Warum Network Angebotspreise immer zu hoch sind....
von
am 15.04.2011 um 14:01 (3490 Hits)
...nicht immer, aber oft...woran liegt es?
Die Antwort heisst nicht Raffgier oder Dummheit sondern Anker.
Anker....nein nicht die maritimen und auch nicht die lustigen Spielzeugteile mit denen Rolex früher die Submariner auslieferte...
Wir reden über einen psychologischen Anker, nach lesen kann man das übrigens hier, ein exzellentes Buch und für jeden wirtschaftlich Handelnden eigentlich eine Pflichtlektüre.
Anker ist ein oft unbewusster Referenzpunkt, an Hand dessen wir bewerten.
Beispiel gefällig?
Stellt euch das Wiesbadener Weihnachtstreff vor. Zur Auktion kommen ein paar begehrenswerte LV items. Vor der Auktion wird jeder Teilnehmer gebeten, die ersten drei Nummern seiner Telefonnummer auf einen Zettel zu notieren.
Dann wird die Auktion durchgeführt. Nun von wem werden die Höchstgebote kommen?
Die Antwort ist einfach wie verblüffend, Auktionssieger werden diejenigen sein, die höchsten Telefonnummern haben. Wessen Telefonnummer mit 987 beginnt wird mehr bieten als jemand dessen Telefonnummer mit 214 beginnt.
Was ist passiert? Die drei Ziffern der Telefonnummern wirken als Anker, sie sind ein Referenzpunkt für die Bestimmung des angemessenen Angebotes. Irre, oder?
Ihr werdet sagen, die Telefonnummer und die Zahlungsbereitschaft für LV items haben nichts miteinander zu tun. Und auf der sachlogischen Ebene habt ihr Recht. Nur Menschen funktionieren so nicht.
Die Auktionsgeschichte ist x-fach getestet worden, immer mit den gleichen Ergebnissen. Hohe Nummer führt zu hohen Geboten. Natürlich nicht in jedem Einzelfall aber in Summe passt es.
Anker funktionieren auf ganz unterschiedlichen Ebenen:
Nehmen wir eine Gruppe, diese wird per Zufall in zwei Gruppen aufgeteilt, Gruppe A werden irgendwelche Bilder gezeigt, alles mögliche. Gruppe B zeigt man Bilder alter Menschen.
Die Mitglieder der Gruppe B werden deutlich länger brauchen, um vom Ausgang des Untersuchungsraums zum Ausgang des Gebäudes zu gelangen.Warum? Weil sie langsamer gehen. Die Bilder der Alten haben einen Anker gesetzt, der das Gangtempo verlangsamt.
Es lassen sich ganz viele weitere Beispiele für das Setzen von Ankern geben....das Interessante ist, die Anker funktionieren, und zwar - und das ist das Gemeine - unbewusst.
Fragt man nach der Höhe des Gebotes oder dem langsamen Gangtempo wird niemand auf die hohe Telefonnummer oder die Bilder der alten Leute verweisen. Er wird etwas von "LV ist geil, wollte ich schon immer" oder "habe schlecht geschlafen", "erschöpft vom Training" oder was immer erzählen.
Zurück zum Network:
Die typische Argumentation des Hochanbieters ist: Ich habe x gezahlt, deshalb muss ich y haben. Wir erkennen, hier wirkt ein Anker.
Alle Argumente:
- Produkt nicht mehr neu
- nicht mehr vorsteuerabzugsfähig
- keine Garantie mehr
- kein Umtauschrecht bei Nicht-Gefallen
- leistungsfähigeres Nachfolgerprodukt zum gleichen oder niedrigeren Preis auf dem Markt
- der Gebrauchtmarkt bei ebay sagt aber z kommt raus, was viel niedriger als y ist.
erreichen typischerweise den Hochbieter komplett. Es folgt ein wortreiches ja, aber....
Ja, aber ich habe x bezahlt. Der Anker wirkt.
Wir lernen also Hochpreisanbieter sind nicht einfach raffgierig, sie sind Opfer des Unbewussten.
Liebe Hochpreisanbieter: Vergesst den Neupreis, macht eineRecherche zum aktuellen Marktpreis für das gebrauchte Produkt.
Und für den Rest: Achtet auf Anker!
Das ist kein Geheimwissen. Wenn euch ein Verkäufer erstmal ein superteures Fernsehgerät außerhalb eures Preisrahmen zeigt, obwohl ihr den Preisrahmen genannt habt, dann setzt er einen Anker. Von diesem Anker aus ist es dann relativ leicht euch ein etwas weniger sauteures Gerät zu verkaufen...und ihr habt das gute Gefühl ordentlich gespart zu haben und vernünftig gewesen zu sein.