Sehr interessant. Das ändert meine Sicht. Vielen Dank!
Und Danke auch, dass ich der Erste sein durfte, der Antwortet
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22.08.2018, 11:49 #1
Käpt'n Percy's Kreuzfahrt-Guide: die Schattenseiten der Kreuzfahrtindustrie
Oder auch - Warum man Kreuzfahrten hassen darf, ich das aber dennoch doof finde...
WARNHINWEIS: was nun folgt ist viel Text, verdammt viel Text. Sämtliche ausgewählten Bilder dienen lediglich der Auflockerung, damit es nicht ganz so anstrengend zu lesen ist, haben aber mit den im Text vorkommenden Sachverhalten wenn überhaupt, dann nur ganz am Rande zu tun.
Die neue Mein Schiff 1, kurz nach ihrer Taufe in Hamburg
Ich bin Kreuzfahrtfan. Das kann ich nicht bestreiten. Vor 30 Jahren durfte ich das erste Mal die Luft auf einem Luxusliner schnuppern, seitdem bin ich nicht mehr davon losgekommen. Dennoch sehe ich mich auch bei diesem Thema als einen durchaus kritischen Menschen. Der Vorwurf in einem anderen Thread, mir mangele es an Reflexion, traf mich daher hart. Er traf mich um so härter, kam er doch von einem von mir bis dahin eigentlich sehr geschätzten Member.
Unreflektierte Kreuzfahrtberichte? Nur, weil ich über die Vorteile und schönen Seiten dieser Art des Reisens berichte, ohne dabei laufend mit erhobenem Zeigefinger bzgl. etwaiger Umweltaspekte durch die Gegend zu laufen?
Durchaus, das kann man so sehen. Hat aber auch einen Grund. Den nämlich, dass ich mich eben schon recht lange mit dem Thema beschäftige und somit einen Großteil der derzeit wieder kursierenden Vorwürfe einfach nur schwer bis überhaupt nicht nachvollziehen kann. Andere wiederum sind mir einfach zu allgemein gehalten, zu pauschal.
Mein Schiff 6 vor Bar Harbor
Aber gut, reden wir heute mal über die Schattenseiten der Kreuzfahrtindustrie.
Ganz vorne dabei also: besagter Umweltaspekt. Am gestrigen Tage veröffentlichte der NABU sein Kreuzfahrt-Ranking 2018. Fazit. Es gibt nur ein wirklich sauberes Kreuzfahrtschiff auf der Welt. Dieses verließ, ebenfalls just gestern - Zufall oder nicht - die Werfthallen in Papenburg. Es ist die AIDAnova, die so gleich doppelt positive Publicity ernten durfte.
Das Kreuzfahrtranking des NaBu für 2018 berücksichtigt alle aktuell in Europa verkehrenden Kreuzfahrtschiffe und bescheinigt insgesamt gerade einmal 15 von ihnen, überhaupt zumindest irgendwie ein bisschen "grün" zu sein. Interessant: von diesen 15 Schiffen handelt es sich bei 13 um Schiffe, die mehr oder weniger exklusiv für den deutschen Markt konzipiert sind.
Wie jedes Jahr, wenn der NABU seine Pressemeldung herausgibt, veröffentlicht auch die CLIA (Cruise Lines International Association) ein Statement, eine Gegendarstellung, was alles am NABU Ranking nicht stimmt, nicht berücksichtigt wurde, falsch gemessen wurde etc. Es ist in jedem Jahr irgendwie das Gleiche, dennoch interessant zu lesen. Wer also tiefergehendes Interesse hat, hier der Link zur Mitteilung des NABU (https://www.nabu.de/news/2018/08/25034.html) und hier der zur CLIA (https://www.cliadeutschland.de/press...nking-2018-131).
neues-kreuzfahrtschiff-ausdocken-der-aidanova-das-erste-mit-lng-betriebene-kreuzfahrtschiff-von.jpeg
AIDAnova auf der Papenburger Meyer Werft (© obs/Meyer Werft GmbH & Co. KG/Michael Wessels, Meyer Werft)
Beide Statements gehen ein wenig tiefer als das, was mir in den letzten Monaten so in meinen Social Media Streams angezeigt wurde. Da gab es einige knackige Aussagen, untermalt von bösen Bildchen, die mich anfangs ein wenig schmunzeln ließen, mich irgendwann dann aber nur noch nervten. Eben, weil ich nicht glauben konnte, wer da alles diesen Unsinn teilt.
Die meisten "Aussagen" basieren auf einem Statement des NABU aus dem Jahr 2012. Die 15 größten Schiffe der Welt, so war es damals dort zu lesen, stoßen jährlich mehr Schwefeloxide aus als alle 760 Millionen Autos weltweit. Wohlgemerkt, hier ging es damals nicht um Feinstaub und auch nicht um CO2, sondern um Schwefeloxide (Stichwort Saurer Regen). Und bedenkt man, dass Autos in der westlichen Welt seit Jahren nur noch mit schwefelfreiem Treibstoff fahren, ist diese Grundaussage zwar recht reißerisch, letztlich aber auch nicht wirklich sonderlich überraschend.
Mit der Zeit, oder über die Jahre, gingen an dieser Kernaussage dann einige Details verloren. Aus Schwefeloxiden wurden Schadstoffe, aus Schiffen Kreuzfahrtschiffe. Irgendwann produzierten dann die 15 größten Kreuzfahrtschiffe soviel Dreck wie alle Autos der Welt zusammen.
Alternativ und nicht weniger beliebt, die Aussage, dass ein einziger Ozeanriese auf einer Kreuzfahrt so viele Schadstoffe ausstoße wie fünf Millionen PKW auf gleicher Strecke.
Beide Aussagen sind so nicht haltbar. Warum, das entlarvt der Faktencheck der Zeit, veröffentlicht im August letzten Jahres. Den gibt es hier (https://www.zeit.de/2017/36/kreuzfah...ausstoss-dreck) nachzulesen, und er ist so gut, dass ich an dieser Stelle gar nicht weiter auf die Zerlegung der oben genannten Aussagen eingehe, auch, da ich es niemals so gut zusammenfassen könnte, wie dies Dirk Asendorpf getan hat.
Doch egal, wie man es rechnet, ein Schiff ist, selbst wenn es, teilt man den Schadstoffausstoß durch die Anzahl der Menschen an Bord, zu den schadstoffärmsten Fortbewegungsarten zählt, in absoluten Zahlen gerechnet dennoch alles andere als "sauber".
Kreuzfahrtschiffe im Hafen von Miami
Und hier kommen wir zum nächsten Problem dieser Betrachtung. Ein Schiff. Ja was für ein Schiff? Auch hier wird munter die Zahl der Schiffe weltweit, die Zahl der Handelsschiffe und die Zahl der Kreuzfahrtschiffe durcheinandergewürfelt.
Weltweit sprechen wir von etwa 40.000 Handelsschiffen, davon sind etwa 300 - Kreuzfahrtschiffe. Die Zahlen sind schon ein wenig älter, gehen wir aber mal davon aus, dass von dem, was auf unseren Weltmeeren herumschippert, etwa 1% Kreuzfahrtschiffe sind.
Der Spiegel schrieb einmal, dass egal ob alle Kreuzfahrtschiffe nun mit Schweröl oder Windkraft fahren würden, dies im Grunde keinen Einfluss auf die Gesamtemissionen weltweit haben würde. Das ist ein schönes Argument, welches auch ich in der Vergangenheit gerne verwendet habe, doch ist auch das letztlich nicht ganz fair.
Denn wenn so ein Kreuzfahrtschiff (oder gleich derer vier oder fünf) den ganzen Tag im Hafen liegt, ist es für die Anrainer allenfalls ein schwacher Trost, dass die ganzen anderen Schiffe, die da grad draußen auf hoher See herumschippern, ja eigentlich viel mehr Dreck machen.
Dass diesbezüglich hier in den vergangenen Jahren enormer Druck eben auf die Kreuzfahrtindustrie ausgeübt wurde, ist richtig. Und es war wichtig. Denn so hat sich, eben gerade bei den deutschen Reedereien, vieles getan, wozu kostenmäßig wohl sonst niemand bereit gewesen wäre.
Aktuelle Schiffe sind mit unterschiedlicher Abgasreinigungstechnik ausgestattet, einige verfügen darüber hinaus über einen Landstromanschluss, wobei es hier derzeit vielfach noch an der notwendigen landseitigen Infrastruktur mangelt und man auch nicht außer Acht lassen sollte, wo und wie der notwendige Strom letztlich erzeugt wird.
Ein typischer (Kreuzfahrt-) Tag in St. Thomas
Der neuste Schrei: Flüssiggasantrieb. Die AIDAnova ist wie gesagt das erste Kreuzfahrtschiff, welches mit diesem Brennstoff anstelle von Schweröl fahren wird. Weitere 25 mit LNG (liquified natural gas) betriebene Neubauten sind für die nächsten Jahre in Planung bzw. bereits im Bau.
Doch auch wenn in den kommenden Jahren also viele neue, sauber(er)e Schiffe auf den Markt kommen, das Problem des Schadstoffausstoßes bei alten Kreuzfahrtschiffen, die ja oft viele Jahrzehnte in Dienst bleiben, bleibt bestehen, da eine Nachrüstung dort meist nicht möglich (oder eher - nicht wirtschaftlich) ist.
Was also tun? Hier ist meines Erachtens auch der Konsument, sprich der Kreuzfahrtkunden selbst gefragt. Denn er kann, quasi mit den Füßen abstimmen, wie wichtig es ihm ganz persönlich ist, auf einem sauberen Schiff zu reisen. So ist eben eine neue Mein Schiff 1, was den Schadstoffausstoß angeht, auf einem vollkommen anderen Niveau als eine Queen Mary 2, eine AIDAperla einem Schiff der italienischen Muttergesellschaft Costa Crociere diesbezüglich ebenfalls meilenweit voraus.
AIDAperla im Hafen von Palma de Mallorca
Hier seitens der Kritiker grundsätzlich alle Kreuzfahrtschiffe (und damit alle buchenden Kreuzfahrtgäste) über einen Kamm zu scheren, quasi alle unter Generalverdacht zu stellen, schlägt also fehl.
Zusammenfassend kann man somit sagen, dass auch wenn Kreuzfahrtschiffe nur für einen verschwindend geringen Teil der weltweiten Schiffsemissionen verantwortlich sind, es sich bei einzelnen Kreuzfahrtschiffen je nach Alter oftmals dennoch um mehr oder weniger kleine Dreckschleudern handeln kann. Daher sollte man den Aspekt der Umweltfreundlichkeit des jeweiligen Schiffes bei seiner Buchung mit einfließen lassen, so einem dieses Thema besonders wichtig ist.
Betrachtet man allerdings, dass rund 99% der Schifffahrt und des damit in Zusammenhang stehenden Schadstoffausstoßes andere Ursachen als eine Vergnügungsreise hat, sollte man darüber hinaus auch einmal den oftmals zitierten ökologischen Fußabdruck des aus Asien über den Seeweg gelieferten T-Shirts oder der südamerikanischen Erdbeeren im Winter, kurzum seines eigenen Konsumverhaltens kritisch hinterfragen.
Kommen wir zum zweiten oftmals kritisierten Punkt: der Bedeutung der Kreuzfahrtindustrie für die Menschen an Land und die Infrastruktur.
Ordentlich was los auf Mykonos
Oftmals wird hier das Argument angebracht, Kreuzfahrtpassagiere würden kein Geld im Land lassen, allem voran, da sie ja ihr Essen und oftmals auch die Getränke an Bord bereits im Voraus bezahlt haben. Und tatsächlich, da ist was dran. Mehr noch: gerade auf US-amerikanischen Schiffen habe ich es vielfach erlebt, dass vor dem Konsum von Waren an Land mehr oder minder panisch gewarnt wird. Im Rahmen von organisierten Landausflügen besuchte Lokalitäten sind oftmals einzig nach dem Kickback ausgesucht, der für die Reederei dabei herausspringt. Kreuzfahrtgesellschaften unterhalten in der Karibik Privatinseln und abgesperrte Reservate, damit alles dort von den Gästen an Land ausgegebene Geld im Unternehmen verbleibt.
Auf der anderen Seite - vor einigen Jahren besuchte ich mit einem Kreuzfahrtschiff Mykonos. Ein paar Stunden reichten, um für das darauffolgende Jahr direkt einen einwöchigen Urlaub auf der Insel zu buchen. Diese Effekte gibt es, vielfach, und auch sie sollte man bei der Betrachtung nicht ganz außenvorlassen.
Mykonos ist eines DER Ziele für Kreuzfahrtschiffe im östlichen Mittelmeer. In jener einen Woche ankerten sicherlich über 20 Stück vor der Insel, dabei war nicht einmal mehr Hauptsaison.
Kreuzfahrtschiffe vor Mykonos
In dieser einen Woche lernte ich die Kreuzfahrt von Landseite kennen - und kam zu einer recht spannenden Einsicht: über den gesamten Tag, teils bis spät in die Nacht, waren alle Restaurants, Bars, Cafés und Geschäfte der Stadt randvoll mit Kreuzfahrttouristen. Sie saßen, sie aßen, sie tranken, sie shoppten. Den Eindruck, die heimische Wirtschaft würde hier nicht zu Genüge profitieren, den konnte ich in dieser Woche nicht gewinnen.
Sicher, diese Beobachtung kann nicht repräsentativ sein und die Nationalitäten der Kreuzfahrer werden sicher auch einen Unterschied machen (gefühlt hat der US-amerikanische Tourist mehr Interesse, sich unter das heimische Volk zu mischen als etwa der deutsche), dennoch halte ich die Aussage, der einheimische Handel ginge leer aus, zumindest für gewagt.
Mehr noch, ich vermute, der Passagier eines Kreuzfahrtschiffes wird tendenziell mehr Interesse daran haben, die jeweiligen Städtchen zu besuchen als der Pauschaltourist, der eine oder zwei Wochen All Inclusive in einem nahegelegenen Strandhotel gebucht hat.
Auch die Tatsache, wie schwer es vielen Städten fällt, ob der einsetzenden Überbelastung die Anzahl der Schiffe bzw. Passagiere pro Tag zu deckeln kann man als Indiz dafür sehen, dass mit Kreuzfahrttourismus auch landseitig durchaus gutes Geld zu verdienen ist.
Wie so oft allerdings macht die Dosis das Gift. Und wer die Ruinen von Ephesos zusammen mit den Gästen acht weiterer Kreuzfahrtschiffe besucht oder sich die wunderschöne Insel St. Maarten mit gut 24.000 anderen Kreuzfahrtpassagieren teilen muss, der merkt recht schnell, das kann's nicht sein.
Kreuzfahrtschiffe im Hafen von St. Maarten
Schaut man sich die zukünftige Entwicklung an, so stellt man fest, dass die Orderbücher auch in den kommenden 9 Jahren prall gefüllt sind und einen Rekord nach dem anderen verzeichnen. Mit Stand Juli 2018 stehen für die nächsten Jahre nicht weniger als 113 Neubauten in den Büchern, hinzu kommt die ein oder andere noch nicht gezogene Option.
Sicher, Häfen bzw. Städte und Touristenhochburgen wie Barcelona, Rom oder auch Venedig werden die zusätzlichen Kapazitäten kaum merken, doch bei kleineren Häfen und Inseln wird es schon einen Unterschied machen, ob zukünftig mehr Schiffe bzw. deutlich mehr Passagiere anlanden.
Die 113 derzeit bestätigten Neubauten bringen 268.854 zusätzliche Betten auf den Markt. Das macht im Durchschnitt rund 2.379 Passagiere pro Schiff. Doch die Zahlen täuschen. Denn 32 von ihnen sind Expeditionsschiffe mit meist knapp unter 200 Passagieren.
Für einen großen Teil der kommenden Kreuzfahrtriesen aber wird eine Passagierzahl von vier- bis fünfeinhalbtausend Realität werden. Die Zahl der Destinationen, die solche Menschenmassen logistisch stemmen können ist begrenzt und so wird es auf den typischen "Rennstrecken" der Karibik und des Mittelmeers zukünftig wohl noch ein Stück heißer hergehen.
Hochbetrieb auf St. Maarten
Doch die Kreuzfahrtbranche hat zwei Trends: preiswerte Reisen, die entsprechend große Passagierzahlen bedingen, aber auch - klein und exklusiv. Von oben bereits erwähnten 32 neuen Expeditionsschiffen etwa sind die meisten so konstruiert, dass sie auf Grund ihrer Größe die entlegensten Gebiete bereisen können und etwa auch in Richtung Antarktis aufbrechen dürfen, wo eine maximale Gästezahl von 199 Passagieren strikt einzuhalten ist.
Spätestens seit der Geschichte mit dem Eisbären vor ein paar Wochen muss man sich fragen, ob speziell diese Art der Kreuzfahrt so notwendig ist. Bei einer Hand voll Expeditionsschiffen, wie es sie in der Vergangenheit gab, war die Frage für mich leicht zu beantworten. Notwendig vielleicht nicht, aber sicherlich auch nicht schädlich, weil gerade die mit diesen Schiffen reisenden Passagiere sehr darauf bedacht waren, die geschützten Gebiete extrem vorsichtig und behutsam zu bereisen. Wie die Situation aber wohl ausschaut, wächst der Markt für solche Reisen um den Faktor X, eventuell auch mit einem auf Grund von Überkapazitäten dann irgendwann einsetzenden Preiskampf? Man wird es erleben, und ich befürchte, man wird diesbezüglich noch das ein oder andere hören.
Kommen wir aber noch einmal zum anderen Extrem, zu den großen Schiffen und den damit zusammenhängenden Passagierzahlen. Die werden von Kritikern immer wieder gerne als Totschlagargument aufgeführt. Zusammengepfercht sei man da, schlimmste Massentierhaltung und andere Dinge sind in den Zusammenhang zu hören bzw. zu lesen.
Oasis of the Seas , Ventura, Celebrity Reflection in Philippsburg
In der Tat klingen die schieren Zahlen von viertausend, fünftausend und mehr Passagieren erst einmal abstoßend. Auf der anderen Seite bieten große Schiffe allerdings auch erheblich mehr Abwechslungsmöglichkeiten, Restaurant- und Freizeitoptionen, als dies auf kleineren Schiffen der Fall ist. Hier muss man sich selbst fragen, worauf man ganz persönlich mehr Wert legt.
Auf den Schiffen, auf denen ich bislang gereist bin, hat man die Anzahl mitreisender Gäste über den Tag verteilt nur selten wirklich störend wahrnehmen können. Denn letztlich kommt es, was das Raumgefühl an Bord angeht, auf zwei Faktoren an: wie sieht es mit dem Verhältnis Passagierzahl zu Schiffsgröße aus und wie viele Passagiere sind auf der Reise tatsächlich an Bord.
Ersteres ist zumindest ganz grob relativ einfach zu errechnen. Man teilt die Tonnage durch die Passagieranzahl. Die im nächsten Jahr zum Einsatz kommenden Neubauten von Royal Caribbean und Carnival beispielsweise, haben beide eine Kapazität von 4.200 (bzw. 4.100) Passagieren. Mit 135.500 Tonnen ist die Carnival Panorama allerdings deutlich kleiner als die Spectrum of the Seas mit ihren 167.000 Tonnen. In Tonnen pro Passagier sprechen wir von 32,26 im Fall von Carnival, gegenüber 40,73 für Royal Caribbean. Ein deutlicher Unterschied.
Auch wenn diese Zahl keine 100%ige Aussagekraft hat, zeigt sie dennoch eine Tendenz. Die neue Mein Schiff 2 kommt hier etwa auf 37,93, die AIDAnova auf 35,37 (zum Vergleich: die Europa 2 bringt es auf sage und schreibe 85,32). Diese Zahlen beziehen sich allerdings auf eine Auslastung von "nur" 100%, sprich alle Unterbetten, aber kein Zusatzbett sind belegt.
MS Europa 2 vor Lemnos
Wichtig ist daher auch die Reisezeit. Zwar wird man im Vorfeld nie wissen, wie viele Menschen wirklich auf einer spezifischen Reise an Bord sind, die Chancen, dass während der Ferienzeit jede Menge Dritt- und Viertbetten belegt sind und das Schiff dadurch mit einer Auslastung von weit, weit über 100% fährt, sind allerdings deutlich größer als dies etwa Ende November oder Anfang Dezember der Fall ist. Und selbst bei "nur" 100% Auslastung kann es auf den großen Schiffen rund um den Pool oder zu Spitzenzeiten in den Restaurants schon einmal eng werden.
An dieser Stelle könnte ich noch wesentlich tiefer in die Unterschiede der einzelnen Konzepte, deren Vor- und Nachteile eingehen, das würde aber dann schon wieder zu sehr in die Reiseberatung gehen. Mach ich gerne, wenn Bedarf besteht, aber hier geht's ja heute eher um die Kritikpunkte in Sachen Kreuzfahrt allgemein.
Ja und da bleibt dann noch eine entscheidende Frage: mit wem ist man nun an Bord? Mit griesgrämigen Rentnern? Mit wenig weltoffenen Menschen? Mit Ballermann-Touristen? Mit schnöseligen Smoking-Trägern?
Seit 30 Jahren fahre ich auf Kreuzfahrtschiffen. Was das Publikum angeht, so traue ich mich zu behaupten: oben aufgeführte Typen, ich hab' sie ALLE erlebt. Was Mitreisende angeht, so ist eine Kreuzfahrt immer ein wenig Glücksspiel. Auch ich hatte diesbezüglich oftmals Glück, ab und an aber auch mal Pech. Da gibt's auch nichts zu beschönigen.
Landgang in der Karibik
Mal trifft man Menschen, mit denen man die kompletten Tage verbringt, die Destinationen erkundet und einfach eine super Zeit hat, mal trifft man die typischen Nörgler, denen einfach gar nichts Recht ist (nein, die gibt es nicht nur unter den deutschen Gästen), mal kommt man einfach mit gar niemandem ins Gespräch. Und ja, welches Los man auch immer zieht, man ist die kommenden sieben Tage (oder mehr) daran gebunden. Denn: es sitzen ja alle - in einem Boot.
Grundsätzlich sind südliche Fahrtgebiete in Verbindung mit günstigen Preisen (und entsprechend großen Schiffen) eher ein Garant für ein jüngeres Publikum, die klassischen Nord-Routen, sowie kleinere und teurere Schiffe eher bei etwas gesetzteren Semestern beliebt, dennoch - es kann auch mal ganz anders kommen. Auch hier - gerne mehr in einer Art Kreuzfahrt-Guide, so gewünscht.
Prächtige Sonnenuntergänge zählen definitiv nicht gerade zu den Schattenseiten einer Kreuzfahrt
An dieser Stelle will ich mit meinem kurzen Ausflug in die Schattenseiten der Kreuzfahrtwelt aber auch mal zum Ende kommen, denn wer soll das hier eigentlich alles noch lesen? Solltet Ihr Fragen haben, oder es Themen geben, die hier noch nicht oder nicht ausreichend angeschnitten sind, nur zu. Fürs Erste allerdings hoffe ich, dass diese Auseinandersetzung kritisch genug war und ich gestehe, für einen Kreuzfahrt-Fanboy wie mich, war das dann doch gar nicht so einfach....Gruß Percy
"Ferner wird hier auch auf Ihrem Profil sehr viel Diversität benötigt."
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22.08.2018, 13:03 #2
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22.08.2018, 13:16 #3
Alles gelesen, alles +1 !
Beste Grüße, Heinrich
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22.08.2018, 15:27 #4
Percy sehr gut geschrieben .... und trotzdem packt der Kreuzfahrt Virus uns jedes Jahr aufs neue
... einzig St. Maarten macht mir ein bisschen Angst, hoffentlich liegen da nicht so viele Schiffe wenn wir dahin kommenViele Grüße Thomas
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22.08.2018, 15:28 #5
Danke. Sehr reflektiert und erhellend für mich.
Björn.
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22.08.2018, 16:33 #6
Danke, Percy! Ein interessanter und vorzüglich geschriebener Artikel!
Ciao, Carlo
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22.08.2018, 16:47 #7
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War anstrengend, aber sehr erhellend.
Danke.Dirk
It is all about the Yummy(Grizzy)
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22.08.2018, 16:59 #8
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Ich habe Deine Ausführungen mit Intersse gelesen: gut geschrieben und - in meinen Augen - auch objektiv formuliert.
Ich denke auch, dass der Einzelne hier Verantwortung trägt und eben die Schiffe bucht, die den Umweltaspekt besser berücksichtigen. Ich versuche jedenfalls, das in meine Buchung mit einfließen zu lassen. Und auch in Bezug auf die Personenanzahl an Bord buche ich - derzeit ja noch möglich - Schiffe, die - für mich - noch akzeptabel sind.
Wie sich das in Zukunft entwickeln wird, bleibt abzuwarten, da ich bei der TUI (meiner bevorzugte Flotte) auch gelesen habe, dass die Passagierzahlen und damit auch die Größe der Schiffe kräftig steigen sollen. Die ganz exklusiven Schiffe mit weniger als 500 Personen an Bord werde ich mir nicht leisten können und so muss man halt sehen, ob man/ich in 5 Jahren noch Schiffe finde, die meinen Vorstellungen gerecht werden. Wenn nicht, dann fahre ich halt nicht mehr mit dem Schiff.Viele Grüße
Ariane
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22.08.2018, 17:06 #9
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22.08.2018, 17:36 #10
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22.08.2018, 17:44 #11
Du - musst auf Seabourn. Kaviar und Champagner auf Schritt und Tritt.
Gruß Percy
"Ferner wird hier auch auf Ihrem Profil sehr viel Diversität benötigt."
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22.08.2018, 17:47 #12
Und wenig fremde Menschen? Das klingt gut
Grüße -- Jürgen
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22.08.2018, 18:59 #13
Ich frage mich als Kreuzfahrtjunkie was passiert,wenn alle neuen Schiffe die geordert sind in See stechen?
Diese "Plattenbauten" wie Prima etc. können ja wie geschrieben nicht überall anlegen.
Und wo sie anlegen,sind die Häfen/Inseln doch jetzt schon überfordert (St.Maarten ist da wohl das beste Beispiel und dann alle zum Maho-Beach,selbst in Palma merkt man deutlich wenn da zwei oder drei Pötte liegen)
Geht wohl alles in die Richtung der Amerikanischen Kreuzer,die teilweise gar nicht mehr anlegen. Dann läuft die Reederei auch nicht Gefahr,das
der Kunde seine Kohle woanders als auf dem Schiff ausgibt.
Warten wir es ab.
Kleiner Nachtag
Wer schon mal beim Start der Motoren am Heck/Oberdeck im weissen/hellen Hemd gestanden hat weiß,was da so alles aus dem Schornstein kommtGeändert von avernas (22.08.2018 um 19:06 Uhr)
Andreas
First 7
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22.08.2018, 19:49 #14
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Vielen Dank für den interessanten Artikel! Und der Kreuzfahrt Guide wäre sicher auch spannend!
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22.08.2018, 20:16 #15
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22.08.2018, 20:40 #16
Hallo Percy,
Sehr ausführlicher und differenzierter Bericht
Ob man den Massenbetrieb an Bord mag oder nicht, ist wie immer persönliche Geschmackssache.
Das Umweltargument ist sicher ein Gewichtiges, betrifft aber den gesamten Tourismus auch besonders im Hinblick auf viel zu viele Billigflieger und damit zu viele Reisenden. Da befinden sich die Kreuzfahrer also in bester Gesellschaft.
Nur persönlich wird keiner verzichten und die Staaten sind in der Zwickmühle: geschätzt macht der Tourismus global ca 10% der globalen Wirtschaftsleistung aus durch ca. 1,2 Mrd Touristen im letzten Jahr. Wenn man das deutlich einschränkt, würde es also massiv Arbeitsplätze vernichten.
Zum Thema Kreuzfahrten aus deutscher Sicht noch ein interessanter Artikel:
http://www.spiegel.de/wirtschaft/tui...a-1150225.html
Zusammengefasst profitieren Kunden (niedrige Preise) und Reeder (Gewinne) auf Kosten der Allgemeinheit durch kaum zu zahlende Steuern und Ausbeutung der Arbeitskräfte an Bord. Ob man das unterstützen möchte, entscheidet jeder selbst.Viele Grüße
Ralf
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23.08.2018, 18:30 #17
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Im Bekanntenkreis gibt es begeisterte Kreuzfahrtfamilien. Ich habe (noch) keine gemacht, trotz der Begeisterung von Bekannten. Aber der Beitrag hat mir auch neue und objektive Infos gebracht - vielen Dank (trotzdem bleibe ich ein Kreuzfahrtskeptiker ).
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23.08.2018, 18:58 #18
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23.08.2018, 23:32 #19
In vielen, nicht allen, nicht. Aber das macht es auch nicht besser.
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30.08.2018, 21:50 #20
Abgesehen vom Schweröl macht man sich schon einige Gedanken. Da ist einiges dabei, das ich nicht wusste:
https://www.daserste.de/information/...hiffe-100.html— Roland —
Mein Konto ist so emdi.
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