24p - Blende und Verschlusszeit (die Eulen sind nicht, was sie scheinen ...)
von
am 28.04.2011 um 15:45 (14641 Hits)
OK, 24p ist klar, d.h. ich kann meine Urlaubsvideos in Zukunft mit der DSLR drehen und sie sehen dann aus wie Filme von George Lucas?
Nein, leider nicht und ganz so leicht ist die Sache auch nicht, denn nur die Bildrate von 24 Bildern/s führt noch nicht zu dem, was wir als Spielfilm empfinden. Dazu gehört außerdem:
o Die Blende oder "Das Spiel mit der selektiven Schärfe"
Mit großen Blendenöffnungen (kleine Blendenzahlen) sinkt die Ausdehnung der Schärfe in der Tiefe des Raums. Der Effekt ist aus der Fotografie bekannt und kann aufs Filmen 1:1 übertragen werden. Mit solchen Blendeneinstellungen und dem Bewussten Verschieben der Fokusebene beim Dreh, lenkt bzw. führt man den Betrachter.
=> Die gewählte Blende ist keinesfalls beliebig und wird beim Filmen nicht oder nur sehr selten dazu verwendet den Lichteinfall zu regeln!
o Die Verschlusszeit - "Festgemauert in der Erden ..."
Bei vielen Kameras kann man die Verschlusszeit im Videomodus gar nicht beeinflussen. Die Kamera wählt sie selbst, leider nicht immer optimal, leider oft unterschiedlich, obwohl sie wie in Stein gemauert fest stehen müsste.
Warum eigentlich? Regelt man über die Verschlusszeit nicht den Lichteinfall?
Im Prinzip schon, genau wie beim Fotografieren, aber auch dort hat die Verschlusszeit, vor allem bei Bewegten Objekten, einen Einfluss auf das Bild. Bei langen Belichtungszeiten bekommen bewegte Objekte eine Bewegungsunschärfe, bei kurzen Belichtungszeiten kann man bewegte Objekte knackscharf und ohne Bewegungsunschärfe abbilden.
Beim Film bemerken wir Bewegungsunschärfe auf den einzelnen Frames auch, aber eher unbewusst. Dort ist sie sogar gewollt, denn eine zu scharfe Abbildung von bewegten Objekten führt zu einen deutlich Ruckeln. Quasi ein Stroboskopeffekt, der darin begründet ist, dass die Unterschiede zwischen den aufeinander Folgenden Bildern zu groß ist, als das unser Gehirn den Ablauf in einen Fluß bringen kann. Stellt Euch ein Daumenkino vor, bei dem zwischen den Bildern immer wieder fünf Seiten entfernt. Benutzt man es, stellt man fest, dass es ruckelt. Es fehlen Informationen, damit das Gehirn die Bilder miteinander verknüpfen kann.
Genau so ist, es, wenn wir mit 24fps aufnehmen und z.B. mit 1/4000s belichten. Wir haben am Ende in einer Sekunde 24 Bilder gemacht. Die Information auf den Bildern deckt aber zeitlich gesehen nur 24 * 1/4000s = 0,006s von 1,000s ab. Es werden also 99,4% der Zeit nicht abgedeckt.
Wenn wir mit 1/30s belichten, werden Bewegungen zwar unscharf abgebildet, aber wir decken zeitlich gesehen 24 * 1/30s = 0,8s von 1,0s ab. Es werden also nur noch 20% der Zeit abgedeckt.
Ich Bilder (hier Video) sagt mehr als Tausend Worte, deshalb hab' ich hier mal eine Demonstration vorbereitet:
http://vimeo.com/22862451
Die Verschlusszeit fürs Filmen in 24P sollte also irgendwo zwischen 1/24s und 1/50s liegen, keinesfalls höher. Für 60p gilt entsprechend eine Verschlusszeit zwischen 1/60s und 1/125s.
Es gibt natürlich Ausnahmen. Gerade in Actionsfilmen wird der Stroboskopeffekt oft bewusst eingesetzt um in Kampfszenen die Härte rüber zu bringen oder solche Szenen werden mit einer wesentlich höheren Framerate aufgenommen und dann mit 24p abgespielt, so dass sich Zeitlupen ergeben.
=> Die gewählte Verschlusszeit ist keinesfalls beliebig und wird beim Filmen nicht oder nur sehr selten dazu verwendet den Lichteinfall zu regeln!
Jetzt wird die Sache langsam spannend, denn womit regeln wir denn nun die Belichtung, wenn Blende und Verschlusszeit wegfallen? Mehr dazu beim nächsten Mal ...
P.S.
Die meisten Musikvideos, in denen Tänzer zu sehen sind, werden aus Zeitlupen erstellt: Dafür wird die Soundspur genommen und das Tempo erhöht, z.B. 125%. Das klingt schräg, ist dann kürzer und wird dann mittels Software so weit angepasst, dass es halbwegs sauber klingt, aber eben deutlich zu schnell. Auf dieser, eigentlich viel zu schnellen Musik, wird dann die Tanzperformance aufgenommen und das auch mit 125% der Abspielframerate, also z.B. 30fps. Die Tänzer müssen richtig arbeiten und schwitzen, um so eine Choreographie bei dem Tempo hin zu bekommen. Hat man das Material im Kasten, lädt man die Videospur ins Schnittprogramm und macht aus den 30fps einfach 24fps, man spielt die Bildfolge einfach langsamer ab. Die Choreographie dauert jetzt so lange, wie das Musikstück im Original, so dass man einfach den original Song dazu packen kann und fertig. Der Bildeindruck solcher Videos unterscheidet sich geringfügig von denen, die im Originaltempo gedreht wurden. Gerade Flugszenen, Sprünge, wirbelnde Haare, schwingende Ärsche usw. sehen in der Zeitlupenversion irgendwie 'satter' aus.