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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Entwicklungskosten der Rolex Yachtmaster II (Regatta-Uhr)



Charles.
15.12.2007, 09:24
Im letzten Uhrenmagazin 1/2 2008, Seite 60, konnte man lesen, dass innerhalb von drei Jahren über 35'000 Entwicklungsstunden in die Entwicklung der YM II eingeflossen seien (zit. F. Oulevey von RSA). Geht man von Arbeitsplatzkosten (Lohn mit Nebenkosten zuzüglich Raum und Einrichtung des Arbeitsplatzes) von CHF 250/h aus, ergibt dies

mehr als CHF 8'750'000 Entwicklungskosten für die YM II

ausgehend von der bereits vor 2000 entwickelten eigenen Daytona.

Gehen wir davon aus, dass Rolex diese Kosten mit dem Verkauf von 2'500 dieser Spezialuhren linear wieder drinnen haben will, kommt man auf CHF 3'500 Zusatzentwicklungskosten YM II pro Uhr. Band, Spirale, Lünettenfabrikation (teilweise YM I, teilweise GMT II neu) etc. sind nicht inbegriffen, da früher amortisiert. Nur für Rolex. Der Händler wird ebenfalls mit CHF 3'500 an diesen Entwicklungskosten beteiligt.

Der Endkunde zahlt also mit seinem Preis über

CHF 7'000 von (im Durchschnitt) etwas über CHF 35'000

an Zusatz-Entwicklung und Händler


also rund 20% seiner Uhr mit einem 360-teiligen Werk.

Ob sie automatisch aus einer Maschine purzelt, wie manche gelegentlich meinen, oder von Hand hergestellt wird, ist hierbei völlig unerheblich.

Da ist kein Gewinn, kein Marketing und auch sonst nichts in dieser Richtung inbegriffen. Nur Kopf- und Handarbeit für die Entwicklung. Dazu benötigte Computer, dazu benötigte Software, die Prototypie und so weiter. Keinerlei Stückkosten.

watchman
15.12.2007, 09:29
interessant zu lesen :dr:

AndreasL
15.12.2007, 09:33
Interessante Fakten und gut zu wissen. Danke. :gut:

Edmundo
15.12.2007, 09:47
Interessant. Danke!

Nur fallen nicht nur Arbeitsplatzkosten und Lohnkosten an. Es sind ja auch noch Werkzeugkosten, Hilfswerkzeugkosten, Kosten für nicht seriengerechte Fertigung der Prototypen, Kosten für Nacharbeit der Prototypen, Kosten für Konzeptuntersuchungen etc. zu beinhalten.

Imho kann man nur schwer aus der Entwicklungsstundenanzahl auf dier Herstellkosten schließen. Es ist ein Richtwert, aber die Kosten dürften insgesamt höher liegen.

Und warum soll Rolex die Kosten auf nur 2.500 Uhren umlegen? Solche Kosten legt man über mehrere Jahre um (zumal das Produkt ja auch ewig läuft (>10 Jahre)? Und mehr als 2.500 Stück wird Rolex wohl pro Jahr absetzen. ;)

Trotzdem ein schönes Diskussionsthema :gut:

karboni
15.12.2007, 10:23
:gut: Rolex wird sicher mehr als 2.500 Stück YMII pro Jahr verkaufen :dr:

Werner

OrangeHand
15.12.2007, 10:35
Ich finde es hochinteressant, wie Charles. --ausgehend von der knappen Info "35'000 Entwicklungsstunden"-- die groben Kosten pro Uhr überschlagen hat. Auf die Idee so zu rechnen, wäre ich nicht gekommen. :gut: :gut: :gut:

Fertigungs-/Produktionstechnik habe ich im Studium allerdings auch schon frühzeitig abgewählt. :D

klobi
15.12.2007, 10:38
Danke für den Bericht - ist mal interessant zu lesen. :gut:

buchfuchs1
15.12.2007, 10:42
.....aus der Maschine gepurzelt.....

der war gut Charles...... :gut:

pelue
15.12.2007, 10:45
Interessante Gedankenspielereien. Danke.
Allerdings folgt die Kalkulation der Verkaufspreise wohl gerade im Luxussegment nicht der Zuschlagskalkulation oder ähnlicher Methoden.

ehemaliges mitglied
15.12.2007, 11:03
Die Entwicklungskosten betragen damit 0,175 % des geschaetzten Jahresumsatzes von RSA. Ich halte das nicht so fuer eine Riesenkraftanstrengung.

Ich glaube auch, dass ein Weltkonzern nicht wie ein Tante Emma Laden seine strategischen Investitionen durchkalkuliert.

VW schiesst beim Phaeton wohl gehoerig zu. Ws. macht Mercedes den Konzermgewinn auch nicht mit SELs oder Maybachs sondern den C- und E-Klasse-Dieseln.

Der Sinn liegt darin "das Licht" solcher Spitzenprodukte auf das ganze Portfolio scheinen zu lassen.

Ein Mercedes-Stratege sagte mal: Ein Bischen Renomée des SL steckt in jedem 200D.

Soweit meine Interpretation.

Rolifan
15.12.2007, 11:04
Nette Info...Danke :dr:

Charles.
15.12.2007, 11:43
Die Entwicklungskosten einer Uhr sind sinnvollerweise nicht als Anteil auf den jährlichen Umsatz zu rechnen. Es kommt nämlich darauf an, wozu die Entwicklung sonst noch gebraucht werden soll. Die Kosten für Werkzeuge und spezielle Prototypen-Kosten sind bei meiner Abschätzung in den Arbeitsplatzkosten enthalten.

2500 Uhren ... das ist schwierig zu sagen. Sicher ist einzig, dass die Uhr wegen ihres Preises kein Massenprodukt ist oder wird. Es gibt Verkaufspunkte, die bisher nur eine oder zwei verkauft haben. Und solche, die über 20 bestellt haben, und noch nicht alle erhalten. Sehr viele Uhren werden bei Verkaufsketten verkauft, aber solche Spezialitäten anteilsmässig weniger als einfache Stahl-Sport-Uhren.

Es gibt oft grosse Unterschiede nach Ländern. Es reicht also in meinem Beispiel nicht, einfach die Verkäufe in der Schweiz, die gut schätzbar sind, durch den Umsatzanteil von Rolex in der Schweiz zu dividieren, um auf die weltweiten jährlichen Verkäufe zu kommen. Ich gehe aber davon aus, dass Rolex weder 2'500 solcher aufwändigen Uhren pro Jahr produzieren könnte, noch dass diese Zahl ohne weiteres von Endkunden aufgenommen würde. Ausserdem fehlen bisher auf der nördlichen Hemisphäre die entsprechenden Veranstaltungen seit Erscheinen der Uhr, die im Nachlauf zu Käufen führen.

Falls die neuen unverschraubten Drücker in eine neue Daytona eingehen sollten, hat man allerdings dort dann etwas eingespart an Entwicklungskosten, was sich langfristig an einer sehr grossen Uhrenzahl bemerkbar macht. Die YM II zieht also nicht nur andere Uhren als Spitzenprodukt im Marketing mit, sondern bereitet solche auch technisch vor. Eben für den Fall, dass die Daytona wirklich so kommt.

Solches ist aber immer der Fall. Die PB gab's ja vor der YM II, und diese hat sozusagen umgekehrt profitiert.

Neue Techniken bergen immer auch ein Risiko. Bestellt Rolex ein paar hundert Siliziumteilchen, wird vielleicht nie eine Uhr serienmässig damit ausgerüstet. Aber es werden Versuche gemacht, die nicht ganz billig sind. Die Beteiligung an der Entwicklung in Neuenburg, mit andern Firmen zusammen, muss im Falle eines Misserfolges auf die Kosten anderer Uhren abgewälzt werden. Das gehört zu Entwicklungskosten, die nicht spezifisch für eine Uhr getätigt werden. Jeder Submariner-Käufer zahlt daran. Und jeder Gold-Daytona-Käufer ebenfalls, etwas mehr. Jeder Händler verdient daran, auch bei Misserfolg.

Mostwanted
15.12.2007, 11:52
Die tatsächlichen Kosten werden sicher um einiges unter der Schätzung liegen und eine Beteiligung der Händler an der Entwicklung in Geld in die Kalkulation einzubeziehen, die über die reguläre Händlerspanne geht verstehe ich auch nicht? Zudem läuft die Uhr über etliche Jahre, nach den ersten verkauften 2000 Exemplaren dürfte der Posten Entwicklung sich in Marge wandeln. =)

Wenn so gerechnet wird, kann man auch weiter gehen: Durch zusätzliche (nicht durch Anzeigen "gekaufte") redaktionelle Berichte über die neue Uhr wurde weltweit mindestens die Hälfte der tatsächlichen Entwicklungskosten eingespielt, gleichzeitig der Wert der Marke gestärkt und dadurch der Umsatz mit anderen Uhren angekurbelt.

Aber trotz allem ein erfrischendes Gedankenspiel, wie man es dreht: Rolex gewinnt immer, es sei Ihnen gegönnt. :dr:

Mostwanted
15.12.2007, 11:58
Original von Charles.
Die Entwicklungskosten einer Uhr


Was interessant zu wissen wäre: Sind das interne Entwicklungskosten, oder externe? Bei internen Kosten ist die Schar der Entwickler sowieso ein Kostenfaktor, der durch verbiegen von Milgaus Zeigern oder der CAD Zeichnung eines GMT 2 Gehäuses stark unterfordert wäre. Dann wäre wieder Entwicklungszeit frei um 2008 und 2009 die Palette weiter zu erneuern, was stark für eine neue Daytona und DD sprechen würde. Ich fühle das :cool:

preppyking
15.12.2007, 12:00
Original von Hadoque
Die Entwicklungskosten betragen damit 0,175 % des geschaetzten Jahresumsatzes von RSA. Ich halte das nicht so fuer eine Riesenkraftanstrengung.

Ich glaube auch, dass ein Weltkonzern nicht wie ein Tante Emma Laden seine strategischen Investitionen durchkalkuliert.

VW schiesst beim Phaeton wohl gehoerig zu. Ws. macht Mercedes den Konzermgewinn auch nicht mit SELs oder Maybachs sondern den C- und E-Klasse-Dieseln.

Der Sinn liegt darin "das Licht" solcher Spitzenprodukte auf das ganze Portfolio scheinen zu lassen.

Ein Mercedes-Stratege sagte mal: Ein Bischen Renomée des SL steckt in jedem 200D.

Soweit meine Interpretation.

das beste statement seit langem, danke, Pit:dr:

Mawal
15.12.2007, 12:21
seien wir ehrlich....YM II ist Flagschiff...das muss sich nicht rechnen...


bezahlt wird es durch die aber-Millionen Day-Date Träger...

siebensieben
15.12.2007, 12:48
Dafür wird es auch Uhren geben, die ihre Entwicklungskosten schon mehrfach wieder eingespielt haben. Mischkalkulation halt. Und dass Rolex ja sowieso eher caritativ arbeit, ist ja schon lange klar.

Mawal
15.12.2007, 12:51
die YM II wird nicht als Uhr sondern als Investition in die Marke kalkuliert...und da sind die 8,7 Mio. SFr. nur ein kleiner Pups im Marketingbudget von Rolex....

Charles.
15.12.2007, 13:25
Die Zahl der inetrnen Entwickler ist in letzter Zeit durch den Einsatz neuer Materialien stark angestiegen, aber wie das Beispiel Si zeigt, entwickelt Rolex nicht alles intern. Hier gab's auch schon ausserhalb Kenntnisse, von welchen Rolex profitieren wollte.

Der Beginn einer Entwicklung, oder vielmehr die Weiterentwicklung einer Idee, will eine grosse Fabrik natürlich, auch aus Konkurrenzgründen, intern bewerkstelligen können. Die Industrialisierung ist aufwändig, muss aber aufgrund der Produktionsmethoden von Rolex, die als Ensemble weltweit einmalig sind, durch Kenner oder Personen erfolgen, die intern alles sehen dürfen. Also im Allgemeinen ebenfalls intern. Das führt tatsächlich zu gewissen Zeiten zu weniger "produktiven" Phasen, aber gelegentlichauch zu erhöhtem Druck. Das ist aber meist billiger als externe Entwicklungen - und führt in den Denkpausen zu interessanten Entwicklungen, die man nicht wegzuwerfen braucht, zur Weiterbildung und so weiter. Siehe dazu die breite Palette von Patenten, die von Rolex eingereicht und veröffentlicht wurde in den letzten 10 Jahren.

Die Erhöhung der Produktionstiefe führt automatisch zu einer Erhöhung der Entwicklung auf tieferm Produktionsniveau. Beispiel Metallurgie. Bei Stahl hat man zugekauft, da gibt's (z.B. in Österreich, Deutschland und Japan) so tiefe Forschung, dass eigene Entwicklungen sehr teuer und nicht ertragreich gewesen wären. Man beschränkt sich auf Endprodukte-Tests. Bei Gold gab's aber echte Qualitätsprobleme, die durch die Idee einer Pt-Legierung mindestens teilweise haben gelöst werden können. Einer rolex-eigenen Entwicklung nota bene. Da gab's einfach nichts.
Rot scheint nicht nur bei Gold, sondern auch bei Keramik Probleme zu bereiten.

Uhrenspezifische Spezialisten hat man am liebsten im eigenen Laden, sofern es genügend davon gibt. Der Neubau in Biel war zwar in der Öffentlichkeit ein Platzproblem (ich habe berichtet), manche denken vielleicht, ein Problem des richtigen Baus. In Wirklichkeit ist es auch nicht ein Problem des Ausrüstens, obwohl dies teuer ist, sondern ein Problem, genügend qualifiziertes Personal zu finden. Die Uhrwerk-Auswurfmaschinen müssen nämlich programmiert und bedient werden :rofl: Man muss einfach den richtigen Knopf finden, den man drücken muss. Und das ist nicht einfach. Vor allem, wenn man berücksichtigt, dass man dabei nicht auf die verschiedenen Lichtschranken-Sensoren husten darf :rofl:

Eine Kleinfirma wird kaum etwas intern entwickeln können, vielleicht Kleinigkeiten ohne technischen Aufwand. Gelegentlich geht auch eine Firma daran zugrunde oder wird von einer andern aufgekauft, weil sie sich auf eine einzige Eigenentwicklung, oft ihres Chefs oder Inhabers, stützt. Damit hat man dem Wiederverkäufer als Kunden keine Palette von Produkten anzubieten und bringt nach anfänglicher Euphorie einiger Sammler kommerziell nichts hin.

Ob die GMT II als Maybach für einen Dieselmercedes zieht, und zusätzliche Datejusts verkauft: ich weiss es nicht, aber glaube, dass dies nur in kleinstem Umfang stattfindet. Die grosse Masse potentieller Rolex-Käufer weiss doch schlicht nicht, was das Besondere an einer YM II sein könnte. In der Werbung könnte man neben den Segelbötchen auch die Rolesium zeigen. Ohne Unterschied in der Wirkung. Ein Farbtupfer ist wichtig, aber der rote Sekudenzeiger reicht völlig. Haben die Leute die Yachtmaster (I) im Kopf, freuen sie sich im Laden über die elegante Datejust, Day-Date oder Turn-O-Graph. Oder eine Submariner mit schwarzer Lunette. Die merken nicht einmal, dass sie im Begriff sind, ein elendes Lotterband zu kaufen.

ehemaliges mitglied
15.12.2007, 13:35
ich sag nur: synergieeffekt;)

netter bericht, charles:gut:

ferryporsche356
15.12.2007, 19:11
Alles Quatsch!

Die YM II ist doch bei Breitling entwickelt worden. ;)

Charles.
15.12.2007, 22:08
Stimmt. Aber eigentlich nur die Modifikation ("Modellpflege") eines alten Kelek-Modells.