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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Gehäusematerial: Gold, Platin, Rhodium, Palladium, Tantalum ...



newharry
23.07.2006, 10:11
Bin gerade auf dem Weg durch die üblichen sonntäglichen Forumsstationen auf einen Beitrag bei TZ zu Gehäusematerialien gestoßen ... ist Platin wirklich das "edelste" oder "hochwertigste" Material für Gehäuse?

Von AP gab es scheinbar einmal Gehäuse aus Tantalum, von Harry Winston Gehäuse aus Rhodium, von Cartier in Palladium ...

Was sind die Vor- und Nachteile dieser Metalle?

Vielleicht kann ja jemand auch ein wenig über den technischen Hintergrund erzählen ... zum Beispiel Tobias ... ;)

Donluigi
23.07.2006, 10:30
Hier mal die 8 Edelmetalle, die es gibt:

Gold
Silber
Platin
Palladium
Rhodium
Rhutenium
Osmium
Iridium

(die letzten 6 Metalle sind alle Platin-Nebenmetalle)

Palladium ist ein Metall der Platingruppe, vom Gewicht unwesentlich schwerer als Silber (12.5 g/cm3) und ebenso robust wie Platin, was Schmelzpunkt und Oxydationsfähigkeit angeht. Palladium ist nicht wirklich teuer (etwa 140,- pro Unze) und wird eigentlich meistens mit Silber verarbeitet. Es gab mal einen kurzen heftigen Pd-Hype, da wurde das Metall in Verbindung mit Kernfusion als wichtig eingestuft und entsprechend teuer gehandelt, etwa zum 8-fachen Preis von heute. Palladium hat eine schöne Graue Farbe und wird normalerweise mit Feingehalten von 500/000 oder 750/000 verarbeitet.

Rhodium - ich bezweifle, daß jemand ein reines Rhodiumgehäuse hergestellt hat, denn Rhodium kostet 90,- pro Gramm, wird von keiner mir bekannten Scheideanstalt in Reinform ausgeliefert (meist nur in gelöster Form) und ist verdammt hart - deswegen verwendet man es als Beschichtungsmetall. Soll aber alles möglich sein.

Iridium ist ein Metall extraterrestrischen Ursprungs - man vermutet, daß es durch Meteoriteneinschlag auf die Erde kam - kein Witz. Es ist ebenfalls richtig hart und sehr schwer, kostet aber nur 7,- pro Gramm und wird eigentlich nur als Legierungsmetall verwendet.

Osmium ist schwerer und härter als Platin (das schwerste nichtradioaktive Metall) und hat einen höheren Schmelzpunkt - außerdem stinkt es (ebenfalls kein Witz), daher wird es ebenfalls kaum verwendet.

Tantal ist kein Edelmetall und vergleichbar mit Titan. Es ist nicht ganz billig (etwa 1000,- pro kg) und hat hohe Resistenz gegen Oxydation. Ähnloiuch wie Aluminium bildet es eine dünne Oxydschicht, die das restliche Metall gegen äußere Einflüsse schützt.

Derartige Metalle werden eigentlich nur aus einem Grund verwendet: man kann sich damit gegen Kopisten und Nachahmer schützen. In erster Linie ist es nämlich der Aufwand, herauszubekommen, wie man das Zeug denn verarbeitet, der die Sache teuer macht. So war das auch bei den ersten Titanuhren - aber mittlerweile hat man den Dreh raus und Titan ist billig geworden. Tantal ist wohl zu teuer für Massenproduktion.

newharry
23.07.2006, 10:45
Wußte ja, daß das die richtigen Stichworte in der Threadüberschrift für Dich sind ... vielen Dank! =)

Kann man also sagen, daß die anderen Edelmetalle gegenüber Platin keinen nennenswerten Vorteil haben (ungeachtet der Verarbeitungskosten)?

Hier noch ein Link bezüglich des Rhodium-Gehäuses: http://www.platinummetalsreview.com/dynamic/question/view/11019

Donluigi
23.07.2006, 11:26
Nein, den haben sie nicht. Platin hat Nehmerqualitäten bis hin in Bereiche, in denen sich der Träger der Uhr längst in seine Bestandteile aufgelöst hat. Die "Vorteile" der Nebenmetalle (noch höherer Schmelzpunkt als 1700 Grad) sind einfach nirgendwo vonnöten, damit kann man nur am Stammtisch punkten.

Aber das ist bei schnödem Edelstahl nicht anders. Das einzige Metall, die tatsächlich aufgrund seiner Eigenschaften nur bedingt für den Uhrenbau geeignet ist, ist Silber - es läuft recht stark an und bedarf ständiger Pflege.

VintageWatchcollector
23.07.2006, 11:30
Hi Tobias,


ich habe da auch mal eine Frage. Ist Rotgold (egal welche Legierung) hochwertiger als Gelbgold bzw. rechtfertigt es Preisaufschläge? Wie entsteht Rotgold? Beimengung von Eisen?

Grüße

Alex

Donluigi
23.07.2006, 11:34
Nein, da kommt kein Eisen rein.

Farboldlegierungen werden in erster Linie aus 3 Stoffen aufgebaut: Feingold, Feinsilber und Feinkupfer. Es gibt dann noch spezielle Zusätze, um Härte oder Festigkeit zu steigern, aber die sind marginal und werden eher selten verwendet. Weißgold bekommt einen Palladiumzusatz, der einen Preisaufschlag von momentan etwa 10% mit sich bringt. Bei Rotgold ist lediglich der Kupferanteil höher. Somit ist Rotgold nicht teurer, sondern eher billiger als Gelbgold, da letzteres mehr Silber enthält. Aber dieser Unterschied ist lächerlich gering, sodaß er nicht ins Gewicht fällt. Wenn z.B. eine Rotgoldrolex teurer ist ls eine Gelbgold rolex, hat das eher was mit der Seltenheit zu tun, aber nix mit dem Materialwert.

VintageWatchcollector
23.07.2006, 11:36
Ich danke dir Tobias! Super Erklärung!! :gut: :gut:

dibi
23.07.2006, 12:39
Original von Donluigi
...
Iridium ist ein Metall extraterrestrischen Ursprungs - man vermutet, daß es durch Meteoriteneinschlag auf die Erde kam - kein Witz. Es ist ebenfalls richtig hart und sehr schwer, kostet aber nur 7,- pro Gramm und wird eigentlich nur als Legierungsmetall verwendet.

Eigentlich sind alle Elemente auf und in der Erde extraterrestrischen Ursprungs, so sind auch alle Stoffe in uns selbst einmal in einer Sonne entstanden welche dann z.B. bei einer Supernova explodiert ist. Wir sind also Sternenkinder. ;)


Übrigens das Gold im Erdkern würde ausreichen, um die gesamte Erde ca. 50cm dick zu vergolden, leider werden wir da wohl niemals ran kommen, vielleicht aber auch zum Glück, denn was wäre Gold dann noch wert.

Gruß
Dirk

newharry
23.07.2006, 12:50
Original von Donluigi
Platin hat Nehmerqualitäten bis hin in Bereiche, in denen sich der Träger der Uhr längst in seine Bestandteile aufgelöst hat.


Das gilt sicherlich für Platin gleich wie für Gold, sei es nun GG, RG oder WG ...

Dauerhafter Salzwasserkontakt ohne die Uhr abzuspülen beispielsweise, wird einer Stahluhr wohl aber weniger gut tun als einer Uhr aus Edelmetall, richtig?

Donluigi
23.07.2006, 13:15
Richtig. Irgendwann würde vielleicht auch mal das enthaltene Kupfer in einer Goldlegierung anlaufen, aber das wäre tolerabel.

newharry
23.07.2006, 15:43
Original von Donluigi
Richtig. Irgendwann würde vielleicht auch mal das enthaltene Kupfer in einer Goldlegierung anlaufen, aber das wäre tolerabel.

DAS wäre doch mal ein Argument für das von Dir "weniger geliebte" Weißgold - kein Kupferanteil ... dafür hast Du dann wieder das Problem mit der Nickel-Alergie ... oder verwendet Rolex nur Palladium?

http://www.froufrou.de/schmucklexikon/gold_750.html


edit: ok, Schluß mit der Quälerei ... hast mir ja schon sehr weitergeholfen ... Stichwort: "Benutz die Suche!":


Original von Donluigi
Fakten:

Seit einigen Jahren dürfen WG-Schmuckstücke, die die Haut berühren, nur aus Palladium-WG hergestellt werden. Nickel-WG ist allergen und deswegen nur noch für Broschierungen zugelassen.

Siebengebirgler
02.03.2009, 23:53
Original von Donluigi
Hier mal die 8 Edelmetalle, die es gibt:

Gold
Silber
Platin
Palladium
Rhodium
Rhutenium
Osmium
Iridium

(die letzten 6 Metalle sind alle Platin-Nebenmetalle)

Palladium ist ein Metall der Platingruppe, vom Gewicht unwesentlich schwerer als Silber (12.5 g/cm3) und ebenso robust wie Platin,

Hallo und Danke für den klasse Beitrag.

Bleibt für mich die Frage nach dem Gewicht je cm3 von Gold und Paltin

Wäre nett wenn du dazu ne Info geben könntest :gut:

Kai

Coney
03.03.2009, 00:16
Original von Siebengebirgler
Bleibt für mich die Frage nach dem Gewicht je cm3 von Gold und Paltin

Wäre nett wenn du dazu ne Info geben könntest :gut:

Kai

Google? Wikipedia? Schon mal gehört? :rolleyes:

Gold 19,32 g/cm3
Platin 21,45 g/cm3

@ Tobias: Danke für die interessanten Infos!

Siebengebirgler
03.03.2009, 03:11
..............jo, schon gehört, konnte das Ergebnis aber nicht ganz glauben.

Wären ja nur ca. 10% Unterschied.

Fühlte sich beim Konzi irgendwie nach mehr an. Und da ich morgen ne Entscheidung zu treffen habe suchte ich noch weiteren Input ;)

newharry
03.03.2009, 05:57
Original von Coney
Gold 19,32 g/cm3
Platin 21,45 g/cm3

Hätte ich jetzt gleichermaßen so im Netz gefunden - und auch mit deutlich höherem Unterschied empfunden :grb:

ehemaliges mitglied
03.03.2009, 07:28
Wow, das war ja mal ein interessanter Thread, echte Qualitaet, Tobias, vielen Dank fuer diese Erklaerungen, hier haben ich gelesen, was ich schon immer wissen wollte ueber Gold und Edelmetalle.

Wie ist das eigentlich bei Gold, je hoeher die Karat sind, umso weicher das Material, oder?

Ich war gerade in Dubai, die geben sich dort gar nicht erst mit 14 Karat Gold ab, da ist alles 18k oder 24k, eher 24k. Was ist der Vorteil von hoeheren Karat?

Ricci
03.03.2009, 15:16
@redsubmariner

Meines Wissens gibt es keinen vernünftigen Vorteil von höherem Karat. Ist mehr eine Image-Sache.

In der Praxis könnte es sich sogar nachteilig auswirken, denn -so sagte mir mal ein Uhrmachermeister- wird Gold weicher, je höher die Karat-Zahl ist.

Gruß Ricci

D-Small
03.03.2009, 16:51
@ Tobias:

Danke schön für die "Vorlesung" in Edelmetalkunde! Von Dir kann man da ja mal wieder richtig etwas lernen :verneig: :gut:!

Jetzt kann ich eine Omega Seamaster Professional Diver in Titan/Tantal/Rosegold erst richtig werten :rolleyes:!
Mit dem Tantal konnte ich nie wirklich etwas anfangen.


Ne schöne Jrooss us Kölle, dä
Willy

newharry
03.03.2009, 20:12
Meiner Erfahrung nach ist die Farbe bei GG 18k intensiver als bei 14k

Donluigi
03.03.2009, 21:27
Feingold hat eine Dichte von 19,2 g pro cm3, das ist korrekt. Aber eine Uhr ist ja nicht aus Feingold, sondern aus 18-karätigem Gold. Dieses hat lediglich eine Dichte von 15.0 - 15.3 g/cm3 - und das ist dann schon ein spürbarer Unterschied.

Die Unterschiede zwischen den verschiedenen Karatierungen:

zum einen natürlich der Materialwert. Zum anderen: je höher der Goldanteil, desto satter die Farbe, desto schwerer die Legierung und desto weicher das Material. Hochkaratiertes Gold ist wesentlich geschmeidiger als niedrig karatiertes Gold, besser zu verarbeiten und weniger anfällig gegenüber Korrosion und damit verbundenen Problemen bei der Verarbeitung (Stichwort Korrosionsspannungsrisse bei industriell verarbeitetem Gold). Generell sollte man immer hoch karatiertem Gold den Vorzug geben. Ab einem gewissen Punkt wird es jedoch zu weich für komplexe Gebilde wie Uhrengehäuse - Gewinde sind quasi nicht schneidbar in Legierungen über 750 Feingehalt, auch die Affinität gegenüber Beulen und Kratzern wird höher - zudem ist Gold über 18 ct sehr schwer zu polieren.

Und warum verwendet man so hoch konzentriertes Gold im Orient? Weil es so wahnsinnig geschmeidig ist. man kann mit relativ geringem materialaufwand riesige, voluminöse, aber sehr leichte Geschmeide bauen - aus einem Feingoldkrümel von der Größe eines Orangenkerns kann man theoretisch einen mehrere Kilometer langen Goldfaden ziehen, 14karätiges Gold wäre längst gerissen, wenn man es so dünn spinnen würde wie orientalisches Gold gesponnen wird.

Je billiger die Arbeitszeit im Vergleich zum Materialwert ist, desto exzessiver kann man hier beim verarbeiten vorgehen. Wennn dich dein Goldschmied nur 400 Dollar pro Monat kostet, kann er problemlos 2 Tage auf einem Goldstück rumdengeln und so viel "Fläche" wie möglich rausholen, der Händler macht immer noch seinen Schnitt. Hierzulande ist die Arbeitszeit teurer als das Material, deswegen sind die Stücke massiver und wesentlich schlichter gearbeitet.

RBLU
04.03.2009, 18:48
Originally posted by Donluigi
Feingold hat eine Dichte von 19,2 g pro cm3, das ist korrekt. Aber eine Uhr ist ja nicht aus Feingold, sondern aus 18-karätigem Gold. Dieses hat lediglich eine Dichte von 15.0 - 15.3 g/cm3 - und das ist dann schon ein spürbarer Unterschied.

Die Unterschiede zwischen den verschiedenen Karatierungen:

zum einen natürlich der Materialwert. Zum anderen: je höher der Goldanteil, desto satter die Farbe, desto schwerer die Legierung und desto weicher das Material. Hochkaratiertes Gold ist wesentlich geschmeidiger als niedrig karatiertes Gold, besser zu verarbeiten und weniger anfällig gegenüber Korrosion und damit verbundenen Problemen bei der Verarbeitung (Stichwort Korrosionsspannungsrisse bei industriell verarbeitetem Gold). Generell sollte man immer hoch karatiertem Gold den Vorzug geben. Ab einem gewissen Punkt wird es jedoch zu weich für komplexe Gebilde wie Uhrengehäuse - Gewinde sind quasi nicht schneidbar in Legierungen über 750 Feingehalt, auch die Affinität gegenüber Beulen und Kratzern wird höher - zudem ist Gold über 18 ct sehr schwer zu polieren.

Und warum verwendet man so hoch konzentriertes Gold im Orient? Weil es so wahnsinnig geschmeidig ist. man kann mit relativ geringem materialaufwand riesige, voluminöse, aber sehr leichte Geschmeide bauen - aus einem Feingoldkrümel von der Größe eines Orangenkerns kann man theoretisch einen mehrere Kilometer langen Goldfaden ziehen, 14karätiges Gold wäre längst gerissen, wenn man es so dünn spinnen würde wie orientalisches Gold gesponnen wird.

Je billiger die Arbeitszeit im Vergleich zum Materialwert ist, desto exzessiver kann man hier beim verarbeiten vorgehen. Wennn dich dein Goldschmied nur 400 Dollar pro Monat kostet, kann er problemlos 2 Tage auf einem Goldstück rumdengeln und so viel "Fläche" wie möglich rausholen, der Händler macht immer noch seinen Schnitt. Hierzulande ist die Arbeitszeit teurer als das Material, deswegen sind die Stücke massiver und wesentlich schlichter gearbeitet.


Toller Beitrag!

Vielleicht kannst Du ja auch mal folgende "Goldmythen" besteatigen oder wiederlegen:

1) Meinst Du mit geschmeidig, dass sich das Gold auch leichter verbiegen kann. Ich habe mal irgendwo gehoert, dass sich hochkaraetige Uhrengehaeuse leichter verbiegen lassen. Daher ist 18 Karat die beste Legierung mit hinreichender mechanischer Festigkeit.
2) Hochkaraetiges Gold ist im Orient einschliesslich Indien, besonders wegen der hoeheren "Reinheit" (nicht im metallurgischen, mehr im "ideellen" Sinne) begehrt. In anderen Worten, die indische Braut wuerde dem Braeutigam das Schmuckstueck um die Uhren werfen, wenn es nur 18 Karat haette...
:rofl:
Die einzigen 24 Karat Uhren, habe ich auch nur im Orient gesehen...

Gruss,
Bernhard

Donluigi
04.03.2009, 18:50
Eine Uhr aus 24-karätigem Gold? Da habe ich doch gehörige Zweifel :grb:

RBLU
04.03.2009, 18:58
Originally posted by Donluigi
Eine Uhr aus 24-karätigem Gold? Da habe ich doch gehörige Zweifel :grb:

Die Uhren hatten zumindest ueber 20 Karat (vielleicht 22Karat?) und waren eingeschalte No-Name Quarzuhren (gesehen bei indischen Juwelier).