in der Tat ein ganz großer Tag !
Für mich immer noch faszinierend, was Menschen friedvoll schaffen können !
Und nahezu täglich bin ich glücklich und dankbar, dass alles so gekommen ist.
Die in den letzten Jahren immer öfter in den neuen Bundesländern anzutreffende " romantische Verklärung der DDR " widert mich an und ich schäme mich aufrichtig dafür, dass wohl unser schönes Thüringen das erste Bundesland unter einem linken Minidterpräsidenten sein wird...
Den Tag selbst vor 25 Jahren habe ich als DJ erlebt.
Wie meistens nachts habe ich aufgelegt ( an jenem Tag im Jenaer " Volkshaus" ) Als wir gegen 4 Uhr nachts nach Hause kamen, machte meine damalige Freundin den Fernseher an und meinte nur lapidar : "Kommt irgend so ein Science Fiction.Da tanzen die Menschen auf der Mauer....."
BTW : Am nächsten Abend musste ich wieder auflegen.Die Veranstaltung war mit ca. 1000 Leuten eigentlich ausverkauft. waren aber nur 14 Gäste da...:D
...ich lag wochenlang schon in Fuerte am Strand...wenig mitbekommen.
HolderFloh
09.11.2014, 12:08
Ja, in der Tat ein ganz großer Tag !
Für mich immer noch faszinierend, was Menschen friedvoll schaffen können !
Und nahezu täglich bin ich glücklich und dankbar, dass alles so gekommen ist.
Die in den letzten Jahren immer öfter in den neuen Bundesländern anzutreffende " romantische Verklärung der DDR " widert mich an und ich schäme mich aufrichtig dafür, dass wohl unser schönes Thüringen das erste Bundesland unter einem linken Minidterpräsidenten sein wird...
Den Tag selbst vor 25 Jahren habe ich als DJ erlebt.
Wie meistens nachts habe ich aufgelegt ( an jenem Tag im Jenaer " Volkshaus" ) Als wir gegen 4 Uhr nachts nach Hause kamen, machte meine damalige Freundin den Fernseher an und meinte nur lapidar : "Kommt irgend so ein Science Fiction.Da tanzen die Menschen auf der Mauer....."
BTW : Am nächsten Abend musste ich wieder auflegen.Die Veranstaltung war mit ca. 1000 Leuten eigentlich ausverkauft. waren aber nur 14 Gäste da...:D
Wie? Du warst mal eine DateJust? :rofl:
Das Phänomen "Ostalgie" lässt sich nicht vollständig vermeiden. Ich denke, dass viele Menschen genau das benötigen, um diese teilweise doch sehr düstere Zeit zu verarbeiten. Man soll über dieses System auch mal herzlich lachen dürfen. Ganz ohne negative Konsequenzen.:dr:
Hattest Du auch die Befürchtung, dass es anders hätte kommen können? Oder hast Du geahnt, dass es gut ausgeht?
Ich habe zu der Zeit den Führerschein Klasse 2 bei der Bundeswehr gemacht. Unser Fahrlehrer war gar nicht glücklich, wenn wir die ganzen Trabis mit Hupen aus dem LKW begrüßt haben ;)
harleygraf
09.11.2014, 12:17
Wie? Du warst mal eine DateJust? :rofl:
Das Phänomen "Ostalgie" lässt sich nicht vollständig vermeiden. Ich denke, dass viele Menschen genau das benötigen, um diese teilweise doch sehr düstere Zeit zu verarbeiten. Man soll über dieses System auch mal herzlich lachen dürfen. Ganz ohne negative Konsequenzen.:dr:
Hattest Du auch die Befürchtung, dass es anders hätte kommen können? Oder hast Du geahnt, dass es gut ausgeht?
Ja, wahrscheinlich liegst Du mit Deiner Einschätzung ganz richtig...
Zum damaligen Zeitpunkt hatte ich ehrlich gesagt keine große Hoffnung darauf, dass das System friedlich, einzig durch die Kraft der Menschen (und zugegebener Weise günstigen äußerlichen Bedingungen...) gestürzt werden kann.
In meinem Schreibtisch lag bereits ein schwedischer Pass mit meinem Passfoto und alles war vorbereitet. Aber das ist eine andere Geschichte...
Meine Bitte an die Admins und Mods:
Eigentlich sind politische Themen hier im Forum ja nicht lege artis.
Ich würde mich sehr freuen, wenn der Thread dennoch überleben darf!
Danke.
TheLupus
09.11.2014, 12:18
Wie? Du warst mal eine DateJust? :rofl:
Das Phänomen "Ostalgie" lässt sich nicht vollständig vermeiden. Ich denke, dass viele Menschen genau das benötigen, um diese teilweise doch sehr düstere Zeit zu verarbeiten. Man soll über dieses System auch mal herzlich lachen dürfen. Ganz ohne negative Konsequenzen.:dr:
Hattest Du auch die Befürchtung, dass es anders hätte kommen können? Oder hast Du geahnt, dass es gut ausgeht?
Geht ja nicht ums herzliche Lachen, sondern um das "na so schlimm war es ja auch nicht", "eigentlich hat es ja an nichts gefehlt " "heute ist es auch nicht viel besser" ... :flop:
Man sinniert jetzt, wie sich das Leben ohen die Wende gestaltet hätte. Ich wäre wohl beim VEB Carl Zeiss als kompetenzloser Mitarbeiter unterwegs, würde Abends in meinem Arbeiterschliessfach sitzen und das dünne Regionalbier trinken. Samstag würde ich auf der Strasse den Trabi putzen, die Zuteilung wäre schätzungsweise vor 5 Jahren erfolgt. Meine Frau hätte ich nie kennen gelernt, meinem Sohn weder die Reisen noch die Annehmlcihkeiten bieten können...
Und Ruhla statt Patek! :dr:
HolderFloh
09.11.2014, 12:30
Ja, wahrscheinlich liegst Du mit Deiner Einschätzung ganz richtig...
Zum damaligen Zeitpunkt hatte ich ehrlich gesagt keine große Hoffnung darauf, dass das System friedlich, einzig durch die Kraft der Menschen (und zugegebener Weise günstigen äußerlichen Bedingungen...) gestürzt werden kann.
In meinem Schreibtisch lag bereits ein schwedischer Pass mit meinem Passfoto und alles war vorbereitet. Aber das ist eine andere Geschichte...
Meine Bitte an die Admins und Mods:
Eigentlich sind politische Themen hier im Forum ja nicht lege artis.
Ich würde mich sehr freuen, wenn der Thread dennoch überleben darf!
Danke.
Ich habe diesen Thread erst nach Rücksprache mit @NicoH eröffnet. Er und seine Mod-bzw. Admin-Kollegen werden diesbezüglich aufpassen. Mir geht es ausschließlich um die einzelnen Geschichten und Anekdoten zur Wendezeit. ;)
Geht ja nicht ums herzliche Lachen, sondern um das "na so schlimm war es ja auch nicht", "eigentlich hat es ja an nichts gefehlt " "heute ist es auch nicht viel besser" ... :flop:
Auch diese Aussagen sind mir nicht fremd. Diejenigen wünschen sich nicht unbedingt das System zurück. Das Hauptargument liegt mE hierbei eher beim Thema "Zusammenhalt" in schwierigen Zeiten. Das wird von den Leuten, die ich kennen gelernt habe, in erster Linie schmerzlich vermisst...
Ui, schöne thread Idee! Ich war da immerhin schon 26 und beruflich einigermaßen gut verankert- damals habe ich Baumärkte konzipiert und beliefert.
Die Maueröffnung habe ich mit ein paar Kumpels bei nem Bier mitverfolgt- Kommentar eines meiner Freunde, der Versicherungsvertreter war, als die ganzen Trabis rüberrollten "...und KEINER von denen hat eine gültige Versicherung..." ansonsten war mir klar, daß das eine ziemlich endgültige Sache für den WP war...UND: Eine Woche später erstmal meine Großmutter in Thüringen besucht. Ich durfte vorher als Sohn eines Republikflüchtlings nicht rüber und hatte auch noch das handicap, daß sowohl mein Schwiegervater als auch mein Stiefvater Geheimnisträger waren.
Zwei Wochen später habe ich meiner damaligen Freundin/jetziger Frau gesagt: "Hey, unsere Eltern/Großeltern hatten die Zeit nach dem Krieg- eine solche Chance kriegt man nicht so schnell wieder, ich geh mal ein Jahr oder länger auf Reisen- und so kam es auch: 16 Monate ab Januar 1990 von Sonntag bis Samstag durch die Tätärä geturnt, dabei zwei Autos verschlissen und richtig gute Geschäfte gemacht.
Dabei viele gute Leute kennengelernt, zu manchen habe ich heute noch Kontakt!!
Ich war live dabei. Habe gerade meine Ausbildung in einem Westberliner Hotel gemacht.
Irre wie voll die ganze Stadt plötzlich war. Wir hatten ein paar Tage später ein amerikanisches
TV Team im Haus die ganze 2 Etagen geblockt haben. Die Zimmertüren wurden ausgehängt
und bald sah das aus wie im CNN Headquarter.
Beim Auschecken mussten die damals die Telefonrechnung in 6stelliger Höhe Bar zahlen.:bgdev:
Mann, war Berlin damals aufregend und schön.
Dieser Thread hat so lange Bestand bis er politische Züge annimmt.
Deshalb bitte ich freundlich, aber auch nachdrücklich darum, folgende Aussagen umkommentiert zu lassen bzw. solche nicht "nachzuahmen":
(...)
Die in den letzten Jahren immer öfter in den neuen Bundesländern anzutreffende " romantische Verklärung der DDR " widert mich an und ich schäme mich aufrichtig dafür, dass wohl unser schönes Thüringen das erste Bundesland unter einem linken Minidterpräsidenten sein wird...
(...)
Ich rufe (12) der hiesigen Nutzungsbedingungen ins Gedächtnis der geschätzten Member:
"(12) Diskussionen mit politischen, religiösen oder gesellschaftspolitischen Inhalten, sowie Verweise auf Webseiten in deutscher Sprache, die aufgrund ihres Angebotes in Wettbewerb zu R-L-X – Reiner Luxus stehen sind nicht gestattet."
Danke für euer Verständnis. :gut:
HolderFloh
09.11.2014, 12:51
All Eure Geschichten...genau das ist es, worum es mir in diesem Thread geht. :gut:
Das, was Michi in puncto Versicherungsvertreter schrieb, war bezeichnend für die "Goldgräberstimmung", von der die Neuen Bundesländer quasi überrannt wurden.
Aber das nur am Rande...
Hierzu kann ich dieses Filmdokument empfehlen:
http://www.youtube.com/watch?v=oOEbkBMk-Yo
Mein Prädikt: Besonders sehenswert, da hier nichts beschönigt wird! Auch die Kommentare dazu.
HolderFloh
09.11.2014, 12:59
@Dr. K
Es ist zugegebenermaßen ein sehr schmaler Grat.
Aber ich habe vollstes Verständnis, wenn dieser Thread aufgrund der nicht immer zu vermeidenden politischen Inhalte geschlossen werden müsste. =(
Hatte mich damals mit 12 Jahren absolut 0 berührt bis Papa seinen schrottigen Ford Sierra für 5000DM über Wert an einen Ossi verkaufen konnte.
War ein Tag wie jeder andere für mich.....
Eure Geschichten sind klasse :gut:
Leider kann ich selbst nicht wirklich was dazu beitragen, da ich damals noch nicht existierte.
Aber 1 Jahr bevor die Mauer fiel sind meine Eltern aus der DDR geflüchtet, 1998 sind wir dann nach Erfurt gezogen, so schlimm war es dann wirklich nicht.;)
Geht ja nicht ums herzliche Lachen, sondern um das "na so schlimm war es ja auch nicht", "eigentlich hat es ja an nichts gefehlt " "heute ist es auch nicht viel besser" ... :flop:
Von älteren Menschen höre ich sowas öfters.
Ich habe mir gerade Anfang November einen längeren Urlaub über 6 Wochen in Südamerika gegönnt und habe vom Mauerfall erst später, eher beiläufig als Nonevent aus lokaler Presse, erfahren. Erst nach Rückkehr im Dezember bin ich eingetaucht. Die ersten Reisen in die DDR waren grenznah als Tagestour nach Nordhausen und später nach Mühlhausen.
ferryporsche356
09.11.2014, 13:41
Schöne Geschichten, danke Euch!
Ich war damals 17 und habe den Mauerfall schlicht versoffen. :D Gegen 23:00 kam ich nach Hause, habe den Fernseher angemacht und in jedem Programm Sondersendungen vom Mauerfall, das habe ich mir dann bis tief in die Nacht angesehen. Mangels Ostverwandschaft fehlte mir die emotionale Bindung zu den Menschen in der DDR, die einzigen Ossis die ich kannte waren Erich Honecker und Jürgen Sparwasser. ;)
Aber in dieser Nacht ich habe mich für die Ossis gefreut und mir wurde zum ersten mal klar dass das eben doch nicht nur ein Nachbarland war sondern dass wir ein Land sind.
HolderFloh
09.11.2014, 13:58
Schöne Geschichten, danke Euch!
Ich war damals 17 und habe den Mauerfall schlicht versoffen. :D Gegen 23:00 kam ich nach Hause, habe den Fernseher angemacht und in jedem Programm Sondersendungen vom Mauerfall, das habe ich mir dann bis tief in die Nacht angesehen. Mangels Ostverwandschaft fehlte mir die emotionale Bindung zu den Menschen in der DDR, die einzigen Ossis die ich kannte waren Erich Honecker und Jürgen Sparwasser. ;)
Aber in dieser Nacht ich habe mich für die Ossis gefreut und mir wurde zum ersten mal klar dass das eben doch nicht nur ein Nachbarland war sondern dass wir ein Land sind.
So ist es! :dr:
ehemaliges mitglied
09.11.2014, 14:03
Das Thema war in den Jahren vor der Maueröffnung immer wieder Schwerpunkt im Geschichts- oder Sozialkundeunterricht. '89 habe ich Abi gemacht und der Mauerfall war sowas wie das Ende eines Buches. Aber emotional war bei mir auch nichts - ich war zuvor noch nicht mal in Berlin.
Hab dann nur die lustigen Geschichten von "Bekannten" in Nürnberg gehört, die "Trabi-Schieben" gespielt haben - sind denen hinten aufgefahren und haben sie beschleunigt - bis heute weiß ich nicht, ob die Geschichten wirklich gestimmt haben:ka: Kennt das jemand auch?
Für mich sind wir ein Land und ich weiß nicht, warum das immer wieder bei manchen... diskutiert ist das falsche Wort, eher... polemisiert wird.
Das einzige ist, dass die Leute komisch sprechen:bgdev:
CarloBianco
09.11.2014, 14:11
Als gebürtiger (West-)Berliner ist das für mich ein sehr emotionaler und denkwürdiger Tag - damals wie heute. War zum Mauerfall leider nicht in Berlin, aber kann mich noch erinnern, wie wir vor dem Fernseher gesessen und gejubelt und gefeiert haben. In den 90ern dann den Ostteil der Stadt zu erkunden, war mega spannend.
Meinen größten Respekt für die Zivilcourage der Menschen. In meinen Augen eine der spektakulärsten und schönsten Revolutionen der Geschichte!
harleygraf
09.11.2014, 14:27
Nun ja, Dr.K.
Fällt mir zugegeben sehr schwer, dieses Thema recht einseitig und nur in Schilderung lustiger Anekdoten zum Thema Mauerfall zu betrachten... Also äußere ich mich lieber nicht mehr zur Thematik. Schade.
Best regards
Dr.G.
Bluedial
09.11.2014, 14:52
ich hoffe, damit kommen wir ne Weile, heute Abend....:dr:
schon kalt gestellt=)
http://abload.de/img/img_23364fsx6.jpg (http://abload.de/image.php?img=img_23364fsx6.jpg)
:winkewinke:
ja, wir feiern richtig:jump:
CarloBianco
09.11.2014, 15:16
Nun ja, Dr.K.
Fällt mir zugegeben sehr schwer, dieses Thema recht einseitig und nur in Schilderung lustiger Anekdoten zum Thema Mauerfall zu betrachten... Also äußere ich mich lieber nicht mehr zur Thematik. Schade.
Best regards
Dr.G.
Stefan, ich kann gut verstehen, dass du andere und weitreichendere Emotionen damit verbindest als viele Wessis. Es wäre jedoch auch schade, sich an diesem denkwürdigen und großartigen Tag mit Geschehnissen der (sich in den Grenzen unserer Demokratie befindlichen) Politik von einem Vierteljahrhundert später zu befassen.
Dass dieser Tag vor 25 Jahren größtenteils so friedlich verlaufen ist, grenzt an ein Wunder und das sollten wir feiern. Schön, dass wir wieder zu einem Land und einem Volk zusammengewachsen sind, alles andere zählt heute nicht :dr:
Ja, das waren aufregende Zeiten damals.
Im Sommer 1989 haben wir in Berlin Urlaub gemacht und es war für mich unvorstellbar, dass es nur ein Jahr später die DDR nicht mehr geben würde.
Hier noch einige Fotos von mir aus dem Sommer 1989. Ich denke, sie passen ganz gut hier rein.
http://abload.de/img/scanimage004mittelkopbtu8d.jpg
19. Juli 1989, 12:52 Uhr, 18 Grad, Ecke Kudamm
http://abload.de/img/scanimage006mittelkopn4uqb.jpg
Die Mauer war allgegenwäritg.
http://abload.de/img/scanimage007mittelkopxsuqv.jpg
Brandenburger Tor von der Weststeite aus gesehen.
http://abload.de/img/scanimage008mittelkoplgu4c.jpg
So nah und doch so fern.
http://abload.de/img/scanimage018mittelkopmgui8.jpg
Der Reichstag in seinem Dornröschenschlaf.
http://abload.de/img/scanimage023mittelkopwoqd3.jpg
Kaufhaus des Westens
http://abload.de/img/scanimage032mittelkopjtoaz.jpg
Brandenburger Tor vom Osten aus gesehen.
http://abload.de/img/scanimage035mittelkopedur5.jpg
Anhand der Autos wusste man sofort, wo man in Berlin war.
http://abload.de/img/scanimage042mittelkoprxpzl.jpg
Palast der Republik
Bluedial
09.11.2014, 15:42
Klasse, fast historische Bilder, danke:gut:
HolderFloh
09.11.2014, 15:45
Danke Hans für diese Bilder. :gut:
War das KaDeWe damals auch schon so ein Luxustempel wie heute?
@Palast der Republik:
Ich finde es eigentlich schade, dass er abgerissen wurde. Das lag aber an der Asbestverseuchung. Ansonsten hätte man diesen Ort zu einer zentralen Gedenkstätte/Museum werden lassen können. Platz für Exponate, Räume für Videodokumentationen etc. wäre mehr als ausreichend vorhanden gewesen.
Besonders beeindruckend und bewegend finde ich das Denkmal von Conrad Schumann an der Stelle, wo er den Grenzzaun übersprang (Ecke Ruppiner/Bernauer Straße).
69559
69560
Quellen: Wikipedia
Soeckefeld
09.11.2014, 15:53
November 89 war ich 28 Jahre alt und trennte mich nach 10 Jahren, von meiner damaligen Freundin.
Politik war mir daher sowas von schnuppe und einen Fernseher hatte ich auch nicht mehr.
Meine eigene Freiheit und jede Menge Party war jetzt angesagt.... :D
CarloBianco
09.11.2014, 16:04
Klasse Bilder hier :gut: Kann mich auch noch gut an die Mauer erinnern. Meine Eltern machten mit mir oft Fahrradtouren an der Mauer entlang der Westgrenze der Stadt. Da standen ab und zu so kleine Türmchen, von denen man über die Mauer in den Osten schauen konnte. Das fand ich als Kind schon absurd.
War das KaDeWe damals auch schon so ein Luxustempel wie heute?
Ja, das KaDeWe war immer sehr exklusiv, auch vor dem Krieg und in Westberlin.
HolderFloh
09.11.2014, 16:06
Ah, danke Carlo.
Ja, in diesem Kaufhaus kann man schnell ein Vermögen loswerden...:D
ehemaliges mitglied
09.11.2014, 16:38
Kaum zu glauben. War noch gar nicht auf der Welt. Kann mir gar nicht vorstellen, wie sich das angefühlt haben muss, als diese Nachricht kam.
Die Geschichte der Mauer in Kurzform:
https://mtc.cdn.vine.co/r/videos/EE49DF5BA81142814974100766720_3f295582b69.0.1.2606 067027510433074.mp4?versionId=JYJ3Mza2q3ShuzjEEWfe FTHJl.LV5L2s
JakeSteed
09.11.2014, 16:40
Hab dann nur die lustigen Geschichten von "Bekannten" in Nürnberg gehört, die "Trabi-Schieben" gespielt haben - sind denen hinten aufgefahren und haben sie beschleunigt - bis heute weiß ich nicht, ob die Geschichten wirklich gestimmt haben:ka: Kennt das jemand auch?
Wir haben in jugendlichem Leichtsinn ein paar "umgeparkt", d.h. zu viert jeweils am Radlauf angehoben und eine Strasse weiter abgestellt.
Ich bin 89 noch mitm Bus in die Schule gefahren, weil ich erst 1990 18 geworden bin und die Route ging immer in Nürnberg am ehemaligen Grundig Gelände vorbei, wo ein Auffanglager für Flüchtlinge eingerichtet ist. Dort waren dann ab Sommer die ersten Trabbis und Wartburgs zu bewundern. Und es wurden immer schneller immer mehr. Mein Vater, der in den 80ern einige Jahre in (West)Berlin gelebt hat, hat immer gesagt, dass wenn es soweit ist, es dann ganz schnell geht. Und so war es dann auch. Ich war Anfang der 80er viel in Westberlin bei meinem Dad und habe mit ihm öfters auch den Ostteil der Stadt besucht.
Während ich von Ostberlin immer begeistert war, war die Fahrt dorthin durch die stillgelegten U-Bahnhöfe immer etwas gespenstisch. Die strikten Kontrollen zum Teil auch. In der DDR selbst war ich einmal und zwar um die Wartburg/Eisenach zu besuchen. Während meine Wessi-Reisegruppe direkt bei Ankunft in die Burg geleitet wurde, war wohl draußen im Regen ne Ossi-Gruppe, die schon seit Stunden warten musste. Habe ich nur am Rande mitbekommen, aber das war trotzdem mehr als befremdlich, als wir Deutschen dann an denen Deutschen vorbeigeschleust wurden. Von meiner Gruppe gabs betretene Blicke und ein paar herausgemurmelte "Entschuldigung".
Den 9.11. habe ich ebenfalls vorm Fernseher verbracht, aber während meine Eltern (Bj 35 und 38) feuchte Augen hatten, war ich mir der Tragweite noch nicht so ganz bewusst mit meinen 17 Jahren.
harleygraf
09.11.2014, 16:45
Stefan, ich kann gut verstehen, dass du andere und weitreichendere Emotionen damit verbindest als viele Wessis. Es wäre jedoch auch schade, sich an diesem denkwürdigen und großartigen Tag mit Geschehnissen der (sich in den Grenzen unserer Demokratie befindlichen) Politik von einem Vierteljahrhundert später zu befassen.
Dass dieser Tag vor 25 Jahren größtenteils so friedlich verlaufen ist, grenzt an ein Wunder und das sollten wir feiern. Schön, dass wir wieder zu einem Land und einem Volk zusammengewachsen sind.... :dr:
Danke, schön gesagt Carlo.=)
Schöne Thread-Idee.
Tja, ich hatte am 9. November 1989 Geburtstag. Wie jedes Jahr halt. :D
Hab mit meinen Eltern gefeiert (wurde damals 14) und ich weiß noch, ich komm bei uns abends ins Wohnzimmer, mein Vater steht vor dem Fernseher, hat Tränen in den Augen und sagt mit gebrochener Stimme "die haben die Mauer geöffnet".
Das war eines von zwei Malen, an denen ich meinen Vater (Ostberliner und 1961 in den Westen gegangen) hab' weinen sehen. Werd' ich nie vergessen.
Ab da war mein Geburtstag natürlich Nebensache und wir haben zusammen bis spät in die Nacht gebannt die Nachrichten verfolgt. Unglaublich.
Spacewalker
09.11.2014, 18:21
An mir ist das damals leider ziemlich vorbei gegangen. Der Nov. 1989 war bisher der schwärzeste Monat in meinem Leben.
Meine Frau hatte gerade ihren Job verloren, stand kurz vor einer OP und bei meinen Vater war gerade ein unheilbarer Hirntumor diagnostiziert worden.
Schöne Thread-Idee.
Tja, ich hatte am 9. November 1989 Geburtstag. Wie jedes Jahr halt. :D
Happy Birthday!
HolderFloh
09.11.2014, 18:50
Happy Birthday!
Hier bitte...;)
http://www.r-l-x.de/forum/showthread.php/141960-PCS
HolderFloh
09.11.2014, 19:07
Hier noch ein paar Bilder von meiner diesjährigen East-Side-Gallery-Expedition ( sie muss erhalten bleiben!):
69582
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69585
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"Mein Gott. Hilf' mir, diese tödliche Liebe zu überleben."
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Btw: Für diese dämlichen Schmierereien auf dem Bild kann ich leider nichts...:motz:
HolderFloh
09.11.2014, 19:30
Und damit das Thema "Uhren" nicht zu kurz kommt...;)
http://eastsidegallery1.wordpress.com/2014/11/07/lange-sohne-zu-gast-an-der-esg/
toller Thread, schöne Geschichten. :dr:
Ich war gerade mal 2 Jahre und bin 1990 dann mit meinen Eltern rüber in den Westen.
Verwandtschaft ist fast noch komplett drüben.
Ich war zwar noch sehr jung aber erlebe den Tag Jahr für Jahr doch sehr emotional ... besonders wenn meine Eltern berichten oder ich die Dokus im TV sehe.
Bluedial
09.11.2014, 20:25
bin leider heute nicht BerlinX(
war aber ziemlich beeindruckt von der Idee mit den Heliumbalons ......
gefällt mir sehr gut :gut:
leider wird die Show anscheinend kaum im TV live gezeigt..,
habe jetzt nur Ausschnitte auf RBB gesehen.
Peter Gabriel tritt ja auch noch auf, weiß einer, wo es live gezeigt wird?:winkewinke:
Ich bin 1975 in West-Berlin geboren worden und innerhalb der Berliner Mauer aufgewachsen. Die Mauer war immer da. Wir sind meist mit dem Auto in die Ferien gefahren. Also an der Berliner Stadtgrenze durch die Kontrolle, dann über die Transitstrecke durch die DDR, und dann in Hirschberg oder Helmstedt noch einmal über die Grenze. Das hat jedes Mal 30-60 Minuten gedauert. Weil wir das Auto voller Kinder hatten, sind wir nie durchsucht worden - am Rand standen dann aber immer zwei oder drei Westautos, die ordentlich gefilzt wurden.
Ich habe die DDR als Kind nie in Frage gestellt. Das alles gehörte einfach dazu.
Als ich sechs oder sieben Jahre alt war, habe ich mit dem Eishockey begonnen. In Berlin gab es zwei Vereine - das wird schnell langweilig. Wir haben also ständig gegen auswärtige Vereine gespielt: in die eine Richtung sind wir regelmäßig nach Düsseldorf, Köln oder Krefeld gefahren, Richtung Süden dann nach Riessersee, Bad Tölz, Füssen, Ravensburg oder Ottobrunn. Auch dort sind wir auf jedem Weg über zwei Grenzen mit zwei Passkontrollen gefahren. Auch hier hatten wir aber erleichterte Bedingungen, weil niemand einen Bus voller Kinder länger festhielt als unbedingt notwendig.
Ab 1985 bin ich in Tiergarten zur Schule gegangen, nur wenig vom Brandenburger Tor entfernt. Ich hatte Klassenkameraden, deren Eltern Diplomaten waren, die in die DDR entsandt waren. Sie lebten in Ost-Berlin. Als Kindergeburtstag gefeiert wurde, haben wir einige Tage vorher Visa ausgefüllt und sind nach der Schule über die Grenze gefahren und dann abends wieder zurück.
Ich habe das Ganze immer wie eine angeborene Behinderung empfunden. Es war irgendwie einschränkend, aber ich kannte es nicht anders. Es war halt immer so. Ich kannte es nicht besser.
Dennoch erinnere ich mich gut an den Abend des 9. November 1989. Mein Vater war noch im Büro, und meine Mutter saß im Wohnzimmer vor dem Fernseher. Wir sahen die Bilder von der Bornholmer Straße, und meine Mutter war sprachlos - auch das passierte nicht oft. Am nächsten Tag waren viele Schüler meiner Schule nicht da, weil sie zur Mauer gefahren sind. Den Beweis lieferte das Time Magazine, auf dessen Cover sie auf der Mauer am Brandenburger Tor standen.
Die Anstrengungen, die in den Monaten vor und nach dem Mauerfall gemacht worden sind, haben den vielleicht größten Einfluss auf die Weltgeschichte des späten 20. Jahrhunderts. Wenn wir heute ohne Passkontrollen vom Nordkap an die Algarve fahren, wenn wir überall mit der gleichen Währung bezahlen und wenn wir uns vor allem überall in Europa furchtlos und frei bewegen können, dann verdanken wir dies auch den mutigen Männern und Frauen, die in Leipzig und Berlin auf die Straße gegangen sind. Wie geil, dass das alles passiert ist.
HolderFloh
09.11.2014, 20:55
Schöne Geschichte, Nico. :gut:
Da bist Du ganz schön rumgekommen, als EH-Spieler. Auch wenn es mit diesem speziellen Hindernis verbunden war.
Da ist Dir bestimmt auch das "Miracle on Ice" (USA-UdSSR bei den Olympischen Spielen 1980) ein Begriff, oder? :D
Und ich teile Deine Ansicht bzgl. der "angeborenen Behinderung". Es war halt so. Irgendwann fragte ich mich, warum es 2x Deutschland gibt und warum Berlin in Ost und West geteilt war. Dass bei diversen Fluchtversuchen Menschen ums Leben kamen etc..
Meine Mutter sagte immer, dass das die "anderen Deutschen" seien und mit uns nichts zu tun haben wollen.
Das politische System lernte ich erst in der Schule im Geschichtsunterricht kennen. Die 80er-Jahre, welche vom Wettrüsten geprägt waren. In dieser Zeit kam auch der Film "The Day After" in die Kinos und ich war zum ersten Mal schockiert, als ich die A-Bombendetonationen sah und was danach passierte...
Da wurde mir erst richtig bewusst, wie es um Deutschland steht.
1988 ging ich zur Bundeswehr. Dort wurden uns u. a. Lehrfilme des MAD (Militärischer Abschirmdienst) über das korrekte Verhalten bei Reisen ins kommunistische Ausland gezeigt und was passieren kann, wenn man dort als Soldat zu auskunftsfreudig ist...
Heute mutet das Ganze eher grotesk an, war aber für lange Zeit Realität.
[...]
Die Anstrengungen, die in den Monaten vor und nach dem Mauerfall gemacht worden sind, haben den vielleicht größten Einfluss auf die Weltgeschichte des späten 20. Jahrhunderts. Wenn wir heute ohne Passkontrollen vom Nordkap an die Algarve fahren, wenn wir überall mit der gleichen Währung bezahlen und wenn wir uns vor allem überall in Europa furchtlos und frei bewegen können, dann verdanken wir dies auch den mutigen Männern und Frauen, die in Leipzig und Berlin auf die Straße gegangen sind. Wie geil, dass das alles passiert ist.
Dieser Aussage schließe ich mich vollumfänglich an. Und genau dieses Volk sollte mE auch den Friedensnobelpreis erhalten! :gut:
Dieses Schild an der BAB 9 ist den mutigen Menschen gewidmet (wobei Leipzig stellvertretend für alle anderen Städte in der DDR steht):
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Bluedial
09.11.2014, 21:33
ich habe vor der Wende in Ostberlin studiert, und oft haben wir in Kneipen und am Alex gesessen und die Flieger von Tempelhof aus starten sehen,.....
unerreichbar und mit Fernweh in den Augen, das war 1988/ 1989, und plötzlich sind wir am 10.11.89 über den Checkpoint-Charlie rüber gelatscht, von der Leipziger Straße aus, was für ein Gefühl..
da war ich 28 Jahre alt....
und heute denke ich auch immer an meine Freunde, Bekannten und Famlienmitglieder, die die 25 Jahre
nicht geschafft haben und nicht mehr unter uns sind und bin dankbar dafür, wie gut es uns zur Zeit geht
:winkewinke:
Der 9. Nov.1989 ist für mich der entscheidenste Tag in der jüngeren Weltgeschichte.
Man muß den damaligen Entscheidungsträgern, in (Ost-) Berlin und Moskau dankbar sein, dass diese Revolution friedlich abgelaufen ist.
OJessas! Gehöre ich hier auch schon zu den Alten.
Ich bin mit einem 928 S4 von Frankfurt nach München gedonnert. Bei einer Rauchpause im Steigerwald hat mich ein Freund aus Chicago auf meinem C-Netz angerufen und mich gefragt ob ich den Fernseher an habe. Der ist vor Freude komplett ausgerastet. Ich hab mich auch gefreut. Und freu mich natürlich immer noch, rauche heute aber nicht mehr, fahre langsam Auto und hab mein Telefon ganztägig lautlos.
Alles Gute
Johann
HolderFloh
09.11.2014, 23:37
So, der Jubeltag, der auch gleichzeitig Percy's Geburtstag ist, neigt sich seinem Ende zu.
Danke Euch für die interessanten Einblicke an diesem entscheidenden Tag vor 25 Jahren.:gut: Und dass die Beiträge der Forenregel bzgl. politischer Äußerungen Rechnung trugen. So konnte der Thread am Leben gehalten werden. Und das soll er gerne weiterhin tun. :)
Auf die nächsten 25 Jahre. :dr:
Danke Dir für die Moderation dieses Threads, Oliver! Ich werde mich hier sicherlich nochmal zu Wort melden ;)
HolderFloh
09.11.2014, 23:58
Sehr gerne, Nico. =)
Suerlänner
10.11.2014, 05:20
War an dem Abend nach der Arbeit mit meinen 22 Jahren fassungslos, die Mauer war offen und wir durften reisen.
Am Freitag bei uns im Betrieb waren dann über 50% der Belegschaft nicht zur Arbeit erschienen, einige waren dann am Montag wieder da und erzählten stolz was sie in Hamburg oder Lübeck etc. erlebt hatten. Einige habe ich nie wieder gesehen sind schlichtweg gleich im Westen geblieben.
Meine Eltern und ich sind dann 14 Tage später nach Bremen aufgebrochen, tolle Stadt und nette Leute, aber das war es denn auch.
Ja dann durfte ich zusehen wie der Staat in dem ich aufgewachsen bin zerfiel und demontiert wurde, man durfte sich neu orientieren und man war jung und hatte alle Möglichkeiten. Es war in der DDR nicht alles schlecht, in diesen Tagen höre ich kein Radio und lese keine Zeitungen, weil ich als nicht Funktionär und einfacher Bürger die DDR letztendlich anders erlebt habe, als wie es heute von Zeitzeugen geschildert wird. Ich bewahre immer noch meinen Reisepass auf, mit dem Visum für Österreich, erinnere mich in Berlin Ostbahnhof am Zug zu stehen nach Wien und der Reiseleiter teilt einem mit das man an dieser Reise nicht teil nehmen wird.
Schöne Zeit, fast 30 Jahre her.
Ich hab es nicht perfekt gemeistert, bin aber heute auch ein Stück weit zufrieden wenn ich zurück blicke, letztendlich ausgereist aus meiner Heimatstadt Rostock bin ich erst im Jahr 2005.
ehemaliges mitglied
10.11.2014, 07:05
Die Maueroeffnung habe ich selber am Fernseher miterlebt und konnte den Umfang damals nicht ermessen. Mein Vater war in Berlin geboren und hat bis 1968 dort gelebt, also fuer ihn eine voellig andere Situation. Wir waren vor dem Mauerfall 3x in Berlin und sind jedesmal zu den Besuchertuermen, um ueber die Mauer zu sehen. Befremdend fand ich damals die Panzersperren und die Kenntnis, dass nur wenige Meter entfernt hoechstwahrscheinlich Minen unter dem Sand liegen werden. 1989 habe ich in der Uni-Handballmannschaft gespielt und wir sind im Januar 1990 zu einem Turnier in Groeditz eingeladen worden. Die Fahrt dorthin war abenteuerlich. Der Grenzuebergang bestand aus einem niedergebogenen Drahtzaun, ueber den einfach Asphalt gelegt wurde und der Grenzposten, noch in DDR-Uniform, hat auf unser Bitten die Paesse mit DDR-Stempel versehen. Gewohnt haben wir bei anderen Spielern, deren Eltern oder deren Freunden. Unsere erste Uebernachtung allerdings war in einer Art Jugendherberge und ich erninnere mich, dass ich morgens von einem Geraeusch aufgewacht bin, dass ich noch nie gehoert hatte...einer Dampflok.
Die Strassen waren katastrophal. Die Begegnung mit dem "Klassenfeind" erst distanziert, aber dann zunehmend auftauend. Klar, dass wir die "Attraktion" waren und wir wurden herumgereicht. Die Cola (Star Cola ?) schmeckte zum Wuergen, aber man ist ja hoeflich :D
Die Familie, bei der wir wohnten, war ganz stolz uns mitzuteilen, dass sie Westfernsehen (in schwarz/weiss) sehen koennen....sie haben aber noch nie eine Ananas in natura gesehen.
Damals hatte ich einen 40 PS Polo und der Sprit, den ich dort getankt habe, muss maximal 5 Oktan und 60% Wasser beinhaltet haben...der Wagen fuhr nie schneller als 80 Km/h.
Das Turnier selber war eine Mischung aus Universitaets-Teams und Vereinsmannschaften (ich meine 10 Teams), das wir gewonnen haben und uns sogar ins lokale Fernsehen und die dortige Presse brachte...damals...
HolderFloh
10.11.2014, 07:09
Danke Torsten.
"Es war nicht alles schlecht".
Das glaube ich Dir sogar. Es gab quasi Vollbeschäftigung, die Kinder waren frühzeitig in der Kinderkrippe, so dass die Eltern weiterhin ihrer Arbeit nachgehen konnten. Arbeitslosigkeit war ein Fremdwort...
Wenn man sich mit der Situation arrangiert hat, war alles in Ordnung.
Stichwort Berliner Ostbahnhof: was ging Dir durch den Kopf, als es hieß, dass Du nicht nach Wien mitfahren durftest?
VanessaH
10.11.2014, 09:20
Schon krass das alles! Habe das damals auch gar nicht so extrem mitbekommen und jetzt ist es schon ganze 25 Jahre her! Die Aktion mit den Luftballons fand ich wirklich klasse übrigens. :)
Masta_Ace
10.11.2014, 09:36
Ich war 6 Jahre alt und wohnte im letzten Dorf vor der Grenze in den Osten, in der Nähe von Hof.
Als die Grenze dann öffnete, standen die Trabbies nächtelang in endlosen Staus von Hof durch unser Dorf bis an die Grenze. Das war für uns Jungs ein Highlight jeden Abend und auch nachts mit unseren Eltern Kaffee und Tee zu kochen und das dann den Leuten im Stau zu reichen.
Auch wenn ich wirklich noch jung war, bin ich dankbar, in einer solch geschichtsträchtigen Situation hautnah dabeigewesen zu sein und mich noch an einiges erinnern zu können.
Viele haben auch bei uns zuhause übernachtet, weils in den Autos wirklich saukalt war. Einer hat dann auf ner VHS Kasette "Das Boot" entdeckt und hat sich das dann in einer Nacht gleich 4 mal reingezogen :D :D
Ich weiß auch noch gut, als ich mit meinen Eltern mal in Hof am Bahnhof stand und die Flüchtlingszüge aus Prag kamen. Ich wusste nicht wirklich was da passierte, aber ich bekam mit, dass es wohl etwas Besonderes war ;)
Krass war auch, als wir das erste mal in den Osten rüber sind. Das war Februar ´90. Saukalt und es roch sehr intensiv, da die Industieanlagen in DDR und Tschechei ohne Filter ausgestattet waren.
Wenn ich ab und zu mal bei meinen Eltern zuhause zu Besuch bin und mein Rad dabei habe, fahre ich öfter mal durch das Grenzgebiet rüber nach Sachsen. Auf Höhe des Grenzstreifens hab ich aber noch immer Angst und fahre wirklich nur auf den gepflasterten alten Feldwegen, auf denen früher auch die Grenzpatrouille fuhr. Der Gedanke, dass nur ein paar Meter neben mir dann doch noch alte Minen liegen könnten, ist schon anders...
AndreasS
10.11.2014, 10:09
Eine schöne Threadidee. :gut:
Ich war damals erst fünf, aber wir müssen kurz danach bei einem Bekannten meiner Eltern in Berlin gewesen sein. Ich kann mich jedenfalls noch schemenhaft erinnern, dass die Mauer abgeklopft wurde und die Leute die Bruchstücke zum Teil verkauft haben. Damals habe ich mir einen Stein von der Mauer als Andenken mitgenommen.
Wenn ich, wie gestern, Reportagen im Fernsehen anschaue, wird mir manchmal schon ganz anders. Eigentlich unglaublich was da passiert ist, mit Sicherheit eines der bedeutendsten Ereignisse nach dem zweiten Weltkrieg.
Ich war rum Zeitpunkt des Mauerfalls erst im dritten Lebensjahr, kann also leider nichts beitragen. Erst gut 20 Jahre später kam dann persönlicher Kontakt zur DDR auf. Der Vater meiner ex-Freudin war in der Luftwaffe der DDR Jet-Pilot (Mig 23) und hat viele Geschiten zu erzählen gehabt. Von seinem Studium in Moskau, Fliegerausbildung am Schwarzen Meer, Englische Jagdbomber über der Ostsee abfangen, wie er als Offizier doch die ein oder anderen Vorzüge genießen konnte (Ananas und Bananen), bis hin zu dem Umstand nach dem Mauerfall vor dem Nichts zu stehen. Technisches Studium aus dem Ostblock war im Westen ja keinen Pfifferling Wert und so musste sich der einstige Kampfpilot mit dem Vertreten von Staubsaugern über Wasser halten bis es wieder bergauf ging.
Erst dadurch habe ich einen Eindruck davon bekommen wie es "drüben" wohl ausgesehen und sich angefühlt haben mag.
Das hier, das macht mich als bekenneden Europäer jedoch sehr, sehr glücklich! =)
Wenn wir heute ohne Passkontrollen vom Nordkap an die Algarve fahren, wenn wir überall mit der gleichen Währung bezahlen und wenn wir uns vor allem überall in Europa furchtlos und frei bewegen können, dann verdanken wir dies auch den mutigen Männern und Frauen, die in Leipzig und Berlin auf die Straße gegangen sind. Wie geil, dass das alles passiert ist.
10. November 1989.
Komische Zeiten damals: heute bekommen wir jede Nachricht sofort per News-App auf's Telefon, damals waren die Wege andere. Am Abend zuvor war die Mauer gefallen, das hatten wir noch im Fernsehen mitbekommen. Natürlich waren am nächsten Morgen die Zeitungen voll. Aber als ich am 10. November vormittags in der Schule war, gab es nur den Buschfunk. Mehrere Mitschüler berichteten, sie wären schon an der Mauer gewesen und hätten gesehen, wie die Menschen sich auf der Mauer am Brandenburger Tor versammelten. Natürlich haben wir das auch im Unterricht angesprochen, aber der Informationsweg war doch viel länger als heute.
Später hieß es am 10. November, dass die Glienicker Brücke geöffnet würde. Als mein Vater abends nach Hause kam, wollte er sich das dort anschauen. Mein großer Bruder, meine Eltern und ich sind also ins Auto gestiegen und zur Glienicker Brücke gefahren. Die Bilder dort waren weniger spektakulär als die Bilder aus der Bernauer Straße aus der Nacht zuvor. Aber es waren schon einige DDR-Bürger, die den Weg über die Brücke gefunden haben.
Einer wollte nur mal schauen, ob die Grenze wirklich offen ist. Stefan, Ende 20 oder Anfang 30, kam aus Potsdam über die Brücke nach West-Berlin und schaute schüchtern umher. Meine Eltern sprachen ihn an - ich kann mich nicht mehr daran erinnern, wie das Gespräch losging. Was ich aber noch weiß, ist, dass wir ihn direkt in unser Auto geladen haben und mit ihm nach Zehlendorf Mitte ins "Clichy" gefahren sind, das damals eins der Lieblingslokale meiner Eltern war. Stefan war wirklich erschlagen von den Eindrücken. Meine Eltern wollten so vieles wissen, wie er lebt, was er macht, aber er entschuldigte sich dauernd für seine Sprachlosigkeit, er könne das alles noch gar nicht glauben. Wir haben dort gegessen und getrunken und haben geredet, und nach anderthalb oder zwei Stunden wollte er wieder nach Hause. Er bat um Entschuldigung und wollte nicht unhöflich sein, aber eigentlich wollte er nur einmal über die Brücke und dann zurück zu seiner Freundin in Potsdam, und nun saß er schon seit Stunden mit uns und sie wusste nicht, wo er steckte. Wir haben ihn dann wieder zur Glienicker Brücke zurückgefahren, wo wir uns verabschiedeten. Er bedankte sich vielmals für den schönen Abend und sagte, dass er jetzt seine Freundin hole und gleich wieder zurück nach Berlin führe ;)
Ich glaube, meine Eltern hatten später noch einmal Kontakt zu ihm, aber seit 1990 auch nicht mehr. Dennoch erinnere ich mich gerne an den Abend vor 25 Jahren zurück.
Spacewalker
10.11.2014, 18:38
Schöne "Geschichten". =)
hab ich damals aufgehoben
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und ich war stolz wie Oskar als mir meine Grosscousine ein Stück Berliner Mauer, welches sie selbst herausgeschlagen hatte, schickte...für einen Berliner vielleicht nicht so wahnsinnig aufregend, aber hier war das echt was Besonderes
Du hast vor Deiner Einschulung schon FT gelesen?
Bluedial
10.11.2014, 20:27
melde mich auch nochmal,
Peter Gabriel soll ja einzigartig Heros von David Bowie zelebriert haben, ebenso der Auftritt von Wolf Biermann.....,
leider war es nirgendwo zu sehen im TVX(
wo gibt es die Live-Mitschnitte???
wäre sehr dankbar für nen Tip:winkewinke:
Du hast vor Deiner Einschulung schon FT gelesen?
Danke ;) aber ich war 11 und in der 5., aber gut, die hatte mir mein Vater mitgebracht...
Suerlänner
10.11.2014, 21:40
Stichwort Berliner Ostbahnhof: was ging Dir durch den Kopf, als es hieß, dass Du nicht nach Wien mitfahren durftest?
Was geht einem durch den Kopf, alles und nichts, in etwa wie unschuldig verurteilt zu werden. Nicht mehr nicht weniger, hatte halt das Gefühl nie wieder die Gelegenheit zu haben dort hin zu fahren.
Hatte aber damit schon mehr erreicht als manch anderer, es gab ja immer ein Kontigent von Reisen in den NSW, inkl. Taschengeld etc.
Die Reise hatte damals über Jugendtourist auch nur 800 Ost Mark gekostet, Wien, Graz und Salzburg in 8 Tagen, bin bis heute nicht dort gewesen.
Hol's nach! Es ist schön dort :)
Prof. Rolex
11.11.2014, 08:10
Ich weiß, wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. Aber vielleicht darf ich hier trotz zweitägiger Verspätung meine Erinnerung an den 9. November 1989 mit Euch teilen, auch wenn ich die berühmte Nacht leider verschlafen habe.
Am 10.11.89 hatte ich morgens einen Termin in München-Freimann, um meinen neuen BMW abzuholen. Dazu hatte ich mit meiner damaligen Freundin einen Flug nach München gebucht, der bereits um 6:30 startete. Mein Wecker stand auf 4:00 (das war die eigentliche Sperrfrist der berühmten Pressemitteilung: 10.11.09, 4:00, die von Schabowski aber übersehen wurde) und ich ging daher sehr früh ins Bett, ohne etwas von den Ereignissen mitzubekommen. Um 4:30 fuhr ich dann mit einem Leihwagen zu meiner Freundin, um sie wie vereinbart abzuholen. Dabei hörte ich im Radio eine Reportage über die Maueröffnung, hielt es aber für ein Science-Fiction-Hörspiel (Orson Wells läßt grüßen!). Bei meiner Freundin angekommen murmelte ich etwas von "Komisches Hörspiel im Radio" und sie lachte laut: „Von wegen Hörspiel, Du hast die Maueröffnung verpennt! Ich war die ganze Nacht vor dem Fernseher…..“. Auf der Fahrt zum Flughafen und in der Maschine nach München holte meine Freundin dann den fehlenden Schlaf nach, während ich mir dachte: „Nun hast du wegen eines blöden Autos die wohl eindrucksvollste Nacht in der deutschen Nachkriegsgeschichte verpennt!“
Mit dem brandneuen, pechschwarzen BMW fuhren wir dann am Wochende von München zurück nach Hause umringt von seltsamen, bonbonfarbenen Autos. An einer Raststätte kamen wir mit einigen DDR-Bürgern ins Gespräch und ich sah mir zum erstenmal einen Trabant genauer an. Dabei rauchte ich die erste Ost-Zigarette (hieß glaube ich F6) meines Lebens, während der Trabant-Fahrer meinen neuen BMW genauestens „unter die Lupe“ nahm und dabei die von mir angebotene „Dunhill“-Zigarette rauchte. Auf seine Frage, ob wir nicht die Autos tauschen könnten, musste ich leider mit „Nein“ antworten, da ich mit dieser sehr seltsamen Schaltung des Trabant einfach nicht zurechtkam.
Nach wie vor gilt mein allergrößter Respekt den damaligen DDR-Bürgern, die durch Beharrlichkeit gepaart mit Besonnenheit die Mauer erst zum Einsturz gebracht haben. Es war einfach phantastisch und unvergesslich…..
Gruß
Matthias
... In meinem Schreibtisch lag bereits ein schwedischer Pass mit meinem Passfoto und alles war vorbereitet. Aber das ist eine andere Geschichte ...
.. die (sicher nicht nur mich) brennend interessieren würde. :dr:
Wir waren mit der Schule in Berlin, im Frühjahr 1990. Das war eine interessante Erfahrung.
Auch ich habe mir ganz klassisch mit Hammer und Meißel ein Stück aus der Mauer gehauen. Ein Schulkollege, der damals schon handwerklich sehr geschickt und vor allem ein Organisationsstalent war, der wollte mit größerem Geschütz an die Mauer.
Gegenüber unseres Hotels war eine Großbaustelle. Heiko (besagter Schulfreund) hat mit den Bauarbeitern einen Deal gemacht. Danach ist er zu einer Autovermietung und hat einen Ford Transit mit Anhängerkupplung gemietet. Spät abends sind wir dann in die Baugrube, um den Kompressoranhänger und einen Preßlufthammer zu holen :).
Leider war alles etwas matschig und wir waren alle leicht angedüddelt, weswegen das alles lange gedauert hat und auch recht laut war.
Nun denn, besorgte Anwohner haben die Polizei gerufen, und Minuten später waren wir eingekesselt (!) von grünen Männchen. Die sind da wirklich mit ordentlicher Mannzahl angerückt.
Wir konnten das dann aufklären, mit Hilfe des Poliers am nächsten Tag auf der Wache. Der Mauersturz im großen Stil hat dann halt nicht geklappt, war vielleicht besser so. Jedenfalls ist das immer noch *die* Geschichte bei jedem Abitreffen.
Zu der Zeit war noch der Polenmarkt in Berlin, wo ich gleich mal 50 Mark beim Hütchenspielen verloren habe. Ich glaube, der hat bissi getrickst :ka:
Dann war ich jahrelang nicht mehr in Berlin, und als ich das nächste mal dort war und meine 50 Mark zurückholen wollte, stand da auf einmal das Sony Center 8o
...meine 9.11. (übrigens besser als 11.9., nur so nebenbei)-Geschichte trug sich eigentlich im März 89 zu, also ich als Rucksack-Tourist durch Australien reiste und auf die Antwort auf die übliche "where are you from"-Frage die Nachfrage "East or West Germany?" kam. Ich fühlte mich dann zunächst berufen, den netten Schwedinnen den Unterschied zwischen der BRD und der DDR zu erklären (und mich zu wundern, dass man das in Schweden nicht weiß, USA war ja normal...). Sie meinten dann nur: "do you think the East Germans will ever be allowed to travel anywhere?" und ich antworte fest überzeugt von meinen Worten, dass die Trennung wohl endgültg sei und ich mir nicht vorstellen könnte, dass es in der DDR mal Reisefreiheit geben würde und eine Wiedervereinigung würde ich und nachfolgende Generationen sicher nicht erleben.
DEPP!
Ein halbes Jahr später war alles anders, der 9.11. war nur noch der logische Höhepunkt einer Entwicklung, ich habe viel Zeit vorm Fernseher verbracht. Schon kurz danach sah man dann auch im oberbayrischen Niemandsland die ersten Trabbis...
harleygraf
11.11.2014, 10:26
.. die (sicher nicht nur mich) brennend interessieren würde. :dr:
Gern die Kurzform.
Ich studierte ja zu dieser Zeit Zahnmedizin und konnte im Gegensatz zu vielen meiner Freunde nicht einfach so einen Ausreiseantrag stellen....Wie eigentlich immer im Urlaub waren wir im Sommer in Ungarn. Und im August 1988 lernte ich am Balaton ein sehr nettes schwedisches Paar kennen. Mats N. war in etwa in meinem Alter, blond, blaue Augen. Wir haben fast 2 Wochen zusammen verbracht, viel Spaß gehabt und auch ernste Gespräche geführt. Die Problematik des getrennten Deutschlands war ihm zwar bekannt, allerdings nicht in all ihren schrecklichen Konsequenzen. An unserem letzten gemeinsamen Abend nahm er mich beiseite und sagte " I thought it over all the time - willing to help you leaving GDR" Alle Ossis werden es nachvollziehen können, dass die ständige Angst vor Spitzeln und Verrat eine regelrechte Paranoia war! Und so hatte ich auch zunächst Angst, dass das eine Stasi-Falle sein könnte, da ich zu jener Zeit ziemlich viel Trouble mit dem System hatte... Wir haben dann die ganze Nacht Brainstorming gemacht und einen exakten Plan erarbeitet. Wiedergetroffen haben wir uns das erste Mal Ende 1988 in Prag. Zu diesem Treffen gab ich Mats aktuelle Passbilder von mir.
Unmittelbar nach seiner Rückkehr nach Schweden meldete er seinen Pass als verloren und beantragte einen neuen. Dazu gab er dann meine Passbilder ab. Februar 1989 wieder in Prag getroffen und ich hatte meinen schwedischen Pass ! Sogar die Vita war bis ins Detail durchdacht. Hätte mich Jemand zufälligerweise auf schwedisch angesprochen, hätte ich gesagt, nicht in Schweden aufgewachsen zu sein, sondern bei meinem Vater im Ausland gelebt zu haben....Geplant war, dass Mats Ende 1989 offiziell mit Stempel einreist. Und ich ausreise! Er wollte dann eine gestohlene Tasche melden, nachdem ich sicher "drüben" war...Hätte sicher für ihn Trouble gegeben aber die schwedische Botschaft hätte ihm schon geholfen.
Bis heute bekomme ich eine Gänsehaut wenn ich daran denke. Ein außergewöhnlicher Mensch, der bereit ist, solche Risiken und Unannehmlichkeiten für einen anderen, Fremden auf sich zu nehmen.
Erfreulicherweise ist ja alles anders gekommen!
Das Traurige an dieser großen Geschichte meines Lebens ist, dass ich leider keinen Kontakt mehr zu Mats N. habe.
Nach der Wende haben wir uns noch zwei, drei mal getroffen und uns dann aus den Augen verloren.
Ich werde ihn nie vergessen und ihm immer dankbar bleiben.
AndreasS
11.11.2014, 10:32
Wow, das ist eine interessante Geschichte. Danke fürs Erzählen. ;)
Stefan, ich teile gerade Deine Gänsehaut. Es gibt sie noch, diese besonderen Menschen. Sie werden seltener, aber wenn einem die Sch..... bis zum Hals steht, tauchen sie auf. Ich würde mich freuen, wenn Du Mats ausfindig machen kannst und ihr beide auf diese klasse Geschichte anstoßen könnt.
harleygraf
11.11.2014, 10:40
Stefan, ich teile gerade Deine Gänsehaut. Es gibt sie noch, diese besonderen Menschen. Sie werden seltener, aber wenn einem die Sch..... bis zum Hals steht, tauchen sie auf. Ich würde mich freuen, wenn Du Mats ausfindig machen kannst und ihr beide auf diese klasse Geschichte anstoßen könnt.
Danke, Ulli.
Ich auch. Hab schon ziemlich viel versucht. Über Freunde in Schweden, Botschaft, Facebook etc...
Bislang allerdings ergebnislos.Mats war ein Globetrotter, er wollte schon damals nach Neuseeland oder Australien.
Anyway, er ist in meinem Herzen und vielleicht meldet er sich ja eines Tages nochmal bei mir.
TheLupus
11.11.2014, 10:53
Stefan, ich teile gerade Deine Gänsehaut. ...
Geht mir genauso.
Vor solch hilfsbereiten, selbstlosen Menschen ziehe ich den Hut!
Danke, dass du diese Geschichte mit uns geteilt hat, Stefan! :top:
HolderFloh
11.11.2014, 11:17
Leute, ich bin echt begeistert von Euren Beiträgen. :gut:
Und ja, dieser Thread hat KEINE Sperrfrist. ;)
Bin gerade bei der Arbeit, heute Abend bin ich wieder dabei. :jump:
Hammergeschichte, Stefan, danke :gut:
HolderFloh
11.11.2014, 19:49
Zweifelsohne ein Highlight in diesem Thread.
Die besten Filme schreibt das Leben.
CarloBianco
11.11.2014, 19:55
Ja, eine sehr spannende Geschichte, Stefan :gut:
Die Tochter von guten Freunden meiner Eltern aus Hessen hat in den späten 80ern die Oberstufenfahrt der Schule in die DDR unternommen. Eine kleine Gruppe von Leuten lernte im Osten dann einen jungen Mann kennen und freundete sich mit ihm an. Spontan entstand der Plan für eine Flucht. Auf der Rückfahrt haben sie ihn hinter der letzten Bank im Reisebus versteckt und mit ihren Taschen und Jacken bedeckt. Mit großem Glück hat es geklappt. Ein paar Kilometer hinter Helmstedt gab es dann einen riesigen Jubel in der hinteren Reihe. Zuhause angekommen gab es einen wahnsinnigen Trubel und auch Ärger. Glaube, da sind sogar Leute von der Schule geflogen. Kann mich noch an die Aufregung damals erinnern. Aber immer wieder schön, zu merken wie die Menschen zusammen gehalten haben.
HolderFloh
11.11.2014, 20:33
Manchmal konnte eine Flucht so einfach sein...;)
Nochmal zu Conrad Schumann:
Der Filmer und der Fotograf waren zur rechten Zeit am rechten Ort, als dieses unschätzbar wertvolle Film- und Fotodokument entstand.
Schumann rauchte zuvor hektisch eine Zigarette und schaute abwechselnd nach Westen und zu seinen Kameraden auf der gegenüberliegenden Straßenseite.
Und dann der Sprung, der wohl den Begriff des Freiheitsdrangs nicht besser hätte verkörpern können.
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Damit stand er Pate für alle, die sieses System nicht länger ertragen konnten und ebenfalls die Flucht ergriffen (Tunnel, Heißluftballon, Ultraleichtflugzeug etc.). Er hat meine größte Hochachtung verdient!
In der Nähe des Brandenburger Tores stehen aber auch die Kreuze derer, die diesen Sprung leider nicht geschafft haben und zu Tode kamen:
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Auch ihnen soll auf ewig gedacht werden.
Zu allererst einige kleine Vorbemerkungen:
1. O h n e die Grenzöffnung könnte ich hier nicht schreiben.
2. Stefan (#5): Du sprichst mir aus dem Herzen und danke, dass Dein Ersatzpass im Schreibtisch verblieb.
3. Oliver (#17): Bitte keinen vorauseilenden Gehorsam bezüglich einer eventuellen Schließung
dieses Threads bekunden.
Nun mein kleiner Beitrag:
Mein Alter 1989: 39 Jahre
Auch im Osten sollte man es mit Vierzig geschafft haben, mein kleines "Zonenglück" war
eine intakte Familie, ein stabiler Freundeskreis, eine kleine, gut laufende Firma (die mich bis heute ernährt).
In diesen verrückten Zeiten haben wir jeden Abend "Ostfernsehen" geschaut, was sonst eher
nicht der Fall war. ARD, ZDF, Hessen Drei und Bayern Drei waren die normale Fernsehkost.
Als wir beim Abendessen das Gestammel von Herrn Schabowski gehört haben, "jetzt" ... "unverzüglich", haben wir schon einige Zeit gebraucht, um das zu begreifen.
Die TV-Nachrichten liefen bis tief in die Nacht und wir haben Rotz und Wasser geheult;
wir sahen dann die Bilder aus Berlin, aber die 15 km entfernte GÜST Wartha hat an diesem Abend nicht gelockt, sie war noch unerreichbar.
Freitag früh um 6 Uhr war Arbeitsbeginn, alle Mitarbeiter (damals "Werktätige") waren gekommen.
Ich fragte: "Wer von Euch war noch nie drüben?"
Vier meldeten sich, mehr passten auch nicht in den Wartburg.
Dann sind wir los in Richtung Wartha.
Vor der GÜST (Grenzübergangsstelle) bildete sich auf der Autobahn eine Fahrzeugschlange, neben überwiegend PKW auch eine "Schwalbe" und ein paar MZ-Motorräder. Es war recht frisch an diesem Morgen.
Warten war in der DDR eine gängige Angelegenheit, aber es ging recht flott.
Wir mussten jeder eine sogenannte gelbe Zählkarte ausfüllen (die gab es seit Jahren bei jeder Ein- und Ausreise).
Dann wurden die Ausweise eingesammelt und neben bzw. über dem Passbild gestempelt.
Was das sollte, erschloss sich mir damals nicht, heute wissen wir, dass dieser Stempel ein Abschied für immer sein sollte, aber die Ereignisse haben sich überschlagen, keiner hatte offenbar einen klaren Befehl.
Gegen 8.45 Uhr waren wir in Herleshausen, alle Geschäfte hatten noch geschlossen.
So war es halt im "Zonenrandgebiet".
Wir haben eine Zigarette geraucht (F 6 natürlich) und sind wieder in Richtung Heimat gefahren.
Gegen 10 waren wir wieder in der Firma.
Am Samstag haben wir uns dann ein "Visum" auf dem Volkspolizeikreisamt in den Ausweis stempeln lassen - ich hatte zuvor nie so freundliche und lockere Volkspolizisten gesehen.
Die haben gestempelt wie die Teufel und das Visum noch bis zum 12.05.1990 begrenzt.
Sie wollten wohl noch weitermachen, aber der Lauf der Geschichte hat alles geklärt.
Auch nach 25 Jahren sind diese Tage aus 1989 noch frisch in unserer Erinnerung.
Unsere Familie ist dankbar, dass alles so gekommen ist.
http://imagizer.imageshack.us/v2/800x600q90/537/ci5FMT.jpg (https://imageshack.com/i/exci5FMTj)
HolderFloh
11.11.2014, 21:09
Peter, ich bin überglücklich, dass dieser Thread weiterhin besteht. :dr:
Btw: Manchmal bin sogar ein wenig neidisch, dass ich in puncto "Leben in der DDR" nicht mitreden kann. Ich kenne nur den Westen von Kindesbeinen an. Daher mangelt es mir an jedweder Vergleichsmöglichkeit zwischen den Systemen. Das ist bestimmt nicht von Nachteil, wenn man beide Seiten kennt, oder?
HolderFloh
11.11.2014, 22:15
Als ich diesen Sommer mit dem Zug nach Berlin fuhr, machte dieser u. a. in Erfurt Halt und ich konnte vom Abteil aus diesen Schriftzug sehen:
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Ich war durchaus ergriffen von dem Anblick und der Tatsache, in Sichtweite an diesem denkwürdigen Ort gewesen zu sein.
Das war 1970, als der Mauerfall noch 19 Jahre entfernt war. Die Menschen wollten unbedingt ihn sehen und nicht den anderen (Stoph). Mit Erfolg. ;)
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harleygraf
11.11.2014, 22:51
Ich hab auch noch meinen alten Ausweis, Peter.
Das hast Du schön geschrieben - Danke.=)
Stefan, da hast du echt jemanden besonderes getroffen:gut:
Durftest du dir deinen Studiengang selbst auswählen oder wurde dir das zugeteilt?
harleygraf
12.11.2014, 05:44
Stefan, da hast du echt jemanden besonderes getroffen:gut:
Durftest du dir deinen Studiengang selbst auswählen oder wurde dir das zugeteilt?
Naja.
Das Studium konnte man sich schon selbst aussuchen.
Nur erst mal bis zu diesem Punkt zu gelangen war eben die eigentliche Schwierigkeit.
Anders als heute war nicht die schulische Leistung das Wichtigste.
Im " Arbeiter- und Bauernstaat" waren Herkunft ( Arbeiter - oder Bonzenkind?) und politisches Engagement die entscheidenden Kriterien...Ging schon damit los, dass es keineswegs selbstverständlich war, Abitur machen zu dürfen.Pro Schulklasse maximal 3- 4 Schüler...
Allerdings war Studium wie Medizin fast nur möglich wenn man sich zum 3 jährigen " Ehrendienst " ( Armee) verpflichtete.
Danke für die Info:)
Das mit dem politischen Engagement habe ich mir gedacht, aber 3-4 Schüler pro Klasse8o
Das ist ja weniger, als in jeder Privatschule heutzutage
Danke für die Info:)
Das mit dem politischen Engagement habe ich mir gedacht, aber 3-4 Schüler pro Klasse8o
Das ist ja weniger, als in jeder Privatschule heutzutage
Als ich 1965 auf die EOS (Erweiterte Oberschule, heute Gymnasium) "delegiert" wurde,
waren es in der Regel nur die beiden besten Schüler pro Grundschulklasse,
die die Möglichkeit hatten, das Abitur zu erwerben.
Damit mich keiner falsch versteht - ich wünsche mir dieses Schulsystem nicht unbedingt zurück.
Zu meiner EOS-Zeit (1965-1969) gab es pro Jahrgang fünf Klassen, ca. 125 Schüler insgesamt.
Unsere Schule bot neben dem obligaten Russisch auch Englisch, Französisch, Latein und Griechisch.
Diese Vielfalt war eher selten.
Die strenge Auswahl nach Leistung (aber leider auch nach "sozialer Herkunft") damals brachte
eine ganz geringe Abbrecher-Quote mit sich.
Wenn ich mich recht erinnere, haben nur zwei Schüler meines Jahrgangs die EOS vorzeitig verlassen
und nur ein oder zwei Mitschüler haben nach dem Abitur keinen Studienplatz erhalten.
Es tur mir heute weh, wenn ich sehe, wie viele nicht ausreichend begabte Kinder von ihrer Eltern
(in bester Absicht natürlich) auf ein Gymnasium verfrachtet werden.
TheLupus
12.11.2014, 08:47
Ja, so war es.
Meine Mutter durfte damals trotz bester Noten (2.Beste der Klasse) nicht auf die EOS, da die Eltern keine Arbeiter waren.
CarloBianco
12.11.2014, 10:01
Vielen Dank für die Einblicke in euer DDR-Leben :gut:
Hier die von mir erzählte Fluchtgeschichte in der Welt (http://www.welt.de/print-welt/article235108/Fluchthilfe-auf-der-Klassenfahrt.html). Es war doch schon Mitte der 80er und am Grenzübergang Wartha, das hatte ich falsch in Erinnerung. War damals acht und stolz eine der Fluchthelferinnen zu kennen.
uhrenfan_rolex
09.11.2017, 20:28
1989 war ich noch Teenager, habe aber schon kapiert, um was es ging.
Meine Großeltern mütterlicherseits sind kurz vor dem Mauerbau geflohen. Meine Frau kommt zufälligerweise aus einer Stadt ca. 10 km entfernt von der Geburtsstadt meiner Mutter, ist also in der DDR aufgewachsen. Ohne Mauerfall hätten wir uns nie kennengelernt.
ernst.fall
09.11.2017, 21:16
Ich bin Anfang 1986 ausgereist. Da war ich etwas über 22.
Meine Eltern und Geschwister durften keinen Kontakt mehr zu mir haben. Telefon hatten sie eh nicht.
Haben uns trotzdem über total wilde Umwege noch einmal im Frühjahr 1988 in Prag getroffen.
Meine Mutter war damals schon schwer krank. Sie starb Ende 88. Ich konnte sie nicht mehr sehen.
Mein Vater hat ein Visum zur Einreise zwecks der Beerdigung für mich beantragt und es wurde dann auch mit Hilfe der ständigen Vertretung genehmigt. Bin dann bei der versuchten Einreise 3 Stunden durchsucht worden. Die Einreise wurde mir verweigert.
Ich hatte damals komplett mit dem Osten abgeschlossen. Während meines Zivildienstes 1989 hatten mich Freunde über die Maueröffnung informiert.
Mein Vater musste trotzdem Weihnachten 1989 noch ein Einreisevisum für mich beantragen.
Und das Bundesamt für Zivildienst musste auch noch zustimmen.
Meine Herren..........am Ende war es doch schön.
Und überfällig schon lange.
HolderFloh
09.11.2017, 21:35
Danke für Deine Geschichte.
Ein Grund mehr zur Freude. :gut:
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