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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : BGH kippt Paypal-Käuferschutz....



Newbie01
22.11.2017, 14:38
Zur Info


http://www.bild.de/ratgeber/leben-und-wissen-verbraucherportal/paypal/bgh-urteil-paypal-betahlsysteme-53940600.bild.html

DS-XELOR
22.11.2017, 15:39
Danke für die Info, auch wenn ich es noch nicht ganz verstanden habe.

Da bekommt eine GbR für ein "verlorenes" Handy in erster Instanz recht, obwohl nicht mal ein Einlieferungsbeleg für das Paket vorhanden ist, weil die Gefahr bei Privatkäufen schon mit dem Versand auf den Käufer übergeht ???? :grb:

Newbie01
22.11.2017, 15:46
Geht mir ähnlich: Ich habe es so verstanden, dass der Verkäufer immer noch den Käufer belangen kann, selbst wenn paypal das Geld schon zurück erstattet hat...

Und die Sache, die Du ansprichst, erscheint mir auch etwas rätselhaft. Ich meine das war doch mit dem Päckchen. Ich kann mir das nur so erklären, dass die GbR recht bekommt, weil das Handy "vereinbarungsgemäß mit einem unversicherten Päckchen" geschickt wurde. Also weiß der Käufer ja, worauf er sich einlässt, Päckchen kommen schon mal weg, also wusste der Käufer, worauf er sich einlässt (wer lässt sich bitte ein Handy nicht mit versichertem Paket schicken????) ..... Deswegen könnten die Richter ja so geurteilt haben....

Aber da wissen Profis, wie Nico sicher mehr und besser Bescheid.
Aber

Ingo.L
22.11.2017, 16:13
Das hätte ich wirklich gerne mal von einem Juristen erklärt. Warum ist jemand kein Unternehmer (Einzelperson oder GbR) nach § 14 BGB, der gewerblich Handys verkauft?

NicoH
22.11.2017, 16:20
Die ersten Urteile habe ich nicht gelesen, deswegen kann ich dazu nichts Gescheites sagen.

Das Urteil von heute ist aber sehr interessant: Es sagt, dass die Regeln von PayPal nicht über dem Gesetz stehen. Nach dem Gesetz hat der Verkäufer Anspruch auf das Geld, wenn er die Sache an den Käufer geliefert hat. Nach PayPal kann der Käufer immer sagen "Sache entspricht nicht der Beschreibung" und bekommt - praktisch ohne jede Prüfung - sein Geld zurück. Der BGH hat nun gesagt: Trotzdem kann der Verkäufer den Käufer verklagen und sein Geld einfordern, denn Vertrag ist Vertrag und PayPal kann die Rechte des Verkäufers nicht beschneiden.

Den PayPal-Käuferschutz, wie er heute besteht, wird es wohl weiterhin geben. Aber der Verkäufer wird dadurch nicht gehindert, sein Geld auf anderem Weg einzufordern. Und damit zurück zu den beiden Ausgangsfällen: Ein Gericht hatte gesagt, dass der Verkäufer nach PayPal-Rückbuchung trotzdem sein Geld erhalten kann, das andere Gericht hatte gesagt, dass der Verkäufer nach PayPal-Rückbuchung keine Rechte mehr hat. Unterschiedliche Meinungen, die der BGH klären wollte, um Rechtssicherheit für zukünftige Fälle zu schaffen.

Rolstaff
22.11.2017, 16:29
Die BGH-Entscheidung wundert mich ehrlich gesagt gar nicht.

Die Kernaussage ist richtig von Nico dargestellt: "Die Regeln von PayPal stehen NICHT über dem Gesetz." Warum auch sollte es anders sein...?

MacLeon
22.11.2017, 16:40
"Die Regeln von PayPal stehen NICHT über dem Gesetz." Warum auch sollte es anders sein...?

Ich habe das Urteil nicht studiert und kenne die Fallkonstellation hier nicht, daher ganz allgemein: es gibt abbedingbare und nicht abbedingbare Regeln in den Gesetzen. Man kann also in manchen Bereichen vom Gesetz abweichende Regelungen zwischen Vertragsparteien treffen.

noTh1ng
22.11.2017, 16:51
Etwas klarer zusammengefasst als bei der Blöd (äh, Bild), die natürlich nur Einzelfälle auflistet. Sollte als Quelle sowieso verboten werden.

http://www.zeit.de/news/2017-11/22/prozesse-bgh-nimmt-paypal-kaeuferschutz-unter-die-lupe-22050602

Chefcook
22.11.2017, 17:17
Danke Nico für die gute Zusammenfassung :gut:

Dass E-Commerce durch das Urteil weniger Kundenfreundlich wird, wie nun schon auf einigen Seiten gesehen wird, sehe ich nicht so. Schließlich ist der Käufer durch den Paypal-Schutz immer noch besser gestellt, denn anstatt den Verkäufer auf Nachbesserung / Rücknahme / Erstattung zu verklagen, muss dann der Verkäufer nach Rückbuchung durch Paypal auf Zahlung klagen. Wenn der Anspruch des Verkäufers berechtigt ist, ist dieser eben zu erfüllen. Ist er nicht berechtigt, hat der Käufer ja nichts zu befürchten.

Das Urteil finde ich gut und richtig. Ich kenne nicht nur einen Händler, die keine Ebay-Geschäfte mehr machen wollen, weil sie sich dem Risiko der ggf. quasi prüfungsfreien Rückbuchung bei Beschwerden der Kunden nicht mehr aussetzen wollen. Wer ein paar mal erlebt hat, dass der Käuferschutz dreist ausgenutzt wird, wird sich als Verkäufer zweimal überlegen, ob er sich das antut.

Alp
22.11.2017, 17:18
Und wer entscheidet über die Berechtigung?
Ich denke da gerade an den "Aschenbecher"...

Chefcook
22.11.2017, 17:20
Und wer entscheidet über die Berechtigung?
Ich denke da gerade an den "Aschenbecher"...

Na sicher nicht Paypal, solange wir einigermaßen rechtsstaatlichen Prinzipien folgen.

Alp
22.11.2017, 17:22
Na dann.....

ferryporsche356
22.11.2017, 19:35
Mir gefällts. :gut:

Jedes Urteil gegen den überbordenden, unverhältnismäßigen und im Endeffekt entmündigenden Verbraucherschutz ist ein gutes Urteil. :gut: Gut für die Restwürde des Verbrauchers. ;)

mac-knife
22.11.2017, 19:42
Die BGH-Entscheidung wundert mich ehrlich gesagt gar nicht.

Die Kernaussage ist richtig von Nico dargestellt: "Die Regeln von PayPal stehen NICHT über dem Gesetz." Warum auch sollte es anders sein...?

Die Kernaussage ist richtig: Nico hat Recht

Exige
22.11.2017, 20:56
Mir gefällts. :gut:

Jedes Urteil gegen den überbordenden, unverhältnismäßigen und im Endeffekt entmündigenden Verbraucherschutz ist ein gutes Urteil. :gut: Gut für die Restwürde des Verbrauchers. ;)

Im Verfahren VIII ZR 83/16 ging es nichtmal um einen Verbrauchsgüterkauf, sondern um einen Kauf eines Verbrauchers von einem Verbraucher. Im Übrigen stimme ich dir aber zu, der "Verbraucherschutz" nimmt manchmal überhand.

Nico hat es auf den Punkt gebracht. Und die Empfehlung, die hier bereits mehrfach zu lesen war, wurde anhand des Falles wieder bestätigt: als Verkäufer kein PayPal nutzen.

Fabian.
23.11.2017, 09:18
Mich wundert ein wenig was daran neu sein soll.
Das ist schon Seit Jahren Usus, dass in vielen Fällen ein Zahlungsanspruch besteht obwohl Paypal das anders entscheidet.

harleygraf
23.11.2017, 11:05
Mich wundert ein wenig was daran neu sein soll.
Das ist schon Seit Jahren Usus, dass in vielen Fällen ein Zahlungsanspruch besteht obwohl Paypal das anders entscheidet.

So sieht das aus.

NicoH
23.11.2017, 11:32
Naja, das Landgericht Saarbrücken hat das halt nicht so gesehen. Und dem Verkäufer, der nach PayPal-Rückbuchung sein Geld haben wollte, hat das Gericht gesagt, dass er keinen Anspruch hat.

Wenn das den Richtern in Saarbrücken so klar gewesen wäre wie Euch beiden, wäre das nicht zum BGH gegangen :D

harleygraf
23.11.2017, 11:37
Ich sollte zum BGH wechseln....:bgdev:

Ingo.L
23.11.2017, 11:46
Kann man jetzt noch eine weitere Instanz bemühen? Irgendwas EU mässiges ?

Und kann mir schon jemand sagen, warum die GbR nicht umternehmerisch tätig war ?

NicoH
23.11.2017, 11:51
Eine GbR muss ja nicht immer unternehmerisch tätig sein.

Erstens: Auch eine Lottotippgemeinschaft oder eine Fahrgemeinschaft zur Arbeit sind GbR. Wenn die Fahrgemeinschaft-GbR tanken geht, ist das dann nicht automatisch unternehmerisches Handeln.

Zweitens: Es kommt auf den Zweck des Geschäfts an. Wenn ein Unternehmer (etwa ein Einzelhändler für Elektrogeräte) für sich in seiner Privatwohnung einen Teppich kauft, dann ist er zwar immer noch Unternehmer, handelt aber nicht als solcher, sondern als Privatmann. Gibt es dann aber Streit über den Teppich oder dessen Bezahlung, dann wird er in der Klage als "Kaufmann" bezeichnet, weil da immer irgendein Beruf angegeben wird. Der Kauf war aber als "Verbraucher".

Ingo.L
23.11.2017, 12:09
D.h also in diesem Fall müsste die GbR ein Handy aus dem privaten Fundus verkauft haben und ansonsten nicht mit Handys handeln oder auf eBay unternehmerisch tätig sein und das auch für den Käufer deutlich kenntlich machen? Oder kann man das im Nachhinein behaupten?

NicoH
23.11.2017, 12:17
Ja, so stelle ich mir das auch vor... Und die Frage, ob das unternehmerisches Handeln war oder nicht, kann auf jeden Fall gerichtlich überprüft werden.

Ingo.L
23.11.2017, 12:27
In dem Fall ja wohl nicht. Mich würde jetzt nur interessieren wie diese Konstellation zu Stande kam

NicoH
23.11.2017, 12:54
Du siehst daran aber: Die Entscheidung des BGH wird keine große praktische Bedeutung haben. Die meisten Geschäfte im Internet laufen B2C, und da hat der Käufer ohne ein Widerrufsrecht. Das hier ist allenfalls für den kleinen Bereich C2C interessant.

Fabian.
23.11.2017, 13:12
Danke für die Aufklärung Nico.
Das Urteil des LG Saarbrücken war mir in der Tat nicht bekannt und ich habe es auch vorher nicht gelesen.
Nach dem jetzigen Lesen wundere ich mich doch sehr über das Urteil aus Saarbrücken.

Im Prinzip hat der BGH nun "nur" klargestellt, dass weiterhin ein Zahlungsanspruch nach BGB besteht.