Wenn Apple ins Klo greift - Final Cut Pro X
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am 09.07.2011 um 23:06 (159025 Hits)
So, heute mal war außerhalb der ohnehin schon verzögerten Reihe und zwar aus aktuellem Anlass.
Ich habe heute zum ersten Mal nach einem App-Kauf mein Geld von Apple zurück gefordert. Wie schon der Titel dieses Eintrags erahnen lässt, handelt es sich um die Mac App 'Final Cut Pro X', also die neuste Version von Apples NLE Software (NLE = Non Linear Editing, also Videoschnitt).
Der Vorgänger ist eine sehr angesehene, verbreitete und kommerziell stark genutzte Software, kein Magix Paket für den Hobbycutter, sondern was Handfestes, wo der Amateur wie die Sau ins Uhrwerk guckt.
Wer Apple-Foren verfolgt hat, weiss seit Ende Juni, dass FCP X nicht wirklich gut in der Fachwelt angekommen ist. Beständige Jünger behaupten zwar, dass die Kritiker nur nicht im Stande wären sich auf neue Konzepte einzulassen, aber wenn selbst gestandene Profis und Opinion Leader meinen, dass das Ganze erst reifen muss, dann ist vielleicht etwas 'dran. Ich wollte es selbst herausfinden.
Also habe ich mir Ende Juni die Software gekauft, die mit 239,- Euro ein echtes Schnäppchen ist, wenn man bedenkt, dass die Konkurrenz i.d.R. 1000,- Euro kostet (Adobe Premiere, Avid Mediacomposer, Edius Neo) und weil es so günstig ist 'Motion 5', ein Addon für Compositing, für 39,- Euro gleich dazu.
Dann habe ich lange in der Anleitung geschmökert und die Webseiten nach Tutorials abgegrast. In den letzten Woche gab es hier ein paar tolle, kostenlose Veröffentlichungen, die man hier gut zusammengefasst hat: http://www.fcp.co/final-cut-pro/tutorials
Insgesamt gefällt mir der Stil von Larry Jordan am besten, auch wenn man munkelt, dass er von Apple bezahlt wird, er kann es gut erklären und sieht nicht alles schwarz oder weiss.
Nach Stunden von Tutorials und parallelem Nachvollziehen an FCP X ging es dann ans eingemachte. Ich habe das gesamte Material von den DOT2011 importiert.
Das ganze ging erstmal recht Problemlos, aber bei Bildsequenzen geriet die Sache ins Stocken. Kein Menüpunkt hierzu in FCP X. Seltsam. Das Internet sagt man sollte Quicktime Pro 7 kaufen um Bildsequenzen bearbeiten zu können. Häh, ich hab' Quicktime X auf dem Rechner, wozu brauch ich das QT7Pro? Na zum Vorbearbeiten von Bildsequenzen für Zeitraffer. Aha. Nochmal 30,- Euro? Nee, jetzt mal anders. Also hab' ich die Bildsequenzen in meiner alten Schnittsoftware verarbeitet und als fertige Videos exportiert. Der Import in FCP X wird aber zum Problem, weil Apple zickig ist, was Formate angeht. XDCAM (ein Industriestandard) will es nicht, nur Quicktime geht. Na gut, dann eben Quicktime.
Jetzt kommst das Material aus meiner topaktuellen und hochgelobten Panasonic GH-2 'dran. Geht nicht. Keine *.mts lassen sich importieren (AVCHD), nur wenn die komplette Struktur auf der SD-Karte noch vorhanden ist. Gut, dass ich die Karten damals auf dem Macbook 1:1 gesichert habe. Es funktioniert, aber was für ein Umweg. Meine alte Schnittsoftware macht das ohne Murren.
So, fast fertig mit dem Import, aber da war ja noch was. Richtig, der Mac-Knife hat mir ja noch das Material geschickt, das Maxi gefilmt hat. War in meiner alten Schnittsoftware kein Problem, aber hier - denkste. Also zurück zur alten Software, umkonvertieren und dann rein nach FCP X.
Für ein aktuellen Programm ganz schön viele Umwege.
Jetzt heult mein Mac-Book Pro auf. Die Kerne des Intel Core i7 scheinen richtig heiss zu laufen, der Lüfter erreicht Vmax und bleibt die ganze Nacht dabei. FCP X analysiert mein Material auf Audioprobleme, Farbprobleme und Verwacklung und kodiert die Filme um in ein Zwischenformat, dass auch sehr flüssiges Arbeiten auch auf schwächeren Rechnern erlauben soll. Mein aktuellen i7 MBP ist eigentlich alles andere als schwachbrüstig, die Mindestanforderungen von Apple liegen weit darunter, aber ich will ja, dass es flutscht.
Am nächsten Tag ist alles 'drin. Ich bewege die Maus über die Medienicons, die Vorschau zeigt in Echtzeit, auf welchem Bild der Cursor gerade steht - geil. Dann mache ich mich mal daran ein paar Sachen in chronologischer Reihenfolge in die Timeline - pardon - Storyline zu ziehen. Nanu, was war denn das? Da stockt doch was. Aha, schau' mal einer an, mit 720p läuft die Vorschau flüssig, aber bei 1080p zickt es rum, trotz Proxycodec? Seltsam ...
Naja, im Laufe der Zeit ist mir das Programm ein paar Mal abgestürzt, ein paar Mal musste ich es neu starten, weil bestimmte Basisfunktionen nicht mehr verfügbar waren (Skimmer weg, keine Selektion von In- und Out Point mehr möglich, etc.) und sobald man Effekte verwendet muss man eigentlich den Finger von der Maus nehmen, damit der Mac erstmal rechnen kann. Jaja, Berechnung im Hintergrund, aber was nutzt das schon, wenn im Vordergrund alles steht? Ich wundere mich wirklich, denn solche Dinge hat meine alte Software besser gemacht, einfach in dem sie nicht so viel versprochen hat. Heute ist mir dann der Geduldsfaden gerissen, nachdem ich mein Projekt erstmal nicht mehr wieder gefunden habe. Ich konnte es zwar wieder rekonstruieren, aber die Kiste ist mir zu heiss und zu nervig.
Ich habe dann auf die Mail mit der Rechnung geschaut und dort den Button 'Problem melden ...' gedrückt. Dann habe ich denen mal erklärt, was ich von ihrer halbgaren Software halte und um Erstattung des Rechnungsbetrags gebeten. Bin gespannt was jetzt passiert, denn eigentlich gilt im App-Store ja "All Sales are final".