Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Gedächtnislegierung
OrangeHand
15.11.2005, 12:15
Frage an die Fachleute( entschuldigung, wenn dieses Thema langweilig erscheint, aber Technik begeistert mich eben):
Die Firma Montres Rolex SA ist Inhaberin eines Patentes über Stifte zur Verbindung der Glieder eines Armbands, wobei diese Stifte aus einer sogenannten Gedächtnislegierung bestehen. Diese Stifte wurden ursprünglich von Gay Frères erfunden, aber diese Firma wurde 1998 von Rolex geschluckt, pardon "eingegliedert".
Weiss möglicherweise jemand, ob solche Stifte in aktuellen Modellen Verwendung finden?
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Patent Nummer ist: EP 0 870 117 B1
Wortlaut (Anspruch):
Method for fixing two elements together, in particular links of a metal wristwatch strap, according to which a metal pin made of a moulding memory alloy with large hysteresis - programmed such that it turns from the martensitic structure to the austenitic structure in a first temperature range which is situated above the service temperature of the elements and whereby its thickness increases, and such that it turns back from the austenitic structure to the martensitic structure in a second temperature range which is situated under the above-mentioned service temperature - is clamped in the martensitic structure in at least one either or not blind hole in at least one of the elements to be linked; the pin is subsequently heated to a temperature higher than the first temperature range, such that the thickness of the pin is increased, whereby the clamping force of the pin in the hole becomes very large; and the pin is finally cooled down to service temperature, characterized in that a pin with a martensitic structure is put in at least one hole having a thickness which is slightly larger than the width of the hole.
THX_Ultra
15.11.2005, 12:18
Nennt man das nicht Bimetall?
http://de.wikipedia.org/wiki/Bimetall
Viele Thermoschalter funktionieren ja so.
Original von OrangeHand
Die Firma Montres Rolex SA
...heißt schon lange: Rolex S.A. ;)
OrangeHand
15.11.2005, 12:26
Gedächtnislegierungen sind KEINE Bimetalle. Bimetalle bestehen aus 2 verschiedenen Metallen. Eine Gedächtnislegierung ist durchgehend aus einem Material, bei welchem sich bei Temperaturänderung die innere Struktur ändert (z.B. von Mertensit zu Austenit), was mit einer Formänderung einhergeht.
Diese Formänderung wird bei den Stiften ausgnutzt: Heisse Temperatur --> dünner Stift (z.B. bei Montage/Reparatur); Raumtemperatur --> dicker Stift, welcher press-fest in den Bohrungen der Glieder sitzt.
Gib mal "Memory Metall" in Google ein. Da gibts einiges, auch wissenschaftliches.
Ich hab da mal was im TV gesehen, die haben ein Metall verbogen und unter Waermeeinwirkung hat es sich wieder in seine urspruengliche Form zurueckgebogen.
Sorry fuer die ue, ae und oe aber nicht alle Laender haben deutsche Tastaturen...
Gruss
Frank
Kiki Lamour
15.11.2005, 21:31
in welchem land bist du denn gerade frank?
Perpetual
15.11.2005, 21:32
Original von THX_Ultra
Nennt man das nicht Bimetall?
http://de.wikipedia.org/wiki/Bimetall
Viele Thermoschalter funktionieren ja so.
Bi-Metalle sind zwei gleich lange, aber aus verschiedenen Metallen aufeinander genietete Streifen.
Diese Metallstreifen besitzen unterschiedliche Wärmeausdehnungskoeffizienten, das bedeutet, ihre Längenänderung verläuft beim Erwärmen und Abkühlen nicht proportional.
Beim Erwärmen eines Bi-Metalles um den gleichen Temperaturfaktor längt sich also eines der Metalle deutlich mehr als das andere und erzeugt zunächst eine starke Scherspannung auf die Nieten.
Da die Nieten nicht nachgeben (sich nicht abscheren lassen), muss das sich stärker längende Metall eine Bogen beschreiben, um weiter an Dehnung zunehmen zu können.
Beim Abkühlen auf Raumtemperatur vollzieht sich dann dieser Prozess umgekehrt, bis schließlich wieder der Ausgangspunkt erreicht wird.
THX_Ultra
15.11.2005, 21:41
Das steht doch eh alles in dem Link...
Aber ich hab mich ja geirrt, es geht ja nicht um Bi-metalle.
Perpetual
15.11.2005, 21:53
Original von THX_Ultra
Das steht doch eh alles in dem Link...
Aber ich hab mich ja geirrt, es geht ja nicht um Bi-metalle.
Ok, Michael, jetzt aber... ;)
dieses Verhalten ist typisch für die Gruppe der Shape Memory Metalle. Sie haben ein Erinnerungsvermögen und beziehen ihre Kraft zur Formveränderung direkt aus der Wärmezufuhr. Sie vollbringen es also, mechanische Kraft direkt aus Wärme zu erzeugen. Der Effekt basiert auf dem Umklappen des Kristallgitters etwa vom flächenzentriert hexagonalem Gefüge zu einer kubischen Anordnung. Diese Änderung kann entweder durch Temperatureinfluss, oder aber durch mechanischen Einfluss erfolgen. In der Praxis sieht das z.B. bei Ni-Ti folgendermaßen aus: Das Material hat z.B. bei Zimmertemperatur die Form einer Spirale.In diesem Temperaturbereich ist es stark federnd und hat eine Dehnbarkeit bis zu 9% (!). Die entspricht dem doppelten Wert eines guten Federstahls! Kühlt man nun das Metall bis auf etwa 20° Minus ab, verändert sich die Eigenschaft vollkommen. Das zuvor quicklebendig federnde Metasll ist nun weich und ohne jegliche Stabilität. Seine Festigkeit reicht noch nicht einmal aus, um die eigene Form zu bewahren, es benimmt sich wie der sprichwörtliche nasse Lappen. Sobald die Temperatur wieder ansteigt. "erinnert" sich das Metall an seine zuvorige Form und will diese mit aller Vehemenz wieder einnehmen. Dabei entwickelt es geradezu unglaubliche Kräfte. Sobald sich das Metall in ungefesseltem, freihen Zusand befindet, federt es exact in seine ursprüngliche Form zurück. Diese Eigenschaft kann man sich zunutze machen, etwa für starke Federn in engen Gehäusen. Man legt sie kalt ein und sobald sie sich erwärmen, ebtwickelt sich die volle Federkraft.
Einen umgekehrten Effekt beobachtet man beim Biegen des Werkstoffes. Unter mühe, weil stark federndes Material, entwickelt unter Zuführung von Wärme geradezu titanische Energie, um sich aus seiner Zwangshaltung zu befreien. Wird die Energie in der Zwangshaltung trotzdem noch erhöht, bricht der Wiederstand oberhalb 500°C schlagartig zusammen und das Material nimmt nun die neue Form ein. An diese Form wird es sich bei Temperaturänderungen immer wieder erinnern.
Es ist durchaus möglich, Shape Memory- Werkstoffen auch zwei oder mehrere Formen anzutrainieren, So kann z.B. aus der oben besprochenen, eng gewickelten Spirale als zweite Zustandsform, eine länger gewickelte Spirale antrainiert werden. Ändert sich nun die Temperatur, wird das Teil länger und umgekehrt. Diese Eigenschaft wird u.a. für miniaturisierte Antriebe verwendet. Ach in der satellitentechnik kommt sie zur Anwendung, etwa beim Aufklappen der Sonnensegel. Die Metallteile werden durch Strom erhitzt und so zur Bewegung gezwungen. Keine Mechanik, kein Motor, also auch weniger Ausfälle und weniger Gewicht.
Memorylegierungen gibt es im Edelmetallbereich, Bei den Eisenlegierungen, Kupferlegierungen und natürlich bei Titan. Die Titan- Memorymetalle sind die bekanntesten. Ursprünglich für das Militär entwickelt, wo dieser Werkstoff für bruchsichere Treibstoffleitungen sorgte,hat er weiteste Bereiche unseres Lebens erobert und ist auch uin der Medizin längst unverzichtbar. So bestehen z.B. die lebensrettenden Stents (Koronar- Prothetik)in den Herzkranzgefäßen aus 51% Nickel, 48% Titan, nebst einiger anderer Beimengungen. Der Stent wird unterkühlt auf ein Endoskop gesteckt in das Adernsystem eingeführt und an die Stelle seines Einsatzes transportiert. Dort angekommen, wird die Kühlung abgeschaltet und der Stent "erinnert" sich an seine zuvor antrainierte Form und bläht das verengte Blutgefäß auf, wodurch die Blutversorgung wieder gewährleistet ist.
Wer an einer Titanflex -Brille schon mal ein abgebrochenes Teil hatte, der kann ein Lied davon singen: Titan Shape Memory-Metalle sind nur sehr bedingt zu löten oder zu schweißen- Meist ist dies nicht möglich, der wohl größte Wermutstropfen an diesem faszinierenden Werkstoff.
Schalosch
15.11.2005, 21:59
Original von OrangeHand
...Mertensit...
Martensit ;)
MfG
Alex
R.O. Lex
15.11.2005, 23:21
Hört sich extrem interessant an, das nächste Auto für meine Frau bestelle ich aus dem Material.
Nach jedem Einparken einmal kurz mit dem Fön über den Kotflügel, und fertig ist die Laube.
:D :D :D
OrangeHand
16.11.2005, 09:18
Danke für die Komentare!
@ Schalosch: Das mit dem M(E)rtensit war ein Tiepfähler, sorry. :embarassed:
@ frank37: Mach es wie ich, und besorg Dir eine "schweizerische" Tastatur. Die hat ä, ö, ü, à, é, è, ê, ë, ò, ù, ï, õ direkt auf der Tastatur. Das einzige was fehlt ist das deutsche SZ, bzw. scharfe S. Ist halt immer Qualitätsarbeit, was aus der Schweiz kommt. Aber leider beinhaltet meine Tastatur kein mechanisches Werk, ist so'n digitales Teil! :D
@ Alle: Meine Frage war eigentlich, ob Rolex Verbindungsstifte aus einer solchen Formgedächtnislegierung tatsächlich verwendet bei den Armbändern aktueller Uhrenmodelle ? :rolleyes:
Schaut nicht nach Gedächtnislegierung, sondern nach Formgedächtnislegierung.
Wikipedia sagt:
"Formgedächtnis-Legierungen (FGL, engl. sma - shape memory alloy) werden oft auch als Memorymetalle bezeichnet. Dies rührt von dem Phänomen, dass sie sich an eine frühere Formgebung trotz nachfolgender starker Verformung scheinbar „erinnern“ können.
FGL können sehr große Kräfte ohne auffallende Ermüdung in mehreren 100.000 Bewegungszyklen übertragen. Sie bestechen durch ihr im Vergleich zu anderen Aktorwerkstoffen mit Abstand größtes spezifisches Arbeitsvermögen (Verhältnis von geleisteter Arbeit zu Werkstoffvolumen). Die Formwandlung basiert auf der temperaturabhängigen Gitterumwandlung zweier verschiedener Kristallstrukturen (allotrope Umwandlung) eines Werkstoffes. Es gibt die Austenit genannte Hochtemperaturphase und das Martensit (Niedertemperaturphase). Beide können durch Temperaturänderung in einander übergehen (Zweiwegeffekt). Die Strukturumwandlung ist unabhängig von der Geschwindigkeit der Temperaturänderung. Zur Einleitung der Phasenumwandlung sind die Parameter Temperatur und mechanische Spannung gleichwertig; d. h. die Umwandlung kann nicht nur thermisch, sondern auch spannungsinduziert herbeigeführt werden.
Ein bekannter Vertreter für diesen Strukturwandel ist u.a. Eisen bzw. Stahl. Allerdings besitzt Stahl kein Formgedächtnis, es muss daher noch eine andere Bedingung erfüllt sein. Formgedächtnis-Legierungen brauchen in jedem Kristallsystem eine Reihe gleichberechtigter Schersysteme, die sich aus der Raumsymmetrie der Elementarzelle ergeben. Sind alle Scherungen bei einer Umwandlung gleich verteilt, ist keine äußere Formänderung zu erkennen. Werden aber beispielsweise durch äußere Kräfte nur einige Schersysteme bevorzugt, werden Formänderungen beobachtet."
(Quelle:Wikipedia (http://de.wikipedia.org/wiki/Formged%C3%A4chtnis_Legierung))
@Miguel: gute Idee, aber lass das Deine Frau nicht lesen ;)
ehemaliges mitglied
16.11.2005, 21:03
Danke Perpetual, sehr interessante Materie.
Gruß,
István
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