Prof. Rolex
29.03.2023, 14:38
Liebe Rolex-Fans,
es ist schon sehr detailliert über die Neuheiten von Rolex berichtet worden und wie jedes Jahr wurde bereits intensiv und leidenschaftlich über das Für und Wider der Neuheiten diskutiert, dies zumeist jedoch aus „optischer“ Sicht. Der vorliegende Beitrag soll nun ergänzend den Fokus auf die technische Sicht legen und versuchen die technischen Neuerungen kurz zu erläutern.
Das neue Kaliber 4131 der Daytona
Das bisher in der Daytona verwendete Kaliber 4130 war eines der letzten Kaliber, welches noch über die alte KIF-Stoßsicherung und die klassische Ankerhemmung (trotz Parachrome-bleu Spirale) verfügte.
Das bisherige Kaliber 4130:
https://hosting.photobucket.com/images/v463/MatthiasRBO/4130.jpg
(Quelle: Rolex)
Es ist daher nur konsequent, das Daytona-Kaliber nun auch auf die in den meisten Kalibern bereits verwendete Chronergy-Hemmung mit Paraflex-Stoßsicherung umzustellen. Zusätzlich wird der Aufzugsmechanismus optimiert (z.B. durch ein neues Kugellager) und ein neuer Rotor verwendet.
Das neue Kaliber erhält daher die neue Bezeichung 4131:
https://hosting.photobucket.com/images/v463/MatthiasRBO/4131.jpg
(Quelle: Rolex)
Die übrigen Teile des Kalibers 4131 entsprechen aber dem bisherigen Kaliber 4130. Rolex erwähnt in der Pressenotiz zur neuen Daytona zwar auch: „Die Chronographenfunktion wird mit einer verringerten Anzahl von Komponenten realisiert, wodurch die Zuverlässigkeit dieses hochentwickelten Uhrwerks entsprechend verbessert wird“. Dieser Satz findet sich sinngemäß aber auch schon in der Pressemitteilung zur Einführung des Kalibers 4130 im Jahr 2000 und bezieht sich daher wohl nicht speziell auf einen Unterschied zwischen 4130 und 4131.
Bei einem Vergleich der obigen Bilder des 4130 und des 4131 sind keine sichtbaren Unterschiede im Stoppmechanismus zu erkennen, auch wenn die Kaliber unterschiedliche Schaltpositionen zeigen (Kaliber 4130: Schaltfinger in Schaltrad abgesenkt, Kaliber 4131: Schaltfinger angehoben oberhalb Schaltrad). Ich gehe daher davon aus, daß der Chrono-Mechanismus bei dem Kaliber 4131 nicht verändert wurde.
Die neue Lünette der Daytona 126500
Viel diskutiert wird zur Zeit die neue Lünette der Daytona 126500. Die erst 2016 mit der 116500 eingeführte sogenannte „Monoblock“-Lünette aus Keramik (Cerachrome) ist schon wieder Geschichte. Es ist durchaus denkbar, daß es für dieses für Rolex-Verhältnisse kurze „Intermezzo“ einen technischen Grund gibt. Sehen wir uns zunächst die Lünette der 116500 an:
https://hosting.photobucket.com/images/v463/MatthiasRBO/116500-side.jpg
(Quelle: Rolex)
Die Lünette besteht aus einem einzigen Keramikteil (daher „Monoblock“) und ist ohne sichtbaren Träger auf die Uhr aufgesetzt (vermutlich gepresst). Das Aufsetzen ist daher sehr diffizil, da schon ein sehr leichtes Verkanten die Gefahr des Bruches der Keramiklünette stark erhöht. Daher muss auch ein eventuell erforderlicher Ausbau sehr gleichmäßig über den gesamten Lünettenumfang erfolgen, um ein Verkanten zu vermeiden.
Desweiteren ist die äußere Lünettenkante ungeschützt eventuellen Stößen ausgesetzt. Keramik ist zwar sehr hart, aber durchaus empfindlich gegen radiale Stöße mit Spitzenwirkung.
Die obigen Gründe könnten Rolex bewogen haben die Konstruktion der Lünette bei der neuen 126500 zu ändern.
So sieht die neue Lünette nun in der Seitenansicht aus:
https://hosting.photobucket.com/images/v463/MatthiasRBO/126500-side-1.jpg
(Quelle: Rolex)
Die Lünette besteht aus einem massiven Edelstahlrahmen, der als Träger für eine Cerachrome-Zahlenscheibe dient.
Hier zwei weitere Ansichten:
https://hosting.photobucket.com/images/v463/MatthiasRBO/126500-side-2.jpg
(Quelle: Rolex)
https://hosting.photobucket.com/images/v463/MatthiasRBO/126500-bezel.jpg
(Quelle: Rolex)
Die Außenseite der Zahlenscheibe ist nun durch den Edelstahlrahmen vor radialen Stößen geschützt. Die Montage/Demontage der Lünette ist durch den Edelstahlrahmen ebenfalls wesentlich einfacher, da eventuelle Kräfte durch Verkanten nicht wie bei der Monoblock-Keramiklüntte direkt auf die Keramik wirken, sondern von dem Edelstahlrahmen aufgenommen werden.
Die Innenseite der Zahlenscheibe ist allerdings nicht vom Edelstahlrahmen geschützt, sondern grenzt direkt an das Saphirglas. Radiale Stöße sind hier allerdings im Gegensatz zur Aussenseite auch nicht zu erwarten.
Die Konstruktion der neuen Lünette der 126500 ist vergleichbar mit den Lünetten der GMT-Master:
https://hosting.photobucket.com/images/v463/MatthiasRBO/126710-side.jpg
(Quelle: Rolex)
Es wurde auch diskutiert, daß Rolex mit der neuen Lünette an die alte Daytona 6263 (oder auch 6240, 6241, 6264) erinnern möchte. Dies ist aber nur die „halbe“ Wahrheit, denn bei den alten Daytonas waren die Zahlenscheiben nicht nur einseitig, sondern beidseitig umrahmt:
https://hosting.photobucket.com/images/v463/MatthiasRBO/6240.jpg
(Quelle: Rolex)
Das neue Kaliber 9002 der Sky-Dweller
Wie das Kaliber 4130 der Daytona verfügte auch das bisher in der Sky-Dweller verwendete Kaliber 9001 noch über die klassische Ankerhemmung, auch wenn beim 9001 im Gegensatz zum 4130 bereits die Paraflex-Stoßsicherung verwendet wurde. Das 9002 verfügt nun ebenfalls über die Chronergy-Hemmung. Zusätzlich wird wie bereits beim 4131 der Aufzugsmechanismus optimiert (z.B. durch ein neues Kugellager) und ein neuer Rotor verwendet. Die übrigen Komponenten des 9001 werden beim 9002 unverändert übernommen.
Nachfolgend zum Vergleich noch je ein Bild von 9001 und 9002 (leider mit unterschiedlichen Rotorpositionen):
https://hosting.photobucket.com/images/v463/MatthiasRBO/9001.jpg
(Quelle: Rolex)
https://hosting.photobucket.com/images/v463/MatthiasRBO/9002.jpg
(Quelle: Rolex)
Die neue Yacht-Master 226627
Das für die neue Yacht-Master 226627 verwendete Titan Grade 5 (höchste Qualitätsstufe für Titan in einer speziellen Rolex-Legierung: Titan RLX) ist nicht erst seit der im letzten Jahr vorgestellten Deepsea Challenge 126067 bekannt. Bereits seit 2008 wurde bei der Deepsea 136660 für Teile des Bodendeckels bereits Titan Grade 5 verwendet. Erste Erfahrungen in der Fertigung von Titanteilen liegen bei Rolex also schon seit 2008 vor.
Allerdings ist es aufgrund der spezifischen Eigenschaften von Titan eine fertigungstechnische Herausforderung Titan nicht nur für einen Bodendeckel, sondern für ein komplettes Uhrengehäuse und -armband zu verwenden. So hat Titan beispielsweise einen viel geringeren Elastizitätsmodul als Edelstahl, wodurch die maschinelle Bearbeitung von Titan wesentlich schwieriger ist.
Zwar wurden seit Erscheinen des IWC Titan-Chronographen 1982 (die erste aus Titan gefertigte Armbanduhr überhaupt) auch massenweise billige Titanuhren produziert, diese waren aber aus geringerwertigem Titan (Grade 1 oder 2), welches sich leichter bearbeiten läßt und auch viel billiger ist als Titan Grade 5.
Rolex hat erst im Jahr 2022 die erste komplett aus Titan Grade 5 (Titan RLX) gefertigte Rolex vorgestellt (die für die Cameron Expedition zum Marianengraben speziell gefertigte DeepSea Challenge 2012 war noch aus Edelstahl): die DeepSea Challenge 126067. Die produzierten Stückzahlen sind aber wohl sehr gering, da es sich aufgrund der extremen Abmessungen eher um eine „Experimentaluhr“ handelt, auch wenn sie aufgrund der Verwendung von Titan 30% leichter als die Challenge von 2012 ist.
Offenbar waren die Erfahrungen bei der Fertigung der 126067 trotz der speziellen Herausforderungen der Titanverarbeitung sehr gut und Rolex wagt sich nun an etwas höhere Stückzahlen heran. Die neue Yacht-Master 226627 wird sicherlich auf höhere Stückzahlen als die „experimentelle“ 126067 kommen, aber hätte Rolex beispielsweise eine Submariner in Titan herausgebracht, so wären die zu fertigenden Stückzahlen vielleicht doch zu hoch gewesen.
Das Ende der Milgauss 116400
Auch das jetzt bestätigte Ende der Milgauss 116400 ist eine konsequente Entscheidung von Rolex aus technischer, aber auch aus wirtschaftlicher Sicht.
Die Besonderheit der Milgauss 116400 lag in dem Schutz des Uhrwerkes durch einen Faradayschen Käfig, der bekanntlich auch vor Blitzschlägen schützt. Aufgrund der engen Wechselwirkung von Elektrizität und Magnetismus schützt der Faradaysche Käfig aber nicht nur vor elektrischen, sondern auch vor magnetischen Feldern. Allerdings ist bei Uhren ein Käfig aus Weicheisen erforderlich, der aufgrund der Materialeigenschaften nicht als Uhrengehäuse, sondern nur als zusätzliches Innengehäuse verwendet werden kann.
So war das Gehäuse der Milgauss 116400 sehr aufwendig mit einem Bodendeckel und einem weiteren verschraubten Innendeckel, der zusammen mit einer weiteren Gehäuseinnenteil aus Weicheisen den Faradayschen Käfig bildeten.
Nachfolgend ein Bild des komplizierten Aufbaues:
https://hosting.photobucket.com/albums/v463/MatthiasRBO/watches/MGInside-3.jpg
(Quelle: Kristian Haagen)
Das in der Milgauss verwendete Kaliber 3131 wurde zunächst nur in der Milgauss 116400 verwendet und zeichnete sich durch die erstmalige Verwendung eines Ankerrades aus paramagnetischem, amorphem Nickel-Phosphor aus. Dieses Material wird heute auch für das Ankerrad der Chronergy-Hemmung verwendet. Aber das 3131 verwendete noch die klassische Ankerhemmung mit KIF-Stoßsicherung, wie zuletzt auch noch das Daytona-Kaliber 4130.
Hier wäre also auch ein „Update“ des Kalibers 3131 fällig, denn es macht wirtschaftlich nicht viel Sinn, weiterhin die alte Hemmung mit KIF-Sicherung weiterzubauen. Eine Weiterentwicklung des 3131 würde dann aber genau dem heutigen Kaliber 3230 entsprechen, das Kaliber ist also bereits verfügbar. Die Besonderheit der Chronergy-Hemmung ist aber neben dem höheren Wirkungsgrad auch die Unempfindlichkeit gegen Magnetfelder. Dann ist aber auch das sehr aufwendige Gehäuse der Milgauss mit innenliegendem, zweitem Weicheisengehäuse nicht mehr erforderlich.
Mit anderen Worten: Die Milgauss 116400 ist technisch veraltet, da heute ein vergleichbarer Magnetfeldschutz mit wesentlich weniger Aufwand in jeder modernen Rolex verfügbar ist.
Zusätzlich war die Milgauss 116400 nie ein großer Verkaufserfolg und auch der Versuch die komplizierte Gehäusekonstruktion mit dem speziellen Kaliber 3131 in der baugleichen Air-King 116900 ab 2016 zusätzlich zur Milgauss zu verkaufen, rettete die Milgauss nur bedingt.
Spätestens mit Erscheinen der neuen Air-King 126900 ohne Innengehäuse und mit Kaliber 3230 (!) war das Ende der Milgauss abzusehen. Sowohl technisch, als auch wirtschaftlich ist ihre Zeit nun abgelaufen, die Milgauss 116400 ist Geschichte.
Viele Grüße
Matthias
es ist schon sehr detailliert über die Neuheiten von Rolex berichtet worden und wie jedes Jahr wurde bereits intensiv und leidenschaftlich über das Für und Wider der Neuheiten diskutiert, dies zumeist jedoch aus „optischer“ Sicht. Der vorliegende Beitrag soll nun ergänzend den Fokus auf die technische Sicht legen und versuchen die technischen Neuerungen kurz zu erläutern.
Das neue Kaliber 4131 der Daytona
Das bisher in der Daytona verwendete Kaliber 4130 war eines der letzten Kaliber, welches noch über die alte KIF-Stoßsicherung und die klassische Ankerhemmung (trotz Parachrome-bleu Spirale) verfügte.
Das bisherige Kaliber 4130:
https://hosting.photobucket.com/images/v463/MatthiasRBO/4130.jpg
(Quelle: Rolex)
Es ist daher nur konsequent, das Daytona-Kaliber nun auch auf die in den meisten Kalibern bereits verwendete Chronergy-Hemmung mit Paraflex-Stoßsicherung umzustellen. Zusätzlich wird der Aufzugsmechanismus optimiert (z.B. durch ein neues Kugellager) und ein neuer Rotor verwendet.
Das neue Kaliber erhält daher die neue Bezeichung 4131:
https://hosting.photobucket.com/images/v463/MatthiasRBO/4131.jpg
(Quelle: Rolex)
Die übrigen Teile des Kalibers 4131 entsprechen aber dem bisherigen Kaliber 4130. Rolex erwähnt in der Pressenotiz zur neuen Daytona zwar auch: „Die Chronographenfunktion wird mit einer verringerten Anzahl von Komponenten realisiert, wodurch die Zuverlässigkeit dieses hochentwickelten Uhrwerks entsprechend verbessert wird“. Dieser Satz findet sich sinngemäß aber auch schon in der Pressemitteilung zur Einführung des Kalibers 4130 im Jahr 2000 und bezieht sich daher wohl nicht speziell auf einen Unterschied zwischen 4130 und 4131.
Bei einem Vergleich der obigen Bilder des 4130 und des 4131 sind keine sichtbaren Unterschiede im Stoppmechanismus zu erkennen, auch wenn die Kaliber unterschiedliche Schaltpositionen zeigen (Kaliber 4130: Schaltfinger in Schaltrad abgesenkt, Kaliber 4131: Schaltfinger angehoben oberhalb Schaltrad). Ich gehe daher davon aus, daß der Chrono-Mechanismus bei dem Kaliber 4131 nicht verändert wurde.
Die neue Lünette der Daytona 126500
Viel diskutiert wird zur Zeit die neue Lünette der Daytona 126500. Die erst 2016 mit der 116500 eingeführte sogenannte „Monoblock“-Lünette aus Keramik (Cerachrome) ist schon wieder Geschichte. Es ist durchaus denkbar, daß es für dieses für Rolex-Verhältnisse kurze „Intermezzo“ einen technischen Grund gibt. Sehen wir uns zunächst die Lünette der 116500 an:
https://hosting.photobucket.com/images/v463/MatthiasRBO/116500-side.jpg
(Quelle: Rolex)
Die Lünette besteht aus einem einzigen Keramikteil (daher „Monoblock“) und ist ohne sichtbaren Träger auf die Uhr aufgesetzt (vermutlich gepresst). Das Aufsetzen ist daher sehr diffizil, da schon ein sehr leichtes Verkanten die Gefahr des Bruches der Keramiklünette stark erhöht. Daher muss auch ein eventuell erforderlicher Ausbau sehr gleichmäßig über den gesamten Lünettenumfang erfolgen, um ein Verkanten zu vermeiden.
Desweiteren ist die äußere Lünettenkante ungeschützt eventuellen Stößen ausgesetzt. Keramik ist zwar sehr hart, aber durchaus empfindlich gegen radiale Stöße mit Spitzenwirkung.
Die obigen Gründe könnten Rolex bewogen haben die Konstruktion der Lünette bei der neuen 126500 zu ändern.
So sieht die neue Lünette nun in der Seitenansicht aus:
https://hosting.photobucket.com/images/v463/MatthiasRBO/126500-side-1.jpg
(Quelle: Rolex)
Die Lünette besteht aus einem massiven Edelstahlrahmen, der als Träger für eine Cerachrome-Zahlenscheibe dient.
Hier zwei weitere Ansichten:
https://hosting.photobucket.com/images/v463/MatthiasRBO/126500-side-2.jpg
(Quelle: Rolex)
https://hosting.photobucket.com/images/v463/MatthiasRBO/126500-bezel.jpg
(Quelle: Rolex)
Die Außenseite der Zahlenscheibe ist nun durch den Edelstahlrahmen vor radialen Stößen geschützt. Die Montage/Demontage der Lünette ist durch den Edelstahlrahmen ebenfalls wesentlich einfacher, da eventuelle Kräfte durch Verkanten nicht wie bei der Monoblock-Keramiklüntte direkt auf die Keramik wirken, sondern von dem Edelstahlrahmen aufgenommen werden.
Die Innenseite der Zahlenscheibe ist allerdings nicht vom Edelstahlrahmen geschützt, sondern grenzt direkt an das Saphirglas. Radiale Stöße sind hier allerdings im Gegensatz zur Aussenseite auch nicht zu erwarten.
Die Konstruktion der neuen Lünette der 126500 ist vergleichbar mit den Lünetten der GMT-Master:
https://hosting.photobucket.com/images/v463/MatthiasRBO/126710-side.jpg
(Quelle: Rolex)
Es wurde auch diskutiert, daß Rolex mit der neuen Lünette an die alte Daytona 6263 (oder auch 6240, 6241, 6264) erinnern möchte. Dies ist aber nur die „halbe“ Wahrheit, denn bei den alten Daytonas waren die Zahlenscheiben nicht nur einseitig, sondern beidseitig umrahmt:
https://hosting.photobucket.com/images/v463/MatthiasRBO/6240.jpg
(Quelle: Rolex)
Das neue Kaliber 9002 der Sky-Dweller
Wie das Kaliber 4130 der Daytona verfügte auch das bisher in der Sky-Dweller verwendete Kaliber 9001 noch über die klassische Ankerhemmung, auch wenn beim 9001 im Gegensatz zum 4130 bereits die Paraflex-Stoßsicherung verwendet wurde. Das 9002 verfügt nun ebenfalls über die Chronergy-Hemmung. Zusätzlich wird wie bereits beim 4131 der Aufzugsmechanismus optimiert (z.B. durch ein neues Kugellager) und ein neuer Rotor verwendet. Die übrigen Komponenten des 9001 werden beim 9002 unverändert übernommen.
Nachfolgend zum Vergleich noch je ein Bild von 9001 und 9002 (leider mit unterschiedlichen Rotorpositionen):
https://hosting.photobucket.com/images/v463/MatthiasRBO/9001.jpg
(Quelle: Rolex)
https://hosting.photobucket.com/images/v463/MatthiasRBO/9002.jpg
(Quelle: Rolex)
Die neue Yacht-Master 226627
Das für die neue Yacht-Master 226627 verwendete Titan Grade 5 (höchste Qualitätsstufe für Titan in einer speziellen Rolex-Legierung: Titan RLX) ist nicht erst seit der im letzten Jahr vorgestellten Deepsea Challenge 126067 bekannt. Bereits seit 2008 wurde bei der Deepsea 136660 für Teile des Bodendeckels bereits Titan Grade 5 verwendet. Erste Erfahrungen in der Fertigung von Titanteilen liegen bei Rolex also schon seit 2008 vor.
Allerdings ist es aufgrund der spezifischen Eigenschaften von Titan eine fertigungstechnische Herausforderung Titan nicht nur für einen Bodendeckel, sondern für ein komplettes Uhrengehäuse und -armband zu verwenden. So hat Titan beispielsweise einen viel geringeren Elastizitätsmodul als Edelstahl, wodurch die maschinelle Bearbeitung von Titan wesentlich schwieriger ist.
Zwar wurden seit Erscheinen des IWC Titan-Chronographen 1982 (die erste aus Titan gefertigte Armbanduhr überhaupt) auch massenweise billige Titanuhren produziert, diese waren aber aus geringerwertigem Titan (Grade 1 oder 2), welches sich leichter bearbeiten läßt und auch viel billiger ist als Titan Grade 5.
Rolex hat erst im Jahr 2022 die erste komplett aus Titan Grade 5 (Titan RLX) gefertigte Rolex vorgestellt (die für die Cameron Expedition zum Marianengraben speziell gefertigte DeepSea Challenge 2012 war noch aus Edelstahl): die DeepSea Challenge 126067. Die produzierten Stückzahlen sind aber wohl sehr gering, da es sich aufgrund der extremen Abmessungen eher um eine „Experimentaluhr“ handelt, auch wenn sie aufgrund der Verwendung von Titan 30% leichter als die Challenge von 2012 ist.
Offenbar waren die Erfahrungen bei der Fertigung der 126067 trotz der speziellen Herausforderungen der Titanverarbeitung sehr gut und Rolex wagt sich nun an etwas höhere Stückzahlen heran. Die neue Yacht-Master 226627 wird sicherlich auf höhere Stückzahlen als die „experimentelle“ 126067 kommen, aber hätte Rolex beispielsweise eine Submariner in Titan herausgebracht, so wären die zu fertigenden Stückzahlen vielleicht doch zu hoch gewesen.
Das Ende der Milgauss 116400
Auch das jetzt bestätigte Ende der Milgauss 116400 ist eine konsequente Entscheidung von Rolex aus technischer, aber auch aus wirtschaftlicher Sicht.
Die Besonderheit der Milgauss 116400 lag in dem Schutz des Uhrwerkes durch einen Faradayschen Käfig, der bekanntlich auch vor Blitzschlägen schützt. Aufgrund der engen Wechselwirkung von Elektrizität und Magnetismus schützt der Faradaysche Käfig aber nicht nur vor elektrischen, sondern auch vor magnetischen Feldern. Allerdings ist bei Uhren ein Käfig aus Weicheisen erforderlich, der aufgrund der Materialeigenschaften nicht als Uhrengehäuse, sondern nur als zusätzliches Innengehäuse verwendet werden kann.
So war das Gehäuse der Milgauss 116400 sehr aufwendig mit einem Bodendeckel und einem weiteren verschraubten Innendeckel, der zusammen mit einer weiteren Gehäuseinnenteil aus Weicheisen den Faradayschen Käfig bildeten.
Nachfolgend ein Bild des komplizierten Aufbaues:
https://hosting.photobucket.com/albums/v463/MatthiasRBO/watches/MGInside-3.jpg
(Quelle: Kristian Haagen)
Das in der Milgauss verwendete Kaliber 3131 wurde zunächst nur in der Milgauss 116400 verwendet und zeichnete sich durch die erstmalige Verwendung eines Ankerrades aus paramagnetischem, amorphem Nickel-Phosphor aus. Dieses Material wird heute auch für das Ankerrad der Chronergy-Hemmung verwendet. Aber das 3131 verwendete noch die klassische Ankerhemmung mit KIF-Stoßsicherung, wie zuletzt auch noch das Daytona-Kaliber 4130.
Hier wäre also auch ein „Update“ des Kalibers 3131 fällig, denn es macht wirtschaftlich nicht viel Sinn, weiterhin die alte Hemmung mit KIF-Sicherung weiterzubauen. Eine Weiterentwicklung des 3131 würde dann aber genau dem heutigen Kaliber 3230 entsprechen, das Kaliber ist also bereits verfügbar. Die Besonderheit der Chronergy-Hemmung ist aber neben dem höheren Wirkungsgrad auch die Unempfindlichkeit gegen Magnetfelder. Dann ist aber auch das sehr aufwendige Gehäuse der Milgauss mit innenliegendem, zweitem Weicheisengehäuse nicht mehr erforderlich.
Mit anderen Worten: Die Milgauss 116400 ist technisch veraltet, da heute ein vergleichbarer Magnetfeldschutz mit wesentlich weniger Aufwand in jeder modernen Rolex verfügbar ist.
Zusätzlich war die Milgauss 116400 nie ein großer Verkaufserfolg und auch der Versuch die komplizierte Gehäusekonstruktion mit dem speziellen Kaliber 3131 in der baugleichen Air-King 116900 ab 2016 zusätzlich zur Milgauss zu verkaufen, rettete die Milgauss nur bedingt.
Spätestens mit Erscheinen der neuen Air-King 126900 ohne Innengehäuse und mit Kaliber 3230 (!) war das Ende der Milgauss abzusehen. Sowohl technisch, als auch wirtschaftlich ist ihre Zeit nun abgelaufen, die Milgauss 116400 ist Geschichte.
Viele Grüße
Matthias