Marci
28.07.2005, 16:49
mal was anderes wie porno und wahlen..................... ;)
der dandy........................
Wittkop-Ménardeau unterscheidet zwei englische Archetypen: Den gentleman, das Gegenstück zum französischen honnête homme, der sich vor allem durch moralische Werte definiere, und dem beau, der eine ritualisierte Ästhetik vertrat und eine Zeitlang mit den Macaroni ident war.
Später jedoch entwickelte sich der beau weiter, und während die Oberschicht zunehmend grellere Kleidung nach Macaroni-Vorbild akzeptierte, schlug die Avantgarde ins Gegenteil um und wurde zusehends schlichter. Dabei gibt es durchaus auch fließende Übergänge. Ein Grenzfall ist wohl Beau Nash, the king of Bath, der aus dem Seeort ein Modebad machte und die stilbestimmende Figur seiner Zeit war. Auch er distanzierte sich bereits von der auffälligen Extravaganz der Macaroni.
Sein Nachfolger als stilbildende Person des englischen Modelebens war Beau Brummel, der zwischen 1798 und 1814 die englische Mode dominierte und oft als erster echter Dandy genannt wird. Brummel "[komponierte] täglich jenes kunstvolle Portrait seiner selbst [...], das für ein paar Stunden in den Clubräumen der Stadt ausgestellt werden sollte", wie Philip Wharton schreibt, und stellt ihn damit sogar auf die Stufe eines Künstlers. Er war jedoch ein Künstler ausschließlich in eigener Sache, ging weder Beruf noch anderer Beschäftigung nach. Beerbohm bemerkt in diesem Zusammenhang, "... daß, solange die Zivilisation ihre Kinder noch nötigt, Kleider zu tragen, die gedankenlose Mehrheit das Dandytum niemals als eine Kunst anerkennt". Dies ist sicherlich nicht ganz wörtlich zu nehmen, die Architektur produziert ebenfalls nützliche Werke, die dennoch als Kunst anerkannt sind, aber er beschreibt den Kern der Unerhörtheit des Dandys: Sein Kleidungskult geht über das, was wichtig, notwendig und vernünftig ist, hinaus, und provoziert gerade durch die scheinbare Schlichtheit, die die Mühe, die auf die Kleidung verwendet wurde, erst auf den zweiten Blick erahnen läßt.
Beerbohm beschreibt Brummels "coming out" als Dandy im Zehnten Husarenregiment, in dem er als junger Mann einige Zeit diente, und dessen uniforme Röcke ihm unerträglich waren: "Eines Tages ritt er in der Parade in einem blaßblauen Waffenrock mit silbernen Epauletten. Der Oberst entschuldigte sich für das kleinliche System, welches ihn zu einer so schmerzlichen Pflicht nötige, und bat ihn, die Parade zu verlassen. Der Beau salutierte, trabte ins Quartier zurück und reichte noch am Nachmittag seinen Abschied ein. Fürderhin lebte er so frei, wie es sich für einen Stutzer von seiner Reife ziemt."
Laut Wittkop-Ménardeau begriff Brummel das Kostüm eher auf architektonische denn auf malerische Weise, denn er legte größeren Wert auf Tuchmaterial bester Qualität und den perfekten Sitz seiner Kleidung als auf oberflächliche Effekte. Schmuck erschien ihm vulgär, Accessoires verachtete er. Mitunter trug er sogar das bis dahin der Dienerschaft vorbehalten gewesene Gemsenleder, wenn es nur perfekt gefertigt war, denn "für Rang, um seiner selbst willen, hatte Mr. Brummel nichts übrig." (Beerbohm). Oft zitiertes Bespiel ist das seiner Handschuhe, die er sich stets von zwei verschiedenen Herstellern machen ließ, denn eine der Firmen konnte besonders gute Daumen fertigen. Seine drei Friseure waren auf Hinterkopf, Stirnlocken und Schläfen spezialisiert. Auch seine Reinlichkeit ist legendär, bis zu zwanzigmal pro Woche wechselte er das Hemd - ganz im Gegensatz zur Mehrheit der englischen Aristokratie, die nicht gerade für ihre Hygiene gerühmt werden konnte. Die moderne Form des Krawattenknotens ist ebenfalls auf ihn zurückzuführen.
George Bryan Brummel hatte die Theorie, daß das Wesen der Eleganz darin bestehe, nicht aufzufallen, sie äußere sich nur in Schnitt und Sitz - auch wenn ich bezweifeln möchte, daß Brummel wirklich nicht auffallen wollte, denn sicherlich ist er aufgefallen und auch vielfach kopiert worden. Seine Perfektion sicherte Brummel jedoch stets eine gewisse Exklusivität, denn ein solch qualitätsbetonter Kleidungsstil erforderte einiges an Mühe, Zeit und Geld und war nicht so einfach zu kultivieren wie die französischen Extravaganzen.
Auch Brummel findet einen Nachfolger. Seine Flucht aus England, zu der seine exorbitanten Spielschulden ihn zwangen, ließ die "Jugend des Britischen Hofes" zurück "wie Schafe ohne Hirten" (Beerbohm). Die vakante Stelle nimmt D‘Orsay ein, der Erste Prinz, der die Position des Stilavantgardisten besetzte. Danach sollten noch viele folgen, darunter auch der green man, Henry Cope of Brighton, der sich stets in grün kleidete und aussschließlich grünes Gemüse aß.
Doch keinem gelang es, einen ebenso nachhaltigen Einfluß auszuüben wie Beau Brummel. Sein Verdienst um die Mode erwies sich als außerordentlich langlebig. Nicht zu Unrecht gilt er als Vater der modernen Kleidung, sein Männerbild, streng, klar, einfach, gilt bis heute. In keiner noch so kurzen Phase konnte sich die Affektiertheit mehr durchsetzen, im Gegenteil: Die Richtung, in die die Entwicklung weist, ist die immer weiterführender Einfachheit und Reduktion. Alles, was danach kam, Kragen unterschiedlicher Stile, Hosen unterschiedlicher Länge, Hüte unterschiedlicher Höhe, blieben Details, Variationen einer einmal konstituierten Ästhetik.
4. Der ewige Dandy
Diese Beispiele zeigen vor allem eines: Die Avantgarde änderte sich, und dies ist ein ganz normaler Vorgang. Während noch 1770 der auffällige Macaroni-Stil als subversives Signal galt, so wurde zwanzig Jahre später genau sein Gegenteil, nämlich Einfachheit und Luxus im Detail zur Vorbildströmung. Denn sobald ein Stil erst hinreichend in der Masse aufgegangen ist, wird er von der trendsetzenden Minderheit abgelegt und sie sucht sich neue Merkmale der Abgrenzung von der Allgemeinheit. Die Mode beschreibt also eine Pendelbewegung aus Gegenbewegung, Akzeptanz und neuerlicher Gegenbewegung ins gegenteilige Extrem.
"Tatsächlich wird die englische Gesellschaft immer von einem Dandy beherrscht, und je absoluter sie beherrscht wird, je größer ist dieser Dandy. Denn das Dandytum, diese Blume äußerlicher Eleganz, ist das Ideal, dem zu entsprechen sie stets, auf ihre stümperhafte Art, bestrebt ist" schreibt wiederum Beerbohm, der diesen Mechanismus schon 1896 konstatierte: "Nur durch das unbedeutende Hinzufügen oder Weglassen, Modifizieren oder Ausweiten, von diesem oder jenem Dandy kreiert und von den übrigen kopiert, schreitet die Mode voran."
Der Dandy ist demnach weniger an einem bestimmten Stil oder einer bestimmten Epoche festzumachen, sondern eher eine Art öffentliches Amt, das der jeweils provozierende, witzigste, faszinierendste und bestgekleidetste Junggeselle Englands bekleidet, dem die zitierten Schafe freiwillig folgen.
;)
der dandy........................
Wittkop-Ménardeau unterscheidet zwei englische Archetypen: Den gentleman, das Gegenstück zum französischen honnête homme, der sich vor allem durch moralische Werte definiere, und dem beau, der eine ritualisierte Ästhetik vertrat und eine Zeitlang mit den Macaroni ident war.
Später jedoch entwickelte sich der beau weiter, und während die Oberschicht zunehmend grellere Kleidung nach Macaroni-Vorbild akzeptierte, schlug die Avantgarde ins Gegenteil um und wurde zusehends schlichter. Dabei gibt es durchaus auch fließende Übergänge. Ein Grenzfall ist wohl Beau Nash, the king of Bath, der aus dem Seeort ein Modebad machte und die stilbestimmende Figur seiner Zeit war. Auch er distanzierte sich bereits von der auffälligen Extravaganz der Macaroni.
Sein Nachfolger als stilbildende Person des englischen Modelebens war Beau Brummel, der zwischen 1798 und 1814 die englische Mode dominierte und oft als erster echter Dandy genannt wird. Brummel "[komponierte] täglich jenes kunstvolle Portrait seiner selbst [...], das für ein paar Stunden in den Clubräumen der Stadt ausgestellt werden sollte", wie Philip Wharton schreibt, und stellt ihn damit sogar auf die Stufe eines Künstlers. Er war jedoch ein Künstler ausschließlich in eigener Sache, ging weder Beruf noch anderer Beschäftigung nach. Beerbohm bemerkt in diesem Zusammenhang, "... daß, solange die Zivilisation ihre Kinder noch nötigt, Kleider zu tragen, die gedankenlose Mehrheit das Dandytum niemals als eine Kunst anerkennt". Dies ist sicherlich nicht ganz wörtlich zu nehmen, die Architektur produziert ebenfalls nützliche Werke, die dennoch als Kunst anerkannt sind, aber er beschreibt den Kern der Unerhörtheit des Dandys: Sein Kleidungskult geht über das, was wichtig, notwendig und vernünftig ist, hinaus, und provoziert gerade durch die scheinbare Schlichtheit, die die Mühe, die auf die Kleidung verwendet wurde, erst auf den zweiten Blick erahnen läßt.
Beerbohm beschreibt Brummels "coming out" als Dandy im Zehnten Husarenregiment, in dem er als junger Mann einige Zeit diente, und dessen uniforme Röcke ihm unerträglich waren: "Eines Tages ritt er in der Parade in einem blaßblauen Waffenrock mit silbernen Epauletten. Der Oberst entschuldigte sich für das kleinliche System, welches ihn zu einer so schmerzlichen Pflicht nötige, und bat ihn, die Parade zu verlassen. Der Beau salutierte, trabte ins Quartier zurück und reichte noch am Nachmittag seinen Abschied ein. Fürderhin lebte er so frei, wie es sich für einen Stutzer von seiner Reife ziemt."
Laut Wittkop-Ménardeau begriff Brummel das Kostüm eher auf architektonische denn auf malerische Weise, denn er legte größeren Wert auf Tuchmaterial bester Qualität und den perfekten Sitz seiner Kleidung als auf oberflächliche Effekte. Schmuck erschien ihm vulgär, Accessoires verachtete er. Mitunter trug er sogar das bis dahin der Dienerschaft vorbehalten gewesene Gemsenleder, wenn es nur perfekt gefertigt war, denn "für Rang, um seiner selbst willen, hatte Mr. Brummel nichts übrig." (Beerbohm). Oft zitiertes Bespiel ist das seiner Handschuhe, die er sich stets von zwei verschiedenen Herstellern machen ließ, denn eine der Firmen konnte besonders gute Daumen fertigen. Seine drei Friseure waren auf Hinterkopf, Stirnlocken und Schläfen spezialisiert. Auch seine Reinlichkeit ist legendär, bis zu zwanzigmal pro Woche wechselte er das Hemd - ganz im Gegensatz zur Mehrheit der englischen Aristokratie, die nicht gerade für ihre Hygiene gerühmt werden konnte. Die moderne Form des Krawattenknotens ist ebenfalls auf ihn zurückzuführen.
George Bryan Brummel hatte die Theorie, daß das Wesen der Eleganz darin bestehe, nicht aufzufallen, sie äußere sich nur in Schnitt und Sitz - auch wenn ich bezweifeln möchte, daß Brummel wirklich nicht auffallen wollte, denn sicherlich ist er aufgefallen und auch vielfach kopiert worden. Seine Perfektion sicherte Brummel jedoch stets eine gewisse Exklusivität, denn ein solch qualitätsbetonter Kleidungsstil erforderte einiges an Mühe, Zeit und Geld und war nicht so einfach zu kultivieren wie die französischen Extravaganzen.
Auch Brummel findet einen Nachfolger. Seine Flucht aus England, zu der seine exorbitanten Spielschulden ihn zwangen, ließ die "Jugend des Britischen Hofes" zurück "wie Schafe ohne Hirten" (Beerbohm). Die vakante Stelle nimmt D‘Orsay ein, der Erste Prinz, der die Position des Stilavantgardisten besetzte. Danach sollten noch viele folgen, darunter auch der green man, Henry Cope of Brighton, der sich stets in grün kleidete und aussschließlich grünes Gemüse aß.
Doch keinem gelang es, einen ebenso nachhaltigen Einfluß auszuüben wie Beau Brummel. Sein Verdienst um die Mode erwies sich als außerordentlich langlebig. Nicht zu Unrecht gilt er als Vater der modernen Kleidung, sein Männerbild, streng, klar, einfach, gilt bis heute. In keiner noch so kurzen Phase konnte sich die Affektiertheit mehr durchsetzen, im Gegenteil: Die Richtung, in die die Entwicklung weist, ist die immer weiterführender Einfachheit und Reduktion. Alles, was danach kam, Kragen unterschiedlicher Stile, Hosen unterschiedlicher Länge, Hüte unterschiedlicher Höhe, blieben Details, Variationen einer einmal konstituierten Ästhetik.
4. Der ewige Dandy
Diese Beispiele zeigen vor allem eines: Die Avantgarde änderte sich, und dies ist ein ganz normaler Vorgang. Während noch 1770 der auffällige Macaroni-Stil als subversives Signal galt, so wurde zwanzig Jahre später genau sein Gegenteil, nämlich Einfachheit und Luxus im Detail zur Vorbildströmung. Denn sobald ein Stil erst hinreichend in der Masse aufgegangen ist, wird er von der trendsetzenden Minderheit abgelegt und sie sucht sich neue Merkmale der Abgrenzung von der Allgemeinheit. Die Mode beschreibt also eine Pendelbewegung aus Gegenbewegung, Akzeptanz und neuerlicher Gegenbewegung ins gegenteilige Extrem.
"Tatsächlich wird die englische Gesellschaft immer von einem Dandy beherrscht, und je absoluter sie beherrscht wird, je größer ist dieser Dandy. Denn das Dandytum, diese Blume äußerlicher Eleganz, ist das Ideal, dem zu entsprechen sie stets, auf ihre stümperhafte Art, bestrebt ist" schreibt wiederum Beerbohm, der diesen Mechanismus schon 1896 konstatierte: "Nur durch das unbedeutende Hinzufügen oder Weglassen, Modifizieren oder Ausweiten, von diesem oder jenem Dandy kreiert und von den übrigen kopiert, schreitet die Mode voran."
Der Dandy ist demnach weniger an einem bestimmten Stil oder einer bestimmten Epoche festzumachen, sondern eher eine Art öffentliches Amt, das der jeweils provozierende, witzigste, faszinierendste und bestgekleidetste Junggeselle Englands bekleidet, dem die zitierten Schafe freiwillig folgen.
;)