Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Schuldfrage bei KFZ-Unfall mit Personenschaden.
klazomane
24.09.2015, 10:16
Aus gegebenem Anlass habe ich eine Frage an die Juristen im Forum.
Eine meiner Angestellten hatte heute morgen einen Unfall mit ihrem KFZ. Sie fuhr aus ihrer Ausfahrt heraus und blieb, wegen einer roten Ampel neben ihrer Ausfahrt,mit dem Vorderwagen halb den Bürgersteig blockierend, stehen.
Nach einigen Sekunden fuhr ihr ein 8-10 jähriger Junge auf seinem Fahrrad von rechts kommend, seitlich in ihr KFZ, machte einen "Abflug" über die Motorhaube und zog sich vordergründig nur kleinste Versetzungen zu(Schürfwunden)+ Schäden an vorderem, seitlichen Stoßfänger und Motorhaube. Sofort kam seine Mutter angeeilt und entschuldigte sich für ihren Sohn und gestand sogar seine Schuld ein(keine Zeugen!). Die Polizei wollte die Mutter nicht rufen und meinte, sie würde den Schaden ihrer Versicherung melden.
Somit begab sich meine Angestellte, nach Austausch der Personalien, zur Arbeit und meldete den Schaden noch ihrer Versicherung.
Die Mitarbeiterung der Versicherung meinte dann zu meiner Angestellten, dass, wenn der Junge unter 10 Jahren alt wäre, auf jeden Fall sie Schuld am Unfall hätte, auch, wenn ihr Wagen stand... 8o
Was sagt ihr dazu???
Wurstwasser
24.09.2015, 10:23
http://dejure.org/gesetze/BGB/828.html
cardealer
24.09.2015, 10:36
Wer hat jetzt was welcher Versicherung gemeldet:ka: für mich liest es sich so als haben beide ihre Versicherungen angerufen?
828 BGB sagt eigentlich alles - ich weiß aber nicht, ob es Versicherungen gibt, die den Schaden trotzdem übernehmen.
Alternativ über die Aufsichtspflicht der Eltern (in diesem Fall dann der Mutter) an die Sache herangehen.
-> http://dejure.org/gesetze/BGB/832.html
21prozent
24.09.2015, 10:46
[...]
Alternativ über die Aufsichtspflicht der Eltern (in diesem Fall dann der Mutter) an die Sache herangehen.
[...]
Habe ich was überlesen oder stand die Dame tatsächlich mit ihrem PKW auf dem Gehweg? :grb:
cardealer
24.09.2015, 10:52
Habe ich was überlesen oder stand die Dame tatsächlich mit ihrem PKW auf dem Gehweg? :grb:
hat man erstaunlicherweise öfter das man um aus seiner Ausfahrt zu kommen über den Gehweg muss und den ggf. bei Verkehr kurzeitig mit dem Vorderwagen blockiert.....:ka:
21prozent
24.09.2015, 10:57
Was mich bei der Aussage stutzig macht ist...
[...]Nach einigen Sekunden fuhr ihr ein 8-10 jähriger Junge [...]
Wir waren nicht dabei :ka: "Einige Sekunden" ist allerdings ein dehnbarer Begriff! 2 Sekunden, 5 Sekunden, 10 Sekunden...;)
Aber egal, das wird hier sowieso sonst wieder ein Auto vs. Kind Thread - und erfahrungsgemäss hat das Kind hier in der Argumentation eher schlechte Karten :grb:
klazomane
24.09.2015, 11:00
Wer hat jetzt was welcher Versicherung gemeldet:ka: für mich liest es sich so als haben beide ihre Versicherungen angerufen?
Richtig, beide haben ihrer Versicherung Bescheid gegeben.
klazomane
24.09.2015, 11:02
Was mich bei der Aussage stutzig macht ist...
Wir waren nicht dabei :ka: "Einige Sekunden" ist allerdings ein dehnbarer Begriff! 2 Sekunden, 5 Sekunden, 10 Sekunden...;)
Aber egal, das wird hier sowieso sonst wieder ein Auto vs. Kind Thread - und erfahrungsgemäss hat das Kind hier in der Argumentation eher schlechte Karten :grb:
Habe nochmal nachgefragt; sie sagt, sie stand mindestens eine Minute(wegen der roten Ampel).
klazomane
24.09.2015, 11:03
Habe ich was überlesen oder stand die Dame tatsächlich mit ihrem PKW auf dem Gehweg? :grb:
Sie stand wohl nur leicht(ca. zu einem Viertel) auf dem Gehweg. Anders sei die Straße, wegen eine Mauer nicht einsehrbar.
Ich glaube Du wirst hier, auch nicht von einem Anwalt, keine abschliessende und zuverlässige Antwort erhalten.
Was ich aber mit Sicherheit sagen kann ist, dass Deine Angestellte froh sein kann, dass dem Jungen nichts gravierendes passiert ist. Weiter hat man als Kraftfahrer immer das Betriebsrisiko zu tragen, auch wenn das Fahrzeug steht.
Ich frage mich, warum Sie sich Gedanken darüber macht ob Sie schuld ist oder nicht? Dem Jungen ist ja nichts passiert und eine Strafanzeige etc. folgt aller Voraussicht nicht. Soll doch ihre Versicherungen den Fall übernehmen, genau für solche Fälle gibt es ja Versicherungen.
klazomane
24.09.2015, 11:23
Ich glaube Du wirst hier, auch nicht von einem Anwalt, keine abschliessende und zuverlässige Antwort erhalten.
Was ich aber mit Sicherheit sagen kann ist, dass Deine Angestellte froh sein kann, dass dem Jungen nichts gravierendes passiert ist. Weiter hat man als Kraftfahrer immer das Betriebsrisiko zu tragen, auch wenn das Fahrzeug steht.
Ich frage mich, warum Sie sich Gedanken darüber macht ob Sie schuld ist oder nicht? Dem Jungen ist ja nichts passiert und eine Strafanzeige etc. folgt aller Voraussicht nicht. Soll doch ihre Versicherungen den Fall übernehmen, genau für solche Fälle gibt es ja Versicherungen.
Du hast sicher mit allem Recht. Dennoch wundert mich die Aussage der eigenen Versicherung, dass GERADE IN DIESEM BESCHRIEBENEN FALL die Schuld beim Fahrer läge. Bedeutet, wenn mein KFZ falsch geparkt ist(z.B. halb auf dem Gehweg), ein Kind dagegen fährt und sich das Genick bricht, habe ich es fahrlässig getötet??? :grb::ka:
Das würde mich jetzt auch interessieren.
Diese Situation ist nämlich auch mein täglich Brot. Ich muss zwingend auf den Gehweg fahren, da ich sonst weder Ampel noch Verkehr (wenn Grün) sehen kann. Unsere Ausfahrt führt ein Stück recht steil nach oben. Aufgrund der Eckmauer, sehen mich auch von oben kommende Fussgänger (am Berg) erst im letzten Moment. Da gab es schon unzählige äusserst knappe Situationen.
Grüsse Jan
Wurstwasser
24.09.2015, 11:47
Du hast sicher mit allem Recht. Dennoch wundert mich die Aussage der eigenen Versicherung, dass GERADE IN DIESEM BESCHRIEBENEN FALL die Schuld beim Fahrer läge. Bedeutet, wenn mein KFZ falsch geparkt ist(z.B. halb auf dem Gehweg), ein Kind dagegen fährt und sich das Genick bricht, habe ich es fahrlässig getötet??? :grb::ka:
Natürlich nicht. Du kannst aber den Schaden am Fahrzeug nicht geltend machen. Im dem Ausgangsfall ist auch nicht deine Mitarbeiterin schuld, sondern das Kind haftet nicht für den verursachten Schaden.
klazomane
24.09.2015, 11:56
D.h. auch die Haftpflicht der Eltern springt nicht ein(Stichwort: Aufsichtspflicht)?
Wurstwasser
24.09.2015, 12:00
Typsche Juristenantwort: Das kommt darauf an. Nur wenn ihnen eine Verletzung der Aufsichtspflicht vorgeworfen werden kann. Also immer einzelfallabhängig und hier kaum zutreffend zu beantworten.
Moonwalker
24.09.2015, 12:01
Warum meldet die Mutti nicht einfach den Schaden bei ihrer PHV, schildert dass ihr 10 jähriger Sohn aus Unvorsichtigkeit gegen ein stehendes Fahrzeug geprallt ist.
Im Normalfall geht sowas ohne Gutachter und Anwalt über die Bühne aber man kann auch ein juristisches Drama daraus machen.
crazy_joeblunt
24.09.2015, 12:13
Der PKW haftet aus der Gefährdungshaftung heraus und der Junge zählt zu den Nicht-Deliktsfährigen Personen im Straßenverkehr, wobei normalerweise die Nicht-Deliktsfähigkeit mit 7 Jahren aufhört, der Straßenverkehr als Ausnahme mit 10 Jahren.
Ein Gutachter würde prüfen, ob es dem Jungen zuzumuten war, im Beisein seiner Mutter den Gehweg mit dem Fahrrad zu benutzen, ist halt Fallabhängig.
Wenn die Mutter des Jungen Schadenersatzanspruche anmeldet, hat sie gute Chancen diese durchzusetzen.
Wenn die Mutter eine bessere Variante einer Privathaftpflichtversicherung besitzt, dann schließt diese auch Schäden durch Nicht-Deliktsfähige Kinder mit ein und Deine Mitarbeiterin bekommt ihren Schaden ersetzt, ggf. ist die Leistung gedeckelt.
Wenn nicht der Fall, dann die V-Kasko bemühen, ist ärgerlich, aber leider nicht zu ändern.
Vielleicht um die Perspektive bei der Betrachtung solcher Fälle zurecht zu rücken: Beim Auto greift die sogenannte Gefährdungshaftung. Das bedeutet, anders als bei anderen Schäden liegt die Haftungsbegründung nicht erst in dem schädigen Ereignis, sondern vorgelagert schon darin, eine "erlaubte" Gefahr zu "betreiben". Gleiches gilt neben dem Auto daher z.B. auch beim Halten von Haustieren.
Aus diesem Grund gibt es bei Verkehrsunfällen auch selten eine 100% Schuld auf einer Seite, sondern meist ein Mitverschulden allein deshalb, weil man selbst eben auch ein "gefährliches Fahrzeug" bewegt hat.
Greift nun wegen 828 BGB die Haftung des Kindes nicht durch, bleibt diese auf der Seite des Autofahrers/Fahrzeughalters.
Das mag nun unfair klingen, aber die Ausgangslage ist eben hier nicht "ich habe gar nichts gemacht", sondern "ich habe zu der Gefährdung beigetragen, weil ich ein Fahrzeug überhaupt nur bewege."
P.S. Jörn war schneller :dr:
Rolexplo
24.09.2015, 13:28
Das würde mich jetzt auch interessieren.
Diese Situation ist nämlich auch mein täglich Brot. Ich muss zwingend auf den Gehweg fahren, da ich sonst weder Ampel noch Verkehr (wenn Grün) sehen kann. Unsere Ausfahrt führt ein Stück recht steil nach oben. Aufgrund der Eckmauer, sehen mich auch von oben kommende Fussgänger (am Berg) erst im letzten Moment. Da gab es schon unzählige äusserst knappe Situationen.
Grüsse Jan
Kannst du keinen Spiegel anbringen um eine Gefährdung entgegen zu wirken.?
klazomane
24.09.2015, 14:03
So, neue Infos:
Der Junge war 12 Jahre alt. Die Mutter hat den Schaden schon ihrer HPV gemeldet und meiner Angestellten die Schadensnummer zukommen lassen.
Jetzt schauen wir mal, was die gegnerische Versicherung sagt...
Es scheint also bisher in vernünftigen Bahnen zu laufen.
Moonwalker
24.09.2015, 14:08
So soll es laufen und nicht wegen jedem Mist ein Fass aufmachen. Wenn Mutti keine Haftungseinwände hat dann läuft das durch.
Diese Hobbyjuristerei bringt nie was weil es in der Praxis meistens anders läuft...positiv wie negativ.
Warum meldet die Mutti nicht einfach den Schaden bei ihrer PHV, schildert dass ihr 10 jähriger Sohn aus Unvorsichtigkeit gegen ein stehendes Fahrzeug geprallt ist.
Im Normalfall geht sowas ohne Gutachter und Anwalt über die Bühne aber man kann auch ein juristisches Drama daraus machen.
Ist das dein Ernst? Hier in Österreich ginge ein Vorfall dieser Art niemals ohne Gutachten durch...
:grb:
Wieso ... ?
Dem Jungen ist anscheinend nichts passiert. Es handelt sich also lediglich um einen Sachschaden am Auto und evtl. am Velo des Jungen. So hoch kann dieser bei einem Unfall mit einem Kindervelo gar nicht sein, dass sich ein Gutachter lohnen würde.
Bei uns wird so gut wie jeder Schaden begutachtet.
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