Bullit
19.12.2019, 20:12
Ein Warnhinweis vorneweg: Ich stehe ja immer in der ersten Reihe wenn es darum geht sich über Beiträge aufzuregen, bei denen es eigentlich nur noch um den monetären Aspekt des Uhrenhobbys geht. Insofern ist dieser Beitrag schizophren, denn es geht primär um: Geld.
Ich vertrete seit jeher die These, dass der Mensch bestimmten Gütern oder Dienstleistungen in dem Moment einen Preis zuordnet, in dem er diesen zum ersten Mal bewusst wahrnimmt. Beispiel: Eine Kugel Eis kostet 30 Pfennig (Kiel-Gaarden, 1975). Natürlich ist einem bewusst, dass es so etwas wie den Lauf der Welt gibt und dass dieser auch so etwas wie eine Inflationsrate beinhaltet. Ändert aber nix daran, dass man diesen Preis vom Moment des Erstkontakts nicht mehr aus dem Kopf bekommt.
Dabei ist unerheblich, ob man selbst gekauft oder lediglich durch ein Medium den Wert vermittelt bekommen hat. Somit hat man also auch Vorstellungen über Preise von Gütern, die man zum Zeitpunkt des Erstkontakts selbst noch gar nicht erwerben konnte (zum einen wegen zu wenig Fett auf der Kette, zum anderen wegen altersbedingt noch nicht gegebener Geschäftsfähigkeit). Beispiele: Die hervorragenden Produkte der Spitzentrumpf-Reihe vermittelten schon früh ein Gefühl für das Preisgefüge am Automobilmarkt (Ford Granada Turnier, 18.000 DM, 1978). Oder das während des Dorffests mitgehörte Gespräch des Bürgermeisters mit dem Vorsitzenden der freiwilligen Feuerwehr, aus dem eine erste Orientierung bzgl. des Immobilienmarkts erwuchs (großes, neues Haus mit großem Grundstück, 250.000 DM, schleswig-holsteinisches Dorf, 1982).
Szenenwechsel, München, 2019: Auf dem Weg zum Bäcker passiere ich eine Großbaustelle. Das ehemalige Paulaner-Brauereigelände wird mit Wohnungen bebaut, in Kürze kann man hier ein großzügiges 39 qm-Appartement für 560.000 Euro erwerben. Gelebter Dadaismus in der Nachbarschaft, mir wird ein wenig schwindlig.
Bleibt die Flucht ins Private, da wird die Welt ja wohl noch in Ordnung sein. Ich habe ja ein schönes Hobby, mechanische Armbanduhren, und da speziell die Marke Rolex, mit der ich mich erstmals im Jahr 2007 ernsthaft beschäftigt habe. Diese Jahreszahl ist also mein Ankerpunkt bzgl. Preisgefüge. Seinerzeit stellten die 5-stelligen Referenzen die aktuelle Produktpalette dar, eine Sea-Dweller kostete beim Grauen 3.900 Euro und eine nackte 14060 war auch schon mal für unter 3 K zu bekommen. Die Vintage-Gemeinde gab es auch schon, sie dealte fröhlich ihre 5513er und 1675er für 4 bis 7 K durch die Gegend, Handaufzug-Daytonas kratzten zuweilen an der 20.000 Euro-Marke. Einmal im Jahr kam dann irgendein Holländer in Armee-Jacke um die Ecke und hielt irgendwas mit einer 65 am Beginn der Referenznummer in die Kamera, woraufhin Preise in der Range bis 50 K genannt wurden.
Und jetzt? Profane aktuelle Modelle sind nur mit groteskem Aufschlag zu bekommen. Selbst eine 10 Jahre alte GMT wird behandelt wie eine Vase aus der Ming-Dynastie. Der eine Teil des Vintage-Markts ist zu einem schmuddeligen Bahnhofsviertel verkommen, überteuerte C-Ware oder verbastelt oder teilgefälscht oder alles zusammen. Der andere Teil orientiert sich an Münchner Appartement-Preisen.
Macht das noch Spaß? Will ich da noch mitspielen? Nein, es reicht. Deshalb, liebe Marke Rolex:
Mit dir bin ich fer…äh…öhm…
Nanu, was ist das denn?
Das sieht ja mal interessant aus…
Noch nie gesehen, mal googeln. Soso, aha.
Na, wenn die 1019 Cern Dial die Uhr für den Kernphysiker von Welt war, dann lässt dieses Zifferblatt wohl auf die Professional für den ambitionierten Profikiller schließen.
Soll kosten? Oh, eine Auktion, hm, könnte man ja einfach mal probieren. Oder noch besser: Ich ruf mal den Papst an, der hat Ahnung und ist doch bestimmt vor Ort…
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Rolex 1008 Zephyr Stahl. Ich kann mich dunkel erinnern diese Referenz irgendwann vor vielen Jahren mal kurz wahrgenommen zu haben. Dass sie keinen bleibenden Eindruck hinterließ ist einfach erklärt: Googelt man nach Rolex 1008 Zephyr entfaltet sich sogleich ein Gruselkabinett stahl-goldener Scheußlichkeiten. Dass es da eine ultra-coole Stahlausführung gibt, wer soll denn da drauf kommen? Wobei, vielleicht gab es die ja auch gar nicht und irgendein stilsicherer Mensch hat einfach eine glatte Lünette montieren lassen? Egal, ich freue mich riesig über diesen Neuzugang.
Schmankerl am Rande: Das Werk kann eine Reinigung vertragen. :jump::jump::jump:
Nochmal ein Riesen-Dankeschön für die Unterstützung, Michi! :dr::dr::dr:
Ach ja, mit Rolex bin ich natürlich endgültig fertig und Bilder bei ordentlichem Licht gibt es morgen.
Gruß
Erik
Ich vertrete seit jeher die These, dass der Mensch bestimmten Gütern oder Dienstleistungen in dem Moment einen Preis zuordnet, in dem er diesen zum ersten Mal bewusst wahrnimmt. Beispiel: Eine Kugel Eis kostet 30 Pfennig (Kiel-Gaarden, 1975). Natürlich ist einem bewusst, dass es so etwas wie den Lauf der Welt gibt und dass dieser auch so etwas wie eine Inflationsrate beinhaltet. Ändert aber nix daran, dass man diesen Preis vom Moment des Erstkontakts nicht mehr aus dem Kopf bekommt.
Dabei ist unerheblich, ob man selbst gekauft oder lediglich durch ein Medium den Wert vermittelt bekommen hat. Somit hat man also auch Vorstellungen über Preise von Gütern, die man zum Zeitpunkt des Erstkontakts selbst noch gar nicht erwerben konnte (zum einen wegen zu wenig Fett auf der Kette, zum anderen wegen altersbedingt noch nicht gegebener Geschäftsfähigkeit). Beispiele: Die hervorragenden Produkte der Spitzentrumpf-Reihe vermittelten schon früh ein Gefühl für das Preisgefüge am Automobilmarkt (Ford Granada Turnier, 18.000 DM, 1978). Oder das während des Dorffests mitgehörte Gespräch des Bürgermeisters mit dem Vorsitzenden der freiwilligen Feuerwehr, aus dem eine erste Orientierung bzgl. des Immobilienmarkts erwuchs (großes, neues Haus mit großem Grundstück, 250.000 DM, schleswig-holsteinisches Dorf, 1982).
Szenenwechsel, München, 2019: Auf dem Weg zum Bäcker passiere ich eine Großbaustelle. Das ehemalige Paulaner-Brauereigelände wird mit Wohnungen bebaut, in Kürze kann man hier ein großzügiges 39 qm-Appartement für 560.000 Euro erwerben. Gelebter Dadaismus in der Nachbarschaft, mir wird ein wenig schwindlig.
Bleibt die Flucht ins Private, da wird die Welt ja wohl noch in Ordnung sein. Ich habe ja ein schönes Hobby, mechanische Armbanduhren, und da speziell die Marke Rolex, mit der ich mich erstmals im Jahr 2007 ernsthaft beschäftigt habe. Diese Jahreszahl ist also mein Ankerpunkt bzgl. Preisgefüge. Seinerzeit stellten die 5-stelligen Referenzen die aktuelle Produktpalette dar, eine Sea-Dweller kostete beim Grauen 3.900 Euro und eine nackte 14060 war auch schon mal für unter 3 K zu bekommen. Die Vintage-Gemeinde gab es auch schon, sie dealte fröhlich ihre 5513er und 1675er für 4 bis 7 K durch die Gegend, Handaufzug-Daytonas kratzten zuweilen an der 20.000 Euro-Marke. Einmal im Jahr kam dann irgendein Holländer in Armee-Jacke um die Ecke und hielt irgendwas mit einer 65 am Beginn der Referenznummer in die Kamera, woraufhin Preise in der Range bis 50 K genannt wurden.
Und jetzt? Profane aktuelle Modelle sind nur mit groteskem Aufschlag zu bekommen. Selbst eine 10 Jahre alte GMT wird behandelt wie eine Vase aus der Ming-Dynastie. Der eine Teil des Vintage-Markts ist zu einem schmuddeligen Bahnhofsviertel verkommen, überteuerte C-Ware oder verbastelt oder teilgefälscht oder alles zusammen. Der andere Teil orientiert sich an Münchner Appartement-Preisen.
Macht das noch Spaß? Will ich da noch mitspielen? Nein, es reicht. Deshalb, liebe Marke Rolex:
Mit dir bin ich fer…äh…öhm…
Nanu, was ist das denn?
Das sieht ja mal interessant aus…
Noch nie gesehen, mal googeln. Soso, aha.
Na, wenn die 1019 Cern Dial die Uhr für den Kernphysiker von Welt war, dann lässt dieses Zifferblatt wohl auf die Professional für den ambitionierten Profikiller schließen.
Soll kosten? Oh, eine Auktion, hm, könnte man ja einfach mal probieren. Oder noch besser: Ich ruf mal den Papst an, der hat Ahnung und ist doch bestimmt vor Ort…
229331
229332
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Rolex 1008 Zephyr Stahl. Ich kann mich dunkel erinnern diese Referenz irgendwann vor vielen Jahren mal kurz wahrgenommen zu haben. Dass sie keinen bleibenden Eindruck hinterließ ist einfach erklärt: Googelt man nach Rolex 1008 Zephyr entfaltet sich sogleich ein Gruselkabinett stahl-goldener Scheußlichkeiten. Dass es da eine ultra-coole Stahlausführung gibt, wer soll denn da drauf kommen? Wobei, vielleicht gab es die ja auch gar nicht und irgendein stilsicherer Mensch hat einfach eine glatte Lünette montieren lassen? Egal, ich freue mich riesig über diesen Neuzugang.
Schmankerl am Rande: Das Werk kann eine Reinigung vertragen. :jump::jump::jump:
Nochmal ein Riesen-Dankeschön für die Unterstützung, Michi! :dr::dr::dr:
Ach ja, mit Rolex bin ich natürlich endgültig fertig und Bilder bei ordentlichem Licht gibt es morgen.
Gruß
Erik